Kürzere Marktzyklen, raschere Veränderungen und eine Flut an Informationen – so präsentiere sich das Anlageuniversum heute, sagt Thomas Balk, Präsident von Fidelity Worldwide Investment. Er sieht darin einen Paradigmenwechsel.

Reine wirtschaftliche Kennzahlen würden für Anleger zunehmend irrelevant, sagt der gebürtige Deutsche Thomas Balk, der seit 15 Jahren im Sold der Fondsgesellschaft Fidelity steht, und wo er heute für das gesamte internationale Geschäft verantwortlich ist.

Angesichts der zahlreichen staatlichen Interventionen hätten die konjunkturellen Daten eine immer geringere Bedeutung an den Finanzmärkten. «Das ist ein neues Phänomen», erklärt Balk im Gespräch.

«Perlen» entdecken

Vor diesem Hintergrund plädiert der Fidelity-Top-Manager denn auch dafür, stärker auf die Stimmung an der Börse zu achten und sich auf Grund der Angst und Gier der Investoren ein Bild von der jeweils herrschenden Situation zu machen. Das Hauptaugenmerk sollte sich dabei entsprechend auf die Bewertung einzelner Unternehmen, wo es die «Perlen» zu entdecken gelte.

«In einem Umfeld, das darüber hinaus noch von tiefen Zinsen und einer anhaltend labilen wirtschaftlichen Entwicklung geprägt sind, erhält das Stock-Picking eine zentrale Bedeutung», sagt Balk.

Asset Management wird zum Knowledge Business

Gerade weil die Marktzyklen kürzer würden, sei der Anleger auch gezwungen, immer rascher zu handeln, stellt der Fidelity-Experte weiter fest und betont, dass dies allerdings auch ein grösseres Fachwissen voraussetze – oder die enge Zusammenarbeit mit einem erfolgreichen Vermögensverwalter – «das Asset Management», sagt Balk, «ist unter diesen Prämissen eigentlich zu einem Knowledge-Business geworden.»

Zwar mangle es heutzutage gewiss nicht an Informationen. Doch die grosse Frage bleibe, inwiefern der Anleger mit all diesen Daten und Zahlen etwas anzufangen wisse. Oder anders ausgedrückt: «Wie lassen sich auf Grund der vorhandenen Informationen die grossen Veränderungen an den Märkten frühzeitig identifizieren», fragt Thomas Balk.

Baby-Boomer leben länger

Er selber ist überzeugt, dass man die wichtigen Trends künftig eher an der Börsen-Performance einzelner Unternehmen ausmachen könne, als am Gesamtmarkt, zumal dieser respektive die Makroperspektive auf Grund der anhaltenden staatlichen Interventionen kein adäquates Bild der tatsächlichen Entwicklung mehr abgäbe, sagt Balk.

Das sei insofern eine wichtige Erkenntnis, als dass mit der so genannten Baby-Boomer-Generation nun Anleger ins Pensionsalter kämen, die nicht nur über erhebliche Vermögenswerte verfügten, sondern auch eine überaus lange Lebenserwartung hätten, betont Thomas Balk. Daher gehe es nicht länger an, diesen Anlegern und Sparern kurzfristige Investment-Produkte anzudienen.

Unabhängigkeit zählt

«Angesichts dieser verschiedenen, grundlegenden Veränderungen müssen in der Anlagepraxis neue Akzente gesetzt werden», sagt der Chef von Fidelity. Die Unabhängigkeit eines Asset Managers erhalte dadurch eine ganz neue Bedeutung und sei zweifelsohne die beste Voraussetzung, um Kunden verantwortungsvoll zu beraten.