Die Deutsche Bank baut ihr Geschäft in der Vermögensverwaltung aus – und das nicht zuletzt auf Kosten der Schweizer Konkurrenz. Private-Banking-Chef Fabrizio Campelli, der zwischen Zürich und London pendelt, spricht mit finews.ch über seine grössten Herausforderungen.  

«Ich freue mich auf ruhigere Zeiten», erklärt Fabrizio Campelli, der oberste Private Banker der Deutschen Bank, im Gespräch mit finews.ch – was allerdings eine grosse Untertreibung ist. Denn der frühere McKinsey-Berater und Goldman-Sachs-Banker ist aktuell einer der wenigen Top-Manager im grössten deutschen Kreditinstitut, der einiges vor hat und dafür erst noch viel Geld ausgeben darf.

Der Grund: Die angeschlagene Deutsche Bank will mit allen Mitteln ihre Privatbank dynamisieren, zumal sie im Investmentbanking Tausende von Arbeitsplätzen streicht und 6 Milliarden Euro an Kosten einsparen will.

Lange vernachlässigt

Tatsächlich hat man in Frankfurt die Vermögensverwaltung lange Zeit vernachlässigt; erst der seit April 2018 im Amt stehende CEO Christian Sewing begann dies ändern und präsentierte im vergangenen Juli auch einen Plan dafür. Konkret will die Bank allein im kommenden Jahr zu den bestehenden 600 Kundenberatern rund 300 weitere engagieren, um damit die verwalteten Kundenvermögen um rund 100 Milliarden Euro steigern.

Aktuell verwaltet das deutsche Kreditinstitut 214 Milliarden Euro an Kundengeldern; 28 Milliarden Euro davon im amerikanischen Markt, 122 Milliarden Euro in Europa sowie 64 Milliarden Euro in den Wachtumsmärkten Asiens und dem Nahen Osten. Die Deutsche Bank ist damit die zehntgrösste Vermögensverwalterin der Welt. Im Vergleich: Die Marktführerin UBS verwaltet rund 2'300 Milliarden Euro in dieser Sparte; die Credit Suisse 1'400 Milliarden Euro.

Liquide Mittel für Superreiche

«Auf lange Sicht wird es ein stabileres Geschäftsmodell sein», versichert der Italiener Campelli im Gespräch in seinem Büro im Londoner Stadtteil St. James. Er arbeitet seit 2005 für das deutsche Finanzinstitut und war früher unter dem einstigen Co-CEO der Deutschen Bank, Anshu Jain, Strategiechef. 

Aufgrund der verfügbaren Ressourcen haben Ex-Credit Suisse-Veteran Claudio de Sanctis, Ex-Coutts-Chef Michael Morley sowie Marco Pagliara, ehemals im Sold von Goldman Sachs, bereits begonnen, die besten Kundenberater an Bord zu holen. Doch genügt das? «Wir haben mindestens 200 Milliarden Euro an liquiden Mitteln in unserer Bilanz», unterstreicht Campelli, «damit können wir unseren Kunden sehr konkurrenzfähige Kredite gewähren.» Mit dieser Aussage wird auch klar, auf welche Klientel es der Banker abgesehen hat.

Pläne in der Schweiz

Es sind weniger die reichen deutschen Familien als vielmehr international ausgerichtete Unternehmer. Das gilt auch für die Schweiz, wo Campelli unter anderem auch den Verwaltungsrat der Deutschen Bank (Schweiz) präsidiert. Hierzulande soll Länderchef de Sanctis vermögende Unternehmer aus Deutschland, Italien, Grossbritannien, Spanien und weiteren Ländern wie der Türkei, Lateinamerika und dem Nahen Osten an Bord holen.

Die Offensive ist bereits angerollt. So engagierte das Institut vergangenen August ein Beraterteam, das bisher von Dubai aus für die Schweizer Konkurrentin Julius Bär reiche Expat-Inder bedient hatte. Letzten Juli vermeldete auch finews.ch, dass sich ein 13-köpfiges Team von Italien-Spezialisten der Credit Suisse auf dem Sprung zur deutschen Grossbank befindet.

Dennoch hat Campellis Plan noch nicht ganz verfangen. Die Erträge in der Vermögensverwaltung der Deutschen Bank schrumpften im zweiten Quartal 2019 um fast 10 Prozent. Hat er also schon zu viel Geld ausgegeben, und Top-Talente zu überhöhten Gehältern eingekauft?

«Wir zahlen Marktpreise»

«Wir zahlen Marktpreise», versichert er. «In unserem Geschäft, wo die Margen extrem unter Druck sind, wäre es kurzsichtig, die Kosten durch unnötige Zahlungen zusätzlich zu erhöhen. Die Tatsache, dass die Deutsche Bank mit ihren anhaltenden Problemen in den vergangenen Jahren auch eine grosse Anzahl an begüterten Kunden verloren hat, spielt Campelli dagegen herunter.

«Die geografische Reichweite [der Bank] ist weitgehend unverändert geblieben,» erklärt er und betont, dass sich die Deutsche Bank in den vergangenen zehn Jahren mit ihrer starken Bilanz und ihrer Produktepalette durchaus hervor tun konnte. Allerdings verwaltet das Unternehmen aktuell immer noch weniger Geld als noch vor Jahresfrist.

Lorbeeren gehen nach Asien

Keiner unserer 50 besten Kundenberater im Wealth Management hat die Bank in den vergangenen drei Jahren verlassen, betont Campelli, verweist aber auch gleich daruf, dass die Lorbeeren vor allem an Lok Yim gehen, dem Asien- und Nahost-Chef der Bank.

Viele Kunden sind durch langfristige Strukturen und Kredite an die Bank «gebunden» – und so zögern auch die Kundenberater, die Bank zu verlassen. «Die Mitarbeiterzahl im Wealth Management blieb 2019 erstaunlich stabil», sagt Campelli.

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