Der Job von Weiyun Gong ist nicht einfach: Der Niederlassungsleiter der China Construction Bank in Zürich hat den Auftrag erhalten, Brücken zwischen der Wirtschaft der Volksrepublik und der Schweiz zu bauen. Mit finews.ch hat der Manager über seine Mission gesprochen, die Panik um die Credit Suisse – und über den Vertrieb von Ricola-Bonbons im Filialnetz des chinesischen Staatsinstituts.

«Wir bauen Brücken zwischen China und der Schweiz»: Das ist auf dem weissen Mantel zu lesen, der mit dem Logo der China Construction Bank (CCB) versehen ist und die Schachtel mit Ricola-Bonbons umhüllt.

 Die Schachtel steht auf dem Tisch vor Weiyun Gong, dem Niederlassungsleiter von CCB in Zürich. Sie wäre aber auch in Schanghai vorzufinden, wo sie in den schicken Beratungsräumen für Privatbank-Kunden von CCB gleich Stapelweise aufliegt.

Dass dem so ist, zählt zweifellos zu Gongs Erfolgen; mit dem Bau von Brücken zur Schweiz hingegen ist es dieser Tage so eine Sache.

 Denn der Graben zwischen den beiden die Geopolitik dominierenden Blöcken klafft immer breiter. Und die Schweiz muss zusehen, wie sie sich im Spannungsfeld dazwischen positioniert: Hüben die Supermacht USA, drüben das zunehmend expansive China, die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt.

Mit den Reaktionen auf das Treffen von Alt-Bundesrat Ueli Maurer mit dem chinesischen Botschafter und der «Taiwan-Motion» des SP-Nationalrats Fabian Molina hat der Schweizer Seiltanz zwischen den Blöcken eine neue Intensität erreicht.

«Es wäre wundervoll, wenn du hierher versetzt würdest»

Das beunruhigt auch hiesige Banker. So haben manche Institute begonnen, amerikanische Sanktionen gegen chinesische Kunden als Szenario durchzuspielen. Dies just in dem Moment, wo sich China mit dem Abflauen der Pandemie China zu öffnen beginnt, und westliche Firmen auf neuen Schub für das Geschäft in Fernost hoffen.

Für Gong ist klar, dass die Weltwirtschaft nicht mehr von der chinesischen Wirtschaft zu trennen ist. «Allein die Hunderte von Millionen chinesische Konsumenten sind ein Markt, auf den die Welt nicht verzichten kann», findet der CCB-Niederlassungsleiter.

 Entsprechend mache er sich über eine Ausweitung der Spannungen zwischen seiner Heimat und den USA keine grossen Sorgen, sagt er im Gespräch mit finews.ch.



Gong arbeitet seit mehr als 30 Jahren für die zweitgrösste Bank der Welt. Nach seinem Studium stiess er 1998 zur Schanghaier Niederlassung von CCB, wo er im Geschäft mit Auslandsfinanzierungen tätig wurde. Nach 25 Jahren Dienst erhielt er dann den Auftrag vom Hauptquartier der Staatsbank, eine Niederlassung in Zürich aufzubauen. Nicht nur er hat sich über die Herausforderung gefreut. Das Ehepaar Gong hatte Jahre zuvor die Schweiz bereist, erinnert sich Gong. «Meine Frau sagte: was für ein schönes Land! Es wäre wundervoll, wenn du hierher versetzt würdest.»



Hohe Hoffnungen um den Hub

Und tatsächlich: Gong, der zuvor nie im Ausland gearbeitet hatte, leitete ab 2015 das Team, das den Start in der Schweiz vorbereitete. Im darauffolgenden Jahr konnte er unter viel Aufsehen den neuen Zürcher Standort eröffnen.

 Mit von der Partie war damals der Bankenveteran Holger Demuth. Wie auch finews.ch berichtete, hat das Schweizer Gesicht der CCB, der als operationeller Leiter (CFO und COO) mit Gong arbeitete, der Niederlassung aber jüngst den Rücken gekehrt. Die Suche nach Nachfolgern für Demuth komme gut voran, versichert Gong. «Wir suchen insbesondere Personen, die nicht nur den Schweizer Markt verstehen, sondern auch mit dem Asien-Geschäft vertraut sind.» Diese Fähigkeit sei gerade bei den Schweizer Firmenkunden sehr gefragt.


Grund für das grosse Aufsehen beim Start vor sieben Jahren war auch der Umstand, dass CCB als einziges Institut von der chinesischen Zentralbank People’s Bank of China die Lizenz zum Betrieb von Hubs für die China-Währung Renmimbi in der Schweiz erhalten hat. Mit der Eröffnung waren damals grosse Hoffnungen verknüpft; seither ist es aber deutlich stiller geworden um den Hub. Dies, während im Renminbi-Clearing seither ein Volumen von insgesamt mehr als 1 Billion Franken erreicht worden ist. Laut Gong entspricht dies einem Marktanteil von 20 Prozent in der Schweiz.



Chinesische Touristen fehlten

In den Jahr 2021 und 2022 sind die Volumen leicht zurückgegangen. Gemäss Gong ist die geringere Aktivität den Folgen der Corona-Krise geschuldet. Neben international tätigen Konzernen, die das grösste Segment darstellen, ist das Renminbi-Clearing in Zürich auch vom Strom chinesischer Touristen abhängig. Und diese Nachfrage ist aufgrund der strikten Reisebeschränkung seit 2020 weggebrochen.



Der Chef der CCB-Niederlassung ist dennoch der Ansicht, dass der Hub über einiges Potenzial verfüge. Im Jahr 2022 seien die Clearing-Volumen mit 189 Milliarden Franken aber trotzdem höher gewesen als im Jahr 2019, also noch vor der Pandemie, berichtet Gong. Und mit dem 5-Prozent-Wachstumsziel der chinesischen Regierung werde die Nachfrage zweifellos zunehmen.



In der Corona-Krise Masken organisiert

Auch wenn der «Buzz» von 2016 verflogen ist, fühlt sich Gong vom Bund und den lokalen Behörden in Zürich weiterhin gut unterstützt. Die Zusammenarbeit ist überraschend eng geblieben, folgt man dem Bericht des Managers. Bei Ausbruch der Pandemie etwa arbeitete das Finanzdepartement des Kantons Zürich eng mit der CCB, um über die Bank dringend benötigte Lieferungen für Schutzausrüstung in China zu organisieren. 
In der CCB-Niederlassung haben sich auch Notenbanker der beiden Länder wiederholt zum Austausch getroffen. Ebenfalls pflegt das Institut gute Beziehungen zu anderen chinesischen Unternehmen in der Schweiz. 


Als einer der ersten chinesischen Manager in der Schweiz möchte Gong seine Erfahrungen auch an seine Landsleute weiter geben, damit diese sich und ihre Firma hierzulande schnell integrieren können, wie er erklärt. Der Banker kümmert sich dazu auch ausserhalb der Bürozeiten um jene China-Gemeinde: Er präsidiert die Vereinigung chinesischer Unternehmen in der Schweiz, der mittlerweile über 30 Firmen aus seiner Heimat angehören.

CCB Mall 500

(Bild: CCB)

«Offener und neutraler als die USA»

Dass CCB hierzulande Bankdienste anbietet, könnte man da schon fast als Nebensache abtun. Dabei ist die Service-Palette recht breit: Sie umfasst das Handelsbank- und Kommerzgeschäft sowie Zahlungsdienste, selbst Brückenfinanzierungen für Transaktionen werden angeboten. Laut der Bank zählen mehr als die Hälfte der grössten Schweizer Konzerne zur Kundschaft, und vier der weltweit führenden Rohstoffhändler.



Auch bei den im vergangenen Jahr gehäuft aufgetretenen Kotierungen von Hinterlegungsscheinen (GDR) an der Schweizer Börse SIX mischt das Geldhaus mit. So fungiert CCB als Verwahrstelle für rund die Hälfte der bisher an der SIX auf diese Weise zweitkotierten chinesischen Firmen. Die Bank unternimmt es dabei, die Scheine bei Schweizer Investoren zu promoten – bisher werden GDR hierzulande nämlich praktisch nicht gehandelt. Dazu werden auch Informationsveranstaltungen bei der Bank in Zürich durchgeführt. «Chinesische Firmen nehmen den Schweizer Finanzmarkt als offener und neutraler als die USA wahr», sagt Gong. Die Pipeline für weitere GDR-Listings an der SIX schätzt er auf rund 30 Firmen.



Chinesische Gegenparteien der CS riefen an

Zahlen zu ihrem Geschäft gibt die Niederlassung keine bekannt. Chef Gong lässt aber durchblicken, dass die Einkünfte zu grossen Teilen reinvestiert werden, um die Bilanz zu stärken. Auch bezüglich Zinsrisiken und der Refinanzierung verfolge man eine sehr langfristig ausgerichtete Politik, sagt der Niederlassungsleiter.



Da muss ihn die Rettung einer Schweizer Grossbank in nächster Nachbarschaft um so mehr getroffen haben – dies auch, weil er bei der Credit Suisse (CS) Mitarbeitende und gemeinsame Kunden kennt. Die Unsicherheit sei nicht gut fürs Geschäft, sagt er. CCB Schweiz habe von den chinesischen Gegenparteien der Schweizer Häuser zahlreiche Anrufe erhalten und musste die Situation erklären. Für das rasche Einschreiten von Bund und Aufsicht am 19. März hat er aber Lob übrig. «Wenn sie nicht so resolut gehandelt hätten, wäre die ganze Welt am Montag darauf vor einem grossen Problem gestanden.»



Ricola über Tausende Filialen in China vertrieben

Der Staatsbank CCB ist an einem stabilen Schweizer Finanzplatz gelegen, wie der Niederlassungsleiter deutlich macht. «Die Schweiz ist eines der bedeutendsten Finanzzentren in Europa», erklärt Gong. Und deshalb sei eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Schweiz in Sachen Wirtschaftsbeziehungen für China ein wichtiges Anliegen.



Um die Zusammenarbeit zu vertiefen, hat Gongs Arbeitgeberin auch ihre eigenen Vertriebskanäle für Firmen wie Ricola geöffnet. Via das bankeigene Internetportal (Bild oben) und das riesige Filialnetz vertreibt die chinesische Grossbank die Ricola-Produkte in China. Das soll helfen, Schweizer Qualitätsmarken in der Volksrepublik bekannt zu machen, sagt Gong. Damit ist wohl auch die Hoffnung verbunden, dass der Slogan auf den Bonbonschachteln gelesen wird.

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