Der Einstieg bei der Credit Suisse ist gemäss den neuen saudischen Grossaktionären eine blosse Finanzinvestition. Die Zweifel an dieser Aussage werden jetzt auch in der Schweiz lauter.

Die skandalgeplagte Credit Suisse muss sich für ihren Konzernumbau frisches Kapital beschaffen. Neben der Aufnahme von Fremdkapital will die Grossbank auch das Aktienkapital erhöhen. Dabei steigt der Einfluss von Aktionärsgruppen aus der Golfregion.

Die Skepsis ist vor allem gegenüber der Saudi National Bank (SNB) gross, wie auch finews.ch berichtete. Das Institut, das dem saudischen Königshaus gehört, hat 1,5 Milliarden Dollar zugesagt, um ein neuer strategischer Investor zu werden und einen Anteil von 9,9 Prozent an der Credit Suisse (CS) zu übernehmen.

Opportunismus vor Moral

Kritik aus der Schweiz kommt nun auch von der Anwältin und Compliance-Expertin Monika Roth. Für sie ist der stärkere Einfluss der SNB zunächst ein Zeichen der Schwäche der CS, die offfenbar keine andere Wahl hatte. Wie Roth der «Neue Zürcher Zeitung» (Artikel kostenpflichtig) erklärt, könnte die neue Grossaktionärin, die sich mehrheitlich im Besitz des Public Investment Fund des Königreichs befindet, allerdings zu einem Problem werden.

Heikel dürfte es gemäss Roth nicht nur werden, wenn die SNB entgegen bisherigen Beteuerungen einen Sitz im Verwaltungsrat der zweitgrössten Schweizer Bank einnehmen würde. Den Saudis gehe es generell weniger um ein reines Finanzinvestment als um die sozialwirtschaftliche Geltung in Europa.

Dies sei nicht verwunderlich, werde doch Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) mit dem Mord am saudischen Regierungskritiker Jamal Khashoggi in Verbindung gebracht. «Vom mutmasslichen Mörder zum begehrten Geschäftspartner – das nennt man Opportunismus», bringt es Roth im Interview mit der NZZ auf den Punkt.

Teure Modernisierungspläne

Der Aufstieg der SNB zum Grossaktionär bei der CS kann - wie die Investition in die britische Fussballwelt mit dem Einstieg beim Premier-League-Club Newcastle United – zweifellos als weitere Rettungsaktion eines reichen Investors aus den Golfstaaten betrachtet werden. Zugleich ist MBS ist als faktischer Führer des Landes auf einem Modernisierungskurs, wie die Agentur «Bloomberg» beschreibt (Artikel kostenpflichtig). Während er seinen grossen Wirtschaftsplan «Vision 2030» in die Tat umsetzt, spielen das Bankensystem und der Finanzsektor eine immer wichtigere Rolle.

Für die Verwirklichung der Vision von MBS, zu der auch die 500-Milliarden-Dollar-Hightech-Metropole Neom in der Wüste gehört, wäre der Aufbau eines Investmentbanking-Geschäfts durch die SNB äusserst nützlich. So hat sich das schnell wachsende Saudi-Arabien trotz der Unmengen an Kapital, auf denen es sitzt, nicht gerade als gewiefter Finanzinvestor einen Namen gemacht.

Begehrtes Schweizer Know-how

MBS hat sich intensiv darum bemüht, ausländische Banker, Investoren und Anwälte ins Land zu holen und das eigene Finanzsystem auszubauen. Mit der Anbindung der CS erhält der Kronprinz Zugang zu einem zwar angekratzten, aber immer noch hochwertigen Wissenspool. Bezeichnend ist dabei, dass der bisherige CS-Verwaltungsrat Michael Klein, ein Starbanker und Nahost-Spezialist, der designierte Chef der kleineren und künftig unabhängiger agierenden Investmentbank CS First Boston ist.

Gleichzeitig könnten mit einer strategischen Beteiligung an der CS einheimische Gelder besser genutzt werden. Besonders das Knowhow und die Technologie der Schweizer Bank in der Vermögensverwaltung könnten sich für die SNB als wertvoll erweisen. Denn niedrigere Anlagerenditen und zunehmende Transparenz haben die Margen gedrückt.

Botschafter für ein neues Saudi-Arabien?

Zwar sind der Nahe Osten und Afrika noch ein relativ kleiner Markt mit nur etwa einem Zehntel des Vermögens von Nordamerika. Nach Schätzungen des Beratungsunternehmens Oliver Wyman könnte die Region jedoch in den nächsten fünf Jahren jährlich um fast 5 Prozent zulegen. Ein solches Wachstum wäre besser als in allen anderen Regionen ausser dem asiatisch-pazifischen Raum und Lateinamerika.

Die Vermögensverwaltung ist allerdings ein profitables Geschäft mit stetigen, wiederholbaren Erträgen, das für eine Bank wie die SNB attraktiv sein dürfte.

Eine gegenseitige Annäherung der SNB und der CS hat also aus rein geschäftlicher Optik durchaus seinen Reiz. Oder, wie es der SNB-Vorsitzende Ammar al-Khudairy unlängst ausdrückte: Die Investition in die CS sei ein «Ausdruck des neuen Saudi-Arabiens». Die Schweizer Grossbank muss indessen aufpassen, dass sie dabei nicht vor den Karren der «Vision 2030» gespannt und zur Imagepolitur missbraucht wird.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.34%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.73%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.82%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.45%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.65%
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