Der Schweizer Starkoch Daniel Humm geniesst unter den New Yorker Bankern und an der Wall Street einen hervorragenden Ruf. Nun bekocht er aus seinem Edelrestaurant Obdachlose.

Das Eleven Madison Park, eines von New Yorks edelsten Restaurants, teilt sich die Adresse in der US-Metropole mit der Credit Suisse. In dem berühmten Art-Deco-Gebäude bekocht der Schweizer Daniel Humm Wall-Street-Banker, Power Broker und andere New Yorker Feinschmecker.

Der 43-Jährige ist inzwischen eine mit drei Michelin-Sternen dekorierte «Celebrity», die regelmässig im US-Fernsehen auftritt. Seine Liaison mit der Witwe von Apple-Gründer Steve Jobs, Laurene Powell Jobs, unterstreicht die Star-Power, die Humm sich in seinen nun bald 18 Jahren in New York erarbeitet hat.

Die Restaurants bluten

Doch nun droht das Eleven Madison Park seine Pforten für immer zu schliessen, wie Humm gegenüber der Nachrichtenagentur «Bloomberg» sagte. Das Restaurant blute aufgrund des Shutdowns in New York aus.

Die Corona-Pandemie hat New York besonders hart getroffen und alles geändert: Wall Street ist im Home Office, Restaurants und Bars werden noch länger geschlossen bleiben. Die Gastronomiebetriebe in der sonst so lebhaften Metropole gehörten zu den ersten, die um Finanzhilfe und Unterstützung gebeten haben, wie das «Wall Street Journal» berichtete.

So weiter kochen muss Sinn machen

Auch Humm hat einen Notkredit über 250'000 Dollar in Anspruch genommen. Aber, so sagt er, die Wiedereröffnung seines Restaurants unter bestimmten Restriktionen würde voraussichtlich Millionen verschlingen. «Ich arbeite mit den feinsten Materialien in grossen Räumlichkeiten», so Humm. «Und ich möchte weiterhin mit den schönsten und wertvollsten Zutaten auf kreative Weise kochen. Aber das muss auch Sinn machen.»

Humm führt nicht nur ein Restaurant, sondern ein grösseres Gastrounternehmen mit Speisetempeln in London, Los Angeles und in Las Vegas. Aber das Eleven Madison Park ist Humms zu Hause. Vor drei Jahren unternahm er eine grössere Renovation und schuf für die Gäste mehr Luft und Raum. Das «Make over» erntete wohlwollende Kritiken bei der Fachzeitschrift «Architectural Digest».

Notkredit für eine «Gassenküche»

Die edlen Räume blieben während des Corona-Lockdowns nicht verwaist. Anders als die meisten Luxus-Restaurants in New York, schwenkte Humm nicht auf Heimliefer-Service um, sondern nutzte den Notkredit, um eine Art «Gassenküche» aufzubauen – im Eleven Madison Park bekocht der Sterne-Koch nun Obdachlose und Bedürftige – rund 3'000 Mahlzeiten pro Tag. Humm nennt diese Entscheidung sein bisher grösstes «Aha-Erlebnis».

Auch wenn das Restaurant seine Pforten für Banker und Wall Streeter wieder öffnen sollte, will Humm weiterhin jene bekochen, die sich kaum eine Mahlzeit pro Tag leisten können. «Es stehen alle Möglichkeiten offen, und wir müssen eine neue Definition dafür finden, was Luxus bedeutet.

Und die Chance bleibt, weiterhin Menschen Essen zu geben, die nichts haben. Ich will nicht mehr nur die 1 Prozent bekochen.»