Zwischen Private Banking und App öffnet sich vielfach ein Abgrund – dies ist zumindest das Fazit einer neuen Branchenstudie. Ein kleine Avantgarde von Instituten hebt sich aber von der Masse ab.

Julius Bär, Hochburg der Insta-Banker: das ist ein doch eher überraschender Befund über das noble Zürcher Traditionshaus. Doch folgt man einer neuen Studie der Beratungsfirma Colombus Consulting, trifft genau das auf die selbsternannte «Pure play»-Privatbank zu.

Das Institut führt nämlich ein Ranking von 27 grösseren Schweizer Privatbanken an, die von den Beratern auf ihre «Performance» in Sachen Digitalisierung und Kundenerlebnis überprüft wurden.

Starkes Wachstum auf Youtube

Geht es nach Colombus, dann sind die «Bären» die digitalsten Private Banker am Platz (siehe Grafik unten). «Julius Bär steht 2022 an der Spitze mit einer starken Leistung in den sozialen Netzwerken und guten Ergebnissen auf ihrer Webseite sowie im digitalen Marketing», folgern die Studienautoren um Partner Rémi Chadel. Die Bank verzeichne ein starkes Wachstum ihrer Youtube-Abonnenten, ein gutes Engagement auf Instagram und unterhalte die zweitgrösste «Community» auf dem Online-Portal Linkedin.

Allerdings hinke sie bei den mobilen Apps noch etwas hinterher, bemängeln die Experten.

Kleine Piguet Galland holt auf

Jedenfalls reicht dies aus, um die Lokalrivalin Vontobel vom ersten Platz zu verdrängen. Zurückgeworfen wurde das Zürcher Investmenthaus vor allem von der «schwachen Leistung in den sozialen Netzwerken», so die Studie – also genau dort, wo Julius Bär gepunktet hat. Lombard Odier als Nummer drei im Ranking vermochte die anderen Teilnehmer im digitalen Marketing und in den sozialen Medien zu übertrumpfen. Die Genfer hinken aber bei der Webseite und der mobilen App dem Feld hinterher.

Derweil überzeugte die Genfer Privatbank Pictet auf dem vierten Platz mit dem besten Kundenerlebnis der Stichprobe; es folgen auf den weiteren Top-Ten-Plätzen Union Bancaire Privée, EFG, die BCV-Tochter Piguet Galland (die gleich fünf Plätze gut machte), die Zürcher Bergos Privatbank, J. Safra Sarasin sowie die Banque Edmond de Rothschild.

Grafik Columbus

(Grafik: Colombus Consulting)

Sichtbar gestiegene Investitionen

Das zum vergangenen Jahr recht statisch gebliebene Ranking darf dabei nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Investitionen allein für digitales Marketing gemäss Schätzungen der Studienautoren um 15 Prozent auf 2,9 Millionen Franken gestiegen sind. Ebenfalls haben die Websites der befragten Privatbanken 31 Prozent mehr Besucher angezogen als im Jahr 2020.

Insgesamt verzeichnen die Institute auf den diversen Kanäle rund 525’000 Besuche pro Monat. Der während der Corona-Krise aufgekommene Digitalisierungs-Schub ist im Private Banking also keineswegs abgeebbt.

Allerdings verteilen sich die Aktivitäten sehr ungleich. Die drei führenden Banken im Ranking vereinen auf ihren Webseiten-Kanälen 85 Prozent des Internet-Publikums der 27 untersuchten Banken. Ebenfalls stellt die Studie fest, dass fast 30 Prozent der Privatbanken ihren Kunden keine mobile App anbieten. Das stelle keine grosse Veränderung gegenüber dem Vorjahr dar, so die Autoren lakonisch. Angesicht der rasant voranschreitenden Entwicklung könnte sich diese Nonchalance jedoch rächen.

Linkedin – wo die Reichen sind

Und schliesslich sind die Privatbanken in Sachen digitale Reichweite gegenüber grossen Retailbanken höchstens Zwerge. So generiert etwa die Post-Tochter Postfinance – deren Spezialität unter anderem der Kanal TikTok ist – nach den Berechnungen von Colombus 14 mal mehr Online-«Traffic» als alle 27 untersuchten Privatbanken zusammen.

Manche Privatbanken versuchen diese Rücklage mit Experimentierfreudigkeit aufzuholen. So stellt sich etwa heraus, dass Linkedin zum bevorzugten Treffpunkt wird, um neue wohlhabende Kunden anzusprechen. Ausserdem ist Linkedin mit 72 Prozent der Abonnenten und 78 Prozent des Engagements das führende soziale Netzwerk in der Palette der Private Banker.

Aus Daten werden Wünsche

Ebenfalls sind manche Institute dazu übergegangen, aus der während der Coronakrise forcierten Kommunikation über digitale Kanäle eine Tugend zu machen. Die Privatbanken investierten während mit der Pandemie verstärkt in die Digitalisierung der Kundenbeziehungen und begannen, diesen Aspekt in ihr Wissen über ihre Kunden zu integrieren.

Dies führt nun dazu, dass die Häuser damit beginnen, die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Kunden anhand von Daten zu verstehen. Digitales Marketing ist daher ein neues Instrument im Arsenal der Berater, um Bedürfnisse und Erwartungen zu erkennen und ihren Kunden neue Dienstleistungen anzubieten, zeigen sich die Berater von Colombus überzeugt.

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