Postfinance: Für Avenir Suisse «über kurz oder lang ein Sanierungsfall»

Die Denkfabrik Avenir Suisse will der Post Beine machen und schlägt eine umfassende Reorganisation des Bundeskonzerns vor. Die Post soll mehr unternehmerische Freiheit bekommen und weniger politische Vorgaben zu erfüllen haben. Sie soll konsequent aufs Kerngeschäft ausgerichtet werden und eine neue Governance erhalten, ist der am Montag publizierten Studie «Ab die Post!» zu entnehmen.

Avenir Suisse befasst sich darin auch mit der Zukunft der Tochter Postfinance, eine der vier systemrelevanten Banken in der Schweiz. Zwischen dem Bankgeschäft und der Logistik der Muttergesellschaft gebe es kaum Synergien, stellt Studienautor Christoph Eisenring fest. Doch die Gewinnablieferungen der Postfinance trügen weiterhin massgeblich zum Gesamtergebnis der Post bei. Zudem muss die Post mit Postfinance auch einen Grundauftrag erfüllen. Dazu gehört u.a. das Angebot an Bargeldtransaktionen im Schalterzahlungsverkehr.

Gefangen im Grundauftrag und Kreditverbot

Allerdings war der Gewinn der Postfinance in den vergangenen Jahren im Trend rückläufig (siehe Grafik unten). Das liegt daran, dass die Bank im Bundesbesitz aufgrund des ihr von der Politik auferlegten Kreditverbots die Kundengelder v.a. in festverzinslichen Wertschriften (Anleihen und Darlehen) anlegen muss. Für Avenir Suisse kommt eine Aufhebung des Kreditverbots nur dann in Frage, wenn die Postfinance vollständig privatisiert wird.

Post Postfinance Ergebnisse Avenir Suisse

(Grafik: Avenir Suisse)

Die Denkfabrik schlägt daher vor, in einem ersten Schritt bis 2030 die Grundversorgung im Zahlungsverkehr von der Post bzw. Postfinance zu lösen und mittels Ausschreibung neu zu regeln. Post und Postfinance (die bereits heute organisatorisch, rechtlich und operativ weitgehend selbständig sind) sollen in dieser Zeit vollständig getrennt und separat unter einer neuen Beteiligungsgesellschaft des Bundes angesiedelt werden.

Avenir Suisse stösst sich dabei auch insbesondere an der Vorgabe im Grundversorgungsauftrag, Bargeld auf das Konto dritter überweisen zu können. Das sei nicht mehr zeitgemäss und unverhältnismässig teuer – eine Beurteilung, der man sich anschliessen kann, aber beileibe nicht muss, insbesondere, wenn man den Wert einer einigermassen intakten Basisinfrastruktur für das Bargeld (immerhin nach wie vor das gesetzliche Zahlungsmittel) für unser Land anders einschätzt.

Kreditverbot an Privatisierung koppeln

In einem zweiten Schritt soll dann der Bund bis 2035 die Postfinance vollständig privatisieren. «Mit dem Verkauf bzw. der Platzierung der ersten Tranche von Aktien fällt auch das Kreditverbot der Postfinance. Sie wird zu einer normalen Geschäftsbank», skizziert Avenir Suisse den Plan und ist sich dabei darüber im Klaren, dass dieser es in der politischen Realität sehr schwer haben wird.

Auch der Bundesrat macht derzeit keine Anstalten, am Status quo rütteln. Die Denkfabrik erinnert die Landesregierung an ihre Aussage von 2018, wonach «für die Postfinance ohne Zugang zum inländischen Kredit- und Hypothekarmarkt langfristig kein erfolgverversprechendes Geschäftsmodell möglich ist». Sie setzt offensichtlich darauf, dass der Trend zu schlechteren Ergebnissen irgendwann auch in Bundesbern zu einem Umdenken führt.

Finma: «Ungenügend» für Notfallplan der Post

Geschieht nichts, sieht das Szenario jedoch düster aus: «Die Postfinance wird in ihrer jetzigen Aufstellung über kurz oder lang zum Sanierungsfall.» Leider spricht einiges dafür, dass sich diese Prognose von Avenir Suisse erfüllen könnte.

Im August wurde die Postfinance auch von der Finma gerügt. Der Notfallplan, den die systemrelevante Bank vorlegen muss, wurde als nicht umsetzbar beurteilt, weil das Institut nicht über genügendes und adäquates Kapital zur Deckung von Verlusten verfügt. Die Postfinance ist seit 2023 daran, die entsprechenden Mittel aufzubauen, was angesichts der geschwundenen Ertragskraft eine Herkulesaufgabe ist.