Nach Greenwashing: So stärken Banken nachhaltiges Investieren

Aus Regulation wird Innovation: Orientierung im Produktewirrwarr

Der EU-Rechtsrahmen für nachhaltiges Investieren verfolgt die richtigen Ziele, die Art der Umsetzung hat dabei jedoch noch Luft nach oben. Für eine erfolgreiche Umsetzung braucht es markt- und kundennahe regulatorische Vorgaben, die Orientierung schaffen. Genau hierzu eignet sich der regelbasierte Ansatz der EU (EU-Taxonomie und Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten) bisher kaum. Inwieweit das neue Proposal der Offenlegungsverordnung zu einer Verbesserung führt, wird sich zeigen.

Die Datenflut mit hoher technischer Komplexität können bisher weder Kundenberater ihren Kunden vermitteln noch Kunden selbst einordnen. In der Folge meiden die meisten Kundenberater das Thema. Wie es anders geht, hat die Selbstregulation der Schweizer Bankiervereinigung vorgemacht, die einem prinzipienbasierten Ansatz folgt. Banken können anhand dieser Prinzipien ihr ESG-Framework so gestalten, dass es ihren Kunden Orientierung im Produktewirrwarr stiftet.

Wie die Gestaltungsmöglichkeiten dieses prinzipienbasierten Ansatzes zur Entwicklung eines an den Kundenbedürfnissen orientieren Angebots genutzt werden können, zeigt das Beispiel eines Schweizer Vermögensverwalters. Mit Unterstützung der Finalix Business Consulting wurden die drei Nachhaltigkeits-Präferenzen so gestaltet, dass sich Kunden darin leicht wiederfinden können:

- Risiko-orientierte Rendite: Integration finanziell wesentlicher ESG-Risiken zur Renditeoptimierung
- Reduktion von negativen Effekten: ESG-Anlagelösungen, die negative ökologische oder soziale Auswirkungen vermindern
- Positive Beiträge: Nachhaltige Anlagelösungen mit positivem Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft

Die Selbstregulation diente als Innovationstreiber für die Entwicklung eines kundenfreundlichen ESG-Angebots. Dabei ist es gelungen, die Orientierung stiftenden Kategorien mit den EU-Anforderungen zu verknüpfen, so dass der Vermögensverwalter die ESG-Bedürfnisse all seiner Kunden mit einem leicht verständlichen Angebot adressieren kann. Ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber Banken, die ihr ESG-Framework stark an den EU-Anforderungen ausgerichtet haben.

Was Kunden von ESG Investing erwarten

Das aktuelle Angebot von ESG Anlagelösungen ist oft an Ansätzen ausgerichtet, die sich an regulatorischen Anforderungen orientieren. Eine Zuordnung zu Bedürfnissen ESG-affiner Kunden ist damit kaum möglich. Hinzu kommt, dass die Anwendung mehrerer Ansätze innerhalb einer Bank keine Seltenheit ist. Eine Orientierung sowohl für Kundenberater als auch für Kunden wird dadurch zusätzlich erschwert.

Damit Banken auf ihre ESG-affinen Kunden eingehen können, braucht es eine Orientierung an deren Bedürfnissen. Das klingt selbstverständlich, aktuell werden dennoch viel zu häufig regulatorische Anforderungen in den Vordergrund gestellt, mit der Folge, dass viele Kundenberater das Thema meiden. Mit anderen Worten: Erfolgreich wird in Zukunft sein, wer es schafft, ESG Investing von einem Compliance-Thema in ein Kunden-Thema zu verwandeln.

Am Anfang steht das Verstehen der Kundenbedürfnisse. Nachhaltigkeit basiert für Privatkunden oft auf persönlichen Wertvorstellungen und dem Wunsch eine positive Wirkung zu erzielen, wobei der finanzielle Aspekt häufig nicht im Vordergrund steht. Beispielsweise ist das die Förderung einer lebenswerten Umwelt für kommende Generationen oder die Gewährleistung von Sicherheit und Frieden.

Wie ESG Investing wieder Spass macht

Eine Ausrichtung der ESG-Anlagelösungen von Banken an Kundenbedürfnissen würden sowohl Kundenberatern als auch Kunden wieder Freude bereiten. Um das zu erreichen, können Banken Kundengruppen entlang ihrer ESG-Bedürfnisse bilden. Das könnte folgendermassen gestaltet werden:
1. Ethische Prinzipien und Wertvorstellungen wie Ausschlüsse
2. Vermeiden von negativen Effekten wie Best in class Ansätze
3. Erzielen von positiver Veränderung durch Impact Investing

Für die Adressierung emotionaler Bedürfnisse wie diese eignen sich Stories im Verkauf besonders. Auf der Basis obiger Kundengruppierung kann ein Produkt als Story erzählt werden, die auf die spezifischen Bedürfnisse des Kunden eingeht. Wichtig ist dabei, dass die Stories einer faktenbasierten Prüfung standhalten. Dieses faktenbasierte Story Telling ist objektiv sowie individuell angepasst auf die jeweilige Kundengruppe.

Fazit

Banken, die die Fähigkeiten besitzen, die Bedürfnisse ihrer ESG-affinen Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und dadurch ESG Investing von einem Compliance-Thema in ein Kunden-Thema verwandeln, werden die nächste Phase für sich entscheiden: Kunden würden wieder mit Überzeugung nachhaltig investieren, Kundenberater das Thema wieder für sich entdecken und ESG Investing wäre aus dem regulatorischen Korsett befreit – sind das nicht gute Aussichten?

Für weitere Informationen zu diesem Thema kontaktieren Sie Dr. Marcus Fenchel.