Tahir Hussain half dem Tech-Giganten Amazon bei der Entwicklung von Bezahllösungen. Im Interview mit finews.ch nennt er nun sein Rezept, wie die Finanzbranche auf die Disruption angemessen reagieren sollte.

Tahir Hussain, weshalb tun sich die Banken mit der Digitalisierung so schwer?

Viele Banken bekunden Mühe damit, weil sie in zu kleinen Schritten denken. Die Googles dieser Welt hingegen denken in weit grösseren Dimensionen.

Es werden künftig sehr viele Finanz-Innovationen entstehen, doch ich habe meine Zweifel, ob der Stossrichtung der Banken. Zu sagen, okay lasst uns schönere Banken, Filialen oder Gebäude machen, reicht definitiv nicht aus. Jene werden reüssieren, denen es dauerhaft gelingt, die wahren Kundenbedürfnisse zu identifizieren und diese auch zu bedienen.

Die Bankindustrie erzittert zuweilen vor den sogenannten Disruptoren. Zu Recht?

Vor dem Hintergrund neu aufkommender Technologien und sich schnell ändernden Kundenbedürfnissen kann ich diese Angst durchaus nachvollziehen. Allerdings ist Angst ein schlechter Ratgeber, sie lähmt und spielt somit den Disruptoren in die Karten.

Wie sollen Finanzinstitute also vorgehen?

Das wichtigste ist, konsequent die Perspektive des Kunden einzunehmen und die Bereitschaft für Veränderungen. Basierend auf der Analyse von Trends sind zwei bis drei Verhaltensweisen von Kunden herauszuschälen, die sich künftig ändern dürften. Daraufhin gilt es, die dafür notwendigen Ressourcen zu identifizieren und zu prüfen, ob diese bereits im Unternehmen vorhanden oder noch aufzubauen sind. Ist der Weg einmal vorgezeichnet, sollte man ihn festen Schrittes gehen und gleichzeitig eine gewisse Flexibilität an den Tag legen.

«Vermögensverwalter müssen Concierges werden»

Wie gesagt, es gibt keine Standardlösungen. Im Kontrast zu anderen Industrien, verfügen die grossen Player in der Bankbranche aber über namhafte Bargeldreserven, das ist ein Vorteil.

Auf welchen Stärken sollten Vermögensverwalter denn bauen?

Vermögensverwaltung hat nicht bloss mit Geld verwalten zu tun – es ist viel mehr als das, nämlich den Kunden sein Leben lang zu begleiten. Vermögensverwalter müssen eine Art Concierge-Rolle einnehmen, sprich als Türöffner und Netzwerker dienen. Die Kunden wollen an die Hand genommen werden. Sie brauchen jemanden, der ihnen sagt, was sinnvoll ist und was nicht.

Welche Zutaten braucht es, um ein digitaler Player zu werden?

Wenn das Topmanagement offen für Neues, selbstkritisch und bereit ist, alles auf den Kopf zu stellen, dann kann man so ziemlich alles erreichen. Selbstverständlich braucht es Geduld und einen Langfrist-Plan – Rom wurde auch nicht in einem Tag erbaut.

«Viele Manager sind keine Game Changer»

Viele Finanzunternehmen sprechen über die digitale Bedrohung. Doch den Worten müssen auch Taten folgen. Firmenlenker, die Veränderungen suchen und diese auch beharrlich umsetzen, können immer noch als Gewinner aus der digitalen Transformation hervortreten, davon bin ich überzeugt. Ich glaube aber auch, dass viele Manager, die über die Jahre in ähnlich organisierten Unternehmen Karriere gemacht haben, Mühe bekunden, sich als glaubhafte «Game Changer» durchzusetzen.

Das heisst?

Wer abwartet, zögert oder sich in die Defensive verkriecht, wird den anderen früher oder später zum Lunch serviert.


Tahir Hussain verbrachte neun Jahre beim amerikanischen Tech-Riesen Amazon und baute dort unter anderem das China-Geschäft auf. Der Gründer der in München ansässigen Beratungsfirma TH Consulting berät nun Unternehmen bei Fragen rund um die Digitalisierung und Internationalisierung von Prozessen und Produkten. finews.ch sprach mit Hussain an einer Veranstaltung der Swiss Business School IMD letzte Woche in Lausanne.

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