Der Zürcher Unternehmer Michael Bär wollte immer raus aus der Komfortzone, sei es in der Familie, im Banking oder mit seinen Grenzerfahrungen. Jetzt steht er an einem neuerlichen Wendepunkt, wie er im Gespräch mit finews.ch verrät. 

Gleich mehrmals im Gespräch betont Michael «Mike» Bär, dass man sich im Leben aus der Komfortzone herausbewegen müsse. Die Wiederholungen unterstreichen seine Feststellung. Denn was der bald 60-jährige Zürcher Banker erzählt, ist alles andere als alltäglich oder stromlinienförmig. Im Gegenteil, da ist einer, der seine Grenzen immer wieder gesucht und ausgereizt hat. Vor zwölf Jahren etwa, als der damalige Kettenraucher beschloss, zum Marathonläufer zu mutieren.

«Erst wenn man sich hohe Ziele setzt, ist man zu aussergewöhnlichen Leistungen bereit», sagt Bär im Gespräch mit finews.ch. Der Kopf müsse mitmachen – der Spirit stimmen. Wenn Bär erzählt, mischt sich das Unglaubliche mit einer Begeisterung, was dem Gesagten umso mehr Gewicht verleiht – wie sich Bär bei wöchentlichen Lauftreffen mit einer Gruppe von Gleichgesinnten zunächst gequält habe, bis er es schaffte, überhaupt ein paar Kilometer am Stück zu laufen.

Schlüsselereignis in der Savanne

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(alle Bilder: zVg)

Man kann sich das gut vorstellen, wie er diesen Schritt aus der Komfortzone vollzieht, als er seinen ersten Marathon tatsächlich schafft. Das ist das eine; noch wichtiger sind jedoch die Erfahrungen, die er über die Jahre aus dieser Betätigung gewinnt, wie damals bei einem Marathon in der afrikanischen Seregenti-Savanne, als am Start ein 78-jähriger Läufer neben ihm stand. Während die meisten Teilnehmenden nervös ihre Uhren richteten, blickte ihn der alte Mann bloss an und sagte: «Man, what’s the hurry?»

Für Bär war diese Frage so etwas wie eine Schlüsselereignis, sprich: Wer von seinen Zielen überzeugt ist, und daran arbeitet, für den ist es egal, ob man sie eine Minute früher oder später erreicht. Seit den Anfängen vor zwölf Jahren ist Bär zum Marathon-Experten avanciert, der nicht nur vier bis fünf Rennen pro Jahr bestreitet, sondern zwischen 2012 und 2014 Marathons auf allen Kontinenten sowie am Nord- und Südpol bestritt.

Diese Entschlossenheit spiegelt sich in Bärs Berufsleben wider. Als Spross der bekanntesten Zürcher Bankiersdynastie und Urenkel Julius Bärs wäre es für ihn ein Einfaches gewesen, in die Fussstapfen seiner Vorfahren zu treten. Nach Studien in den USA stieg er zwar ins Banking ein, aber bei Finanzinstituten in Hongkong, London, Frankfurt und Tokio, die kaum mit der Bank Julius Bär vergleichbar waren.

Eigene Bank gegründet

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Mike Bär

In den 1980er- und bis Anfang der 1990er-Jahre arbeitet Bär dann doch mehr als zehn Jahre bei der familieneigenen Bank. Ob er sich nun mit einzelnen Familienmitgliedern schliesslich überwarf, ist weniger relevant als vielmehr der Umstand, dass Bär seiner Devise treu blieb, sich aus der Komfortzone herauszubewegen. Nach einigen Jahren als Verwaltungsrat für diverse Finanzinstitute gründete er gegen Ende 2018 seine eigene Bank: die MBaer Merchant Bank.

Doch kaum war die MBaer Merchant Bank so richtig in Betrieb, durchkreuzte die Corona-Welle deren (Geschäfts-)Pläne. Auch in dieser Zeit kamen Bär seine Marathon-Erfahrungen zugute: «Ruhig bleiben, am Ziel festhalten und das, was nicht veränderbar ist, als gegeben akzeptieren», reflektiert er die Zeit der Pandemie. Dank dieser Einstellung und trotz einiger Rückschläge, die jeden Unternehmer periodisch ereilen, hat Bär nie eine Sekunde an seinem Vorhaben gezweifelt. Seine Strategie, als kleinere, agilere Bank Entrepreneurs mit ihren Firmen sowie deren Familien zu bedienen, scheint aufzugehen.

Schwierige Anfangsphase

Wie es die Firmenbezeichnung illustriert, betätigt sich das Unternehmen, das inzwischen gut 40 Personen beschäftigt, vor allem im Merchant Banking – wobei dies ein weitgefasster Begriff ist, der sich am ehesten mit Vermögens-Vermehrung umschreiben lässt, wie Bär erklärt. Neben der klassischen Vermögensverwaltung für Private (Wealth Management) bietet die Bank auch Custody (Vermögens-Verwahrung) sowie Transaction Banking (Abwicklung von Finanztransaktionen für Firmenkunden) und Treasury (Steuerung und Bewirtschaftung von Zahlungsströmen). Damit unterstreicht Mike Bär im Gespräch auch seine Überzeugung, dass das Finanzwesen jenseits der traditionellen Vermögensverwaltung durchaus innovativ sein kann.

Nach der schwierigen Anfangsphase hat die Bank nun an Fahrt gewonnen. Ein äusseres Indiz dafür ist allein schon der Umstand, dass das Institut im März 2022 seine Büros vom Zürcher Seefeld in ein grösseres Geschäftshaus in Zürich-Enge verlagerte; ausserdem zeigt ein Blick auf die Geschäftszahlen, dass sich 2021 der Verlust auf nunmehr rund 2,6 Millionen Franken reduziert hat (nach 6,6 Millionen Franken im Jahr zuvor) und die Aktivitäten in den letzten Monaten des vergangenen Jahres die Gewinnschwelle erreichten, wie Bär unterstreicht.

Leidenschaft im Frauenfussball

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Martina Moser, Spielerin, Mike Bär, Marion Daube, Geschäftsführerin FCZ Frauen

Die Mehrheit der MBaer Kunden sind Unternehmen und Privatpersonen aus der Schweiz oder mit Bezug zur Schweiz. Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Bank von den Sanktionen nur marginal betroffen. Klar ist aber, dass mit den Verschärfungen der Aufwand im Bereich Compliance für Kunden in Osteuropa aufwendiger geworden ist. «Auch wir stellen wesentlich mehr Fragen», betont Bär.

Zwar weist der Geschäftsbericht per Ende 2021 auch verwaltete Vermögen von rund 4 Milliarden Franken aus, doch Bär betont, dass diese Kennziffer im Gegensatz zu reinen Privatbanken bei der MBaer Merchant Bank aufgrund ihrer diversen Geschäftsbereiche wenig aussagekräftig sei. Punkto Kundenzahl, Ertrag, Anzahl Mitarbeitende und der angebotenen Dienstleistungen habe sich die Bank in den ersten drei Jahren sehr erfreulich entwickelt.

Mehr über den «Spirit» des Unternehmens sagen andere Aktivitäten aus; etwa das im Sommer 2021 angekündigte Sponsoring der FC Zürich Frauen. «Frauenfussball hat in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen», sagt Bär, «die hohe Leistungsbereitschaft und die Leidenschaft, als Team erfolgreich zu sein, passen perfekt zu den Werten unserer Bank», erklärt Bär.

Ferien à discretion

Für allerhand Beachtung sorgte indessen die Ankündigung, dass die Mitarbeitenden der MBaer Merchant Bank seit diesem Jahr selbst entscheiden können, wie viel Ferien sie beziehen wollen. «Alle Kolleginnen und Kollegen arbeiten sehr viel, zum Teil auch sehr lange und oft ausserhalb der normalen Arbeitszeit. Dies soll mit entsprechenden Ferien gebührend honoriert werden», erklärt Bär.

Dass die Mitarbeitenden mit ihren Ferien über die Stränge schlagen, hat sich gemäss Bär bis jetzt nicht bewahrheitet. «Die Regelung beruht auf einer grossen Selbstverantwortung. Zentral ist dabei der Dialog untereinander», betont der Firmenchef, der selbst sechs und sieben Wochen Ferien pro Jahr bezieht, wobei er auch dann – wie viele Unternehmer – jeweils ein paar Stunden pro Tag arbeitet.

Schlafentzug und quälende Körperwunden

Seit vergangenem Jahr unterstützt die Bank noch ein weiteres Sportteam: die Ruderer von «Swiss Raw». Baer sagt: «Für uns war dies eine einzigartige Gelegenheit, mit einer hoch motivierten Crew zusammenzuarbeiten, die bereit ist, an seine Grenzen zu gehen – um Aussergewöhnliches zu erreichen. Konkret: Am 12. Dezember 2021 startete die härteste Ruderregatta der Welt, die «Talisker Whiskey Atlantic Challenge». Die vier Schweizer Roman Möckli, Ingvar Groza, Samuel Widmer und Jan Hurni ruderten nonstop in 2er- oder 3er- Schichten.

Insgesamt machten sie während des Rennens mehr als 1,5 Millionen Ruderschläge und jeder Ruderer verbrannte über 50'000 Kalorien pro Woche. Das Team hatte mit 20-Fuss-Wellen, Stürmen, dauernd wechselnden Wettersystemen, Schlafentzug, quälenden Körperwunden und Entzündungen zu kämpfen. Schliesslich setzte sich die Crew gegen 36 internationale Teams durch. Sie absolvierten die 4’800-Kilometer von La Gomera auf den Kanarischen Inseln nach Antigua in der Karibik in 34 Tagen, 23 Stunden und 48 Minuten.

Neue Dimension der Grenzerfahrung

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«Wer sich sehr hohe Ziele setzt, gilt schnell einmal als verrückt», findet Bär, doch eine extreme Passion zeuge auch von sehr viel Disziplin, Zielstrebigkeit und Charakterstärke, fährt er fort. Am Ende des Tages müsse man selbst entscheiden, was massvoll für einen sei. Elan, Entschlossenheit und Teamwork sind die Werte, die nun auch für das weitere Gedeihen der MBaer Merchant Bank ausschlaggebend sind. Deren Schonzeit ist endgültig vorbei. Die Bank muss jetzt liefern.

Auf seinem weiteren Berufsweg dürfte Bär noch eine Erfahrung zugutekommen: Seit einigen Jahren betätigt er sich auch als Marathon-Coach und begleitet Blinde (Bild oben) auf solchen Läufen – zuletzt sogar am weltberühmten Boston-Marathon in den USA. Damit erreicht Mike Bär eine neue Dimension der Grenzerfahrung – endgültig fernab der Komfortzone.