Nach dem Schulterschluss von True Wealth mit der BLKB ist Descartes Finances der letzte unabhängige Robo-Advisor in der Schweiz. Gründer Adriano B. Lucatelli legt gegenüber finews.ch seine Pläne dar.


Herr Lucatelli, der Schweizer Robo-Advisor True Wealth spannt mit der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) zusammen. Damit ist Descartes Finance hierzulande der letzte unabhängige Robo-Advisor. Wie lange noch?

Wir wollen unabhängig bleiben. Die Idee von Descartes Finance – ähnlich wie Uber oder Airbnb –, über eine Plattform den Kunden Anlagestrategien und Depotbanken zu «vermitteln», bedingt Unabhängigkeit. Wir kuratieren unser Angebot, weshalb eine gewisse Distanz vorteilhaft ist.

Zudem gehe ich davon aus, dass bald neue, spannende Robo-Advisors auf den Markt kommen werden. Es ist wichtig, dass sich verschiedene Anbieter etablieren und verankern.

Descartes Finance ist neu am Markt. Wie sieht denn Ihr «Marschplan» aus?

Wir haben in diesem Frühjahr einen «Soft Launch» gemacht und gehen jetzt auf interessierte Gruppen zu. Es sind verschiedene Aktivitäten angedacht, die wir Schritt für Schritt umsetzen werden. Wir haben keinen Kostendruck und werden fokussiert vorgehen.

Ist der Schweizer Markt nicht generell viel zu klein, um als unabhängiges Robo-Advisor-Unternehmen genügend Volumen zu erzielen – der Fall True Wealth hat es ja gezeigt?

Die Zahl der Selbstentscheider in der Schweiz ist sicherlich nicht riesig, der Private-Banking-Markt hingegen schon. Ich denke aber auch ans Vorsorgesparen, das immer wichtiger wird. In diesem Bereich haben wir konkrete Ideen, die wir in naher Zukunft kommunizieren werden.

Was meinen Sie damit genau?

Heutzutage wird dieser Markt hauptsächlich über teure 3a-Säulen-Produkte abgedeckt, und im überobligatorischen Bereich ist die Auswahl mit den Freizügigkeitskonten überschaubar.

Für einen digitalen Anbieter wie Descartes Finance sehe ich ein grosses Potenzial, weil die Gelder sozusagen halb-passiv über mehrere Jahre kosteneffizient angelegt werden können. Dazu braucht es keine physische Infrastruktur. Es braucht intelligente und kostenattraktive Lösungen, und die bieten wir an.

Warum glauben Sie, dass Descartes Finance erfolgreich sein kann.

Ich bin überzeugt, dass wir mit unserem Ansatz eine Marktlücke schliessen. Wir vermitteln den Anlegern einen Zugang zu Strategien, die ihnen sonst verschlossen wären. Je nach Strategie setzen wir auch Einzeltitel ein. Der Kunde erhält also nicht einfach einen vorfabrizierten Strategiefonds ins Depot eingelegt.

Und hinter unserer Firma stehen nicht nur Technologieexperten. Descartes Finance vereint auch viele Jahrzehnte an Finanzmarkt-Erfahrung. Das ist wichtig, um die neuen Kundenbedürfnisse zu erkennen und darauf einzugehen.

Wie sieht Ihr Business-Plan aus?

Wir wollen der führende unabhängige Robo-Advisor der Schweiz sein. Dabei ist unser Plan so kalibriert, dass wir die Skalierbarkeit früh erreicht können.

Wann werden Sie die Gewinnschwelle erreichen?

Als Firma im Privatbesitz geben wir keine Detailauskünfte über unsere Pläne ab.

Wer steht hinter Descartes Finance?

Neben mir als grösster Aktionär sind es Privatpersonen, die ihre «Skin in the Game» haben.

Descartes Finance offeriert eine Auswahl an Anlagestrategien von verschiedenen Firmen, darunter die UBS, iShares von Blackrock, Vontobel, OLZ & Partners oder Lakefield Partners. Sind diese Unternehmen auch an Descartes beteiligt?

Nein, denn wir könnten nicht unabhängig sein, wenn unsere Produktpartner bei uns finanziell engagiert wären. Unser Geschäftsmodell zeigt gerade, dass man auch ohne Finanzbeteiligung mit grossen, etablierten Anbietern erfolgreich kooperieren kann.

Kommen weitere Partnergesellschaften hinzu?

Ich würde mir wünschen, dass noch weitere Top-Vermögensverwalter auf unsere Plattform kommen. Für uns sind alle Anbieter von Evidenz-basierten oder Smart-Beta-Strategien interessant. Wir werden aber nie ein Warenhaus sein, in dem alles erhältlich ist. Wir verstehen uns als Kuratoren ausgewählter Anlagestrategien.

Sie bieten laut eigenen Angaben «wissenschaftlich fundierte Strategien» an. Damit sprechen Sie eindeutig nicht Kleinanleger an. Wer ist Ihre Zielkundschaft?

Wissenschaftlich fundiertes Investieren heisst ja nicht, dass unsere Anleger über ein vertieftes Wissen im Anlagebereich verfügen müssen, oder dass man «smarter» sein muss als der Markt. Wir sprechen Anleger an, die an einer kosteneffizienten, diversifizierten und langfristigen Strategie interessiert sind.

Bei uns sind die Anleger bereits ab 50'000 Franken dabei. Der Grund, dass wir unsere Dienstleistungen nicht schon ab 5'000 oder 10'000 anbieten, hat vor allem damit zu tun, dass sonst eine effiziente Umsetzung der jeweiligen Strategien nicht möglich wäre.

Was sind Ihre nächsten Schritte?

Es ist denkbar, die Plattform auch interessierten Vermögensverwaltern oder Family Offices anzubieten, die ihrerseits ihre Anlagestrategien integrieren können.


Der 50-jährige Adriano B. Lucatelli gründete die in Zug ansässige Firma Descartes Finances 2015 und ist deren CEO. Er studierte Wirtschaftswissenschaften und Internationale Beziehungen an der Universität Nevada (BA) sowie an der London School of Economics (MSc). Seine Berufslaufbahn startete er 1994 bei der Credit Suisse. Zwischen 2002 und 2009 war er bei der UBS Schweiz als Managing Director und Mitglied des Management Committee tätig. Lucatelli ist überdies Dozent an der Universität Zürich und Präsident des Leserrates der «Neuen Zürcher Zeitung».

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