Bei der Zwangsübernahme der Credit Suisse durch die UBS wurde die Weko ausgehebelt. Ihre Stellungnahme zum Notfall-Deal ist noch unter Verschluss. Doch aus dem Spiel sind die Wettbewerbshüter damit keineswegs, wie Recherchen von finews.ch zeigen.

Selbst wenn dies damals nur den wenigsten Aussenstehenden dämmerte: Die Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS war bereits an jenem schicksalsschweren 19. März 2023 geritzt, auch aus kartellrechtlicher Sicht.

Gläubigerschutz höher gewichtet

Denn die beim Notfall-Deal federführende Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hatte ihre besondere Zuständigkeit geltend gemacht und das Szepter von der Wettbewerbskommission (Weko) übernommen. Die Finma gewichtete in der Folge den Schutz des CS-Gläubiger höher als die wettbewerbsrechtlichen Aspekte der entstehenden Megabank UBS-CS.

Die Weko reichte zwar ihrerseits im vergangenen Herbst eine Stellungnahme zum Zusammenschluss ein. Diese prüft die Finma seither. Wie die «Sonntags-Zeitung» (Artikel bezahlpflichtig) am vergangenen Wochenende berichtete, soll sich die Veröffentlichung des Papiers nochmals verzögern. Bereits zuvor hatte die UBS mit der Weko ausgemacht, dass Geschäftsgeheimnisse aus der Stellungnahme redigiert werden.

Ein Affront gegenüber der UBS?

Aber auch wenn die Finma grünes Licht gibt für die Veröffentlichung – was nach Informationen von finews.ch schon demnächst geschehen könnte – wird die Weko-Analyse den Zusammenschluss nicht mehr umwerfen. Denn was die Übernahme betrifft, bleibt die Finanzaufsicht für die Anwendung des Kartellgesetzes zuständig.

Ein Sprecher der Finma sagt auf Anfrage zwar, dass eine nachträgliche Prüfung der Auswirkungen auf den Wettbewerb auch nach der erfolgten vorzeitigen Bewilligung des Zusammenschlusses vom 19. März 2023 nicht ausgeschlossen sei. Dass die Behörde aber auf einmal den Wettbewerb höher gewichtet und Teile der CS-Integration rückgängig macht, ist höchst unwahrscheinlich und würde einen groben Verstoss gegen das mit der UBS getroffene Abkommen darstellen.

Künftige Verfahren möglich

Das heisst aber keineswegs, dass die Weko künftig bei der «neuen» UBS nicht mehr durchgreifen kann – selbst wenn die Finma eine marktbeherrschende Stellung der Grossbank zuvor zulässt. «Abgesehen von einer den Wettbewerb beseitigenden Marktstellung im Verfahren der Zusammenschlusskontrolle lässt das Kartellgesetz eine marktbeherrschende Stellung von Unternehmen zu», erklärt dazu Frank Stüssi, der stellvertretende Direktor der Weko, auf Anfrage von finews.ch.

«Wenn sich aber der Verdacht ergibt, dass sich Unternehmen in dieser Position missbräuchlich verhalten, kann die Weko dazu Verfahren lancieren». Das sei auch mit Blick auf das zukünftige Geschäftsgebaren der UBS in der Schweiz gültig, hält der Wettbewerbshüter fest.

Akribische Arbeit

Anders gesagt: wenn die Weko künftig Anlass dazu sieht, den UBS-Bankern auf die Finger zu schauen, wird sie das tun – und bei Verstössen gegen das Kartellrecht auch durchgreifen. Und da der Gläubigerschutz bei Schweizer Geschäftspraktiken der Grossbank wohl keine grosse Rolle mehr spielt, wäre es dann die Finma, die der Weko zusehen müsste.

Dabei ist davon auszugehen, dass die Wettbewerbshüter sehr genau wissen, wo sie hinschauen müssen. Dem Vernehmen nach ist die Weko-Stellungnahme detailliert ausgefallen und listet über mehr als 100 Seiten die verschiedenen Geschäftsbereiche der UBS und ihre relative Marktmacht dort akribisch auf. Solche Mühe, lässt sich folgern, macht sich niemand, der nur fürs Archiv arbeitet.

Schwärzen ist normales Prozedere

Die kolportierten «Schwärzungen», welche die UBS bei der Weko-Stellungnahme verlangt haben soll, werden die Analyse kaum in ihrer Aussagekraft beeinträchtigen. Der stellvertretende Weko-Direktor Stüssi sagt dazu, das Umschreiben oder Einschwärzen von Geschäftsgeheimnissen in Stellungnahmen sei normales Prozedere und geschehe in Zusammenarbeit mit den betroffenen Unternehmen.

Also nichts, was die Wettbewerbshüter bei ihrer Arbeit aus der Bahn werfen würde.

Prüfung geht weiter

Der Finma-Sprecher wollte sich zu einem möglichen künftigen Durchgreifen der Weko bei der neuen UBS nicht äussern. Zur Weko-Stellungnahme, die immer noch bei der Behörde liegt, hielt er fest: «Die Prüfung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb ist noch im Gange. Wir äussern uns nicht dazu, wann die Finma ihren Entscheid fällen wird.»

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