Das boomende Geschäft mit börsengehandelten Indexfonds (ETF) steht auch hierzulande vor erheblichen Veränderungen. Das sagt Caroline Baron, der Leiterin für den europaweiten ETF-Vertrieb des Fondshauses Franklin Templeton, im Gespräch mit finews.ch.


Frau Baron, wie entwickelt sich der ETF-Markt in der Schweiz?

Wir stehen erst am Anfang. Der ETF-Markt entstand vor mehr als 20 Jahren und hatte hauptsächlich in ganz Europa Banken und Vermögensverwalter als Hauptnutzer. Diese  spiegeln nach wie vor das Kerngeschäft wider, jedoch gab es in den vergangenen Jahren einen Zuwachs an Privatkunden. Heute beträgt das Vermögen des europäischen Marktes rund 1,7 Billionen Euro. 2023 zeichnet sich als das zweiterfolgreichste Jahr für den ETF-Zuwachs in Europa aus. Die Schweiz ist Teil dieser ETF-Bewegung und Privatkunden haben über Plattformen wie Swissquote investiert.

Werden aktiv verwaltete ETFs auch in Europa wie in den USA zum Trend?

Die US- und die europäischen Märkte sind nicht miteinander vergleichbar. In den USA entwickelt sich das aktive Management schnell. 25 Prozent der Kapitalzuflüsse flossen 2023 in aktiv verwaltete ETFs, und im Januar dieses Jahres sahen wir, dass etwa 50 Prozent der Zuflüsse in aktive ETFs flossen. In Europa kratzen wir erst an der Oberfläche. Es gab einen Trend zu aktiv verwalteten ETFs, trotzdem sind 95 Prozent der ETFs immer noch passiv.


«Durch aktives Management kann Wert hinzugefügt werden»


In gewissen Fällen verpassen sie Möglichkeiten, da sie einem Index folgen, der den Indexregeln, an die die ETFs sich halten müssen, entspricht. Durch ein aktives Management kann verschiedenen Bereichen, welche noch nicht vollständig ausgereift sind, Wert hinzugefügt werden. Zum Beispiel stellen grüne Anleihen auf der Anleihenseite einen Bereich dar, welcher noch nicht vollendet ist und daher viele Chancen für ein aktives Management bietet.

Welche dominierenden Trends gibt es neben den aktiven ETFs auf dem ETF- Markt?

Angesichts des anhaltenden Interesses an Nachhaltigkeit in der Schweiz ist es als Produktanbieter unsere Aufgabe, zusätzliche Strategien in diesem Bereich zu offerieren. Wir bieten beispielsweise mehrere Paris Aligned Ucits ETFs an, welche bestimmte Regionen ansprechen. Dies ist ein Ansatz, der es Anlegern ermöglicht, die Dekarbonisierung der Wirtschaft im Einklang mit dem Pariser Abkommen zu unterstützen.


«ETFs finden auch bei euorpäischen Privatkunden zunehmend Akzeptanz»


Ein weiterer Trend ist sicherlich die zunehmende Akzeptanz von ETFs durch Privatkunden in Europa. In den USA liegt dieser Anteil bereits bei 50 Prozent. Im Vergleich dazu waren es in Europa vor zehn Jahren hauptsächlich institutionelle Käufer, weil ETFs schwer zugänglich waren. Dank Neobanken, Online-Banking und sogar traditionellen Banken, die ihr Geschäft weiterentwickelt haben, sind ETFs mittlerweile für die breite Öffentlichkeit verfügbar. Der Handel mit ETFs auf Einzelhandelsplattformen ist kostengünstig, digital freundlich sowie transparent.

Bedeutet das, dass sich die Kundenbasis von ETFs verändert?

Heute gibt es buchstäblich keinen Kundentyp mehr, der nicht in ETFs investiert. Darüber hinaus werden die Erwartungen  immer höher. Die Ansprüche steigen.

Das heisst dann?

Innovationen sind ebenfalls auf dem Vormarsch. In Bezug auf unser Geschäft können wir dank der Grösse von Franklin Templeton auch eine Vielzahl von Strategien im ETF-Bereich anbieten, die von aktiven über faktorbasierten bis hin zu passiven Ansätzen reichen und das gesamte Spektrum der Anlagechancen abdecken.

Welcher Faktor wird den ETF-Markt langfristig beeinflussen?

Die Übertragung des Vermögens von einer Generation auf die andere wird das ETF-Geschäft erheblich beeinflussen. Jüngere Generationen erben Geld und werden somit zu den neuen wohlhabenden Kunden. Da die jüngeren Generationen eher auf digitalen Kanälen unterwegs sind und somit eine höhere Sensibilität sowie Kenntnis über ETFs verfügen, ist es wahrscheinlicher, dass sie investieren. Dies wird sicherlich die Akzeptanz von ETFs beschleunigen.

Bei ETF holt der Anbieter mit dem ersten Produkt gewöhnlich die meisten Kundengelder. Wo stehen da die Chancen für Franklin Templeton?

Wachstum für neue Marktteilnehmer gibt es noch reichlich. Wir sind ein gutes Beispiel dafür, da wir darauf abzielen, einer der Top-10-Anbieter von aktiv verwalteten ETFs in Europa zu werden. Alle unsere ETFs haben bestimmte einzigartige Merkmale. Dazu zählen beispielsweise unsere ETFs für einzelne Schwellenländer.


«Die Übertragung des Vermögens von einer Generation auf die andere wird das ETF-Geschäft erheblich beeinflussen»


Wir haben kostengünstige Länder-ETFs für Indien, China, Brasilien, Taiwan und Südkorea eingeführt (0,19 Prozent für die ersten drei und 0,09 Prozent für die letzten beiden). Unsere Kunden interessieren sich derzeit auch für einen ETF, der es Investoren ermöglicht, in die Entwicklung Asiens zu investieren, ohne China oder Japan. Schliesslich suchen Schweizer Banken und Vermögensverwalter nach einer Diversifizierung der ETF-Anbieter.

Was ist Ihre Meinung zu Krypto-ETFs und ihrem potenziellen Start, nicht nur in den USA, sondern auch in Europa?

Unser Team für digitale Vermögenswerte ist der Ansicht, dass Krypto-ETFs eine alternative Anlageklasse sein können, die Wachstumschancen für Investoren bietet und als Diversifikator für Aktien- und Anleiheexpositionen wirkt. Viele Investoren möchten einen kleinen Teil ihres Portfolios in Krypto-Assets halten. In den USA hat die Börsenaufsicht SEC den Start von Bitcoin-Spot-ETFs zugelassen. Die europäische Regulierung erlaubt derzeit keinen Start solcher ETFs. Hier wollen wir in erster Linie das Leitbild unseres Unternehmens nutzen, das heisst den Fokus auf Schwellenmärkte, US-Aktien und aktiv verwaltete ETFs richten. Darüber hinaus konzentrieren wir uns auch auf massgeschneiderte Produkte für Kunden.


Caroline Baron ist seit 2018 Leiterin des ETF-Vertriebs in der Region Europa, Nahost und Afrika (Emea) bei Franklin Templeton. Zuvor arbeitete sie bei Invesco PowerShares als Chefdirektorin des Vertriebs in Grossbritannien. Darüber hinaus verbrachte sie eine beträchtliche Zeit bei BlackRock als Direktorin für Vermögensverwaltung von iShares ETFs im britischen Markt. Ihre weiteren Karrierestationen umfassten IFX Markets, Calyon und Credit Agricole Indosuez. Baron erwarb ihren Abschluss an der ESSCA in Frankreich und besitzt die AMF-Zertifizierung

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