Die Genossenschaftsbank Raiffeisen ist für ihre Bodenständigkeit und als Kreditgeberin bekannt. Der Bitcoin-Boom beschäftigt nun aber auch die Raiffeisen-Anlagestrategen: Ist das Kursziel 1 Million Dollar möglich?

Im gegenwärtigen Hype um Bitcoin ist es derzeit wieder schwieriger geworden, verlässliche Einschätzungen zur Kryptowährung zu erhalten: Ist Bitcoin überhaupt eine Währung? Ist er Wertaufbewahrungsmittel ein Ersatz für Gold? Eine reine Spekulationsblase? Die Zukunft im Zahlungsverkehr? Oder wird Bitcoin von den Regulatoren verboten?

Dem deutschen «Manager Magazin» (Artikel bezahlpflichtig) gelang diesen Mittwoch einem Interview ein kleiner Coup: Mike Novogartz, der frühere Goldmans-Sachs-Banker, sprach in New York ausführlich über den Kryptomarkt und Bitcoin – der sich in einer lang anhaltenden Rallye befinde. Die Verlässlichkeit solcher Aussagen ist ohnehin gering.

Bei Novogartz kommt hinzu, dass er einer der rund drei Dutzend Bitcoin-Milliardäre auf der Welt ist – also aus Eigeninteresse den Bitcoin propagiert.

Wieviel ist Bitcoin wert?

Das kann man von Raiffeisen nicht behaupten. Die Genossenschaftsbank ist, was Anlage- und Börsenthemen betrifft, völlig unverdächtig. Sie fiel bislang auch nicht übermässig als Interessentin am Thema Crypto Finance und Tokenisierung auf, noch als Anwenderin der Blockchain-Technologie.

Anlagestrategen von Raiffeisen haben sich nun aber eingehende mit dem Bitcoin befasst und ein Research-Papier verfasst, das finews.ch exklusiv vorliegt. Das Papier ist mit «Spurensuche» betitelt und widmet sich neben der Geschichte des Bitcoin auch den Fragen, ob dieser eine Währung oder das neue Gold sei.

Zentrale Frage im Research-Paper ist aber diese: Wieviel ist Bitcoin überhaupt wert? Und kann er den Wert von 1 Million Dollar erreichen – oder geht Bitcoin in Schall und Rauch unter?

Und wieder: Die Warnung vor dem Totalverlust

Den zweiten Teil der letzten Frage beantwortet Raiffiesen nur indirekt. Der Bitcoin fasziniert, lautet das Fazit. Aber es blieben zu viele Fragen offen. Wer an Bitcoin und andere Kryptowährungen glaube und von deren Potenzial überzeugt sei, könne die Wette auf weiter steigende Kurse eingehen. Schlimmstenfalls drohe ein Totalverlust.

Damit stimmt Raiffeisen in den Kanon der meisten Schweizer Banken ein, die Bitcoin wegen seiner Volatilität und den Schwierigkeiten, einen objektiven Wert zu bestimmen, als Anlageinstrument ablehnen.

Volatilität oder exponentieller Anstieg

Interessant an dieser ständig wiederholten Aussage zur Volatilität ist, dass der Kursverlauf des Bitcoin mit einem längeren Anlagehorizont eigentlich wenig Kursschwankungen aufzeigt. Vielmehr ist der Kursanstieg exponentiell.

Auch Raiffeisen hat dies berechnet: Seit mit Bitcoin im Jahr 2009 gehandelt wird und dem jüngsten Rekordkurs von über 60'000 Dollar hat die Kryptowährung eine Kurssteigerung von 100'000'000 Prozent erfahren!

Problem: Prognosen sind von Euphorie getrieben

Und nun also die Frage: Steigt Bitcoin auch auf 1 Million Dollar? Die Prognose stammt von Wences Casares, dem Gründer von Xapo, einem Kryptowährungs-Dienstleister mit Schweizer Standbein. Raiffeisen schreibt richtigerweise, dass Casares bereits einige Trends richtig voraus gesehen hat: Er hatte in Argentinien den ersten Internet-Service-Anbieter gegründet, ein Online-Portal für Finanzdienstleistungen und einen Videospiele-Entwickler.

Aber, auch das stellt Raiffeisen fest, Casares ist nicht unabhängig. Seine Einschätzung sei von Euphorie und Aufbruchstimmung getrieben.

Ein Wert: Unabhängigkeit von Zentralbanken

Die Raiffeisen-Anlagestrategen machen nicht selber den Versuch, den «wahren» Wert des Bitcoin zu bestimmen. Sie gehen mit vielen Kritikern zwar einig, dass Bitcoin ein innerer oder intrinsischer Wert zu fehlen scheint, «wertlos ist er deswegen nicht», halten sie dann aber fest. Das Vertrauen, das Bitcoin aufgebaut hat, auch der Netzwerkgedanken und die Unabhängigkeit von den Zentralbanken hätten durchaus einen Wert, so Raiffeisen.

Die Anlagestrategen urteilen relativ konservativ darüber, ob Bitcoin eine Währung sei: Streng genommen nicht, da er als Zahlungsmittel (noch) kaum eingesetzt werde und als Wertaufbewahrungsmittel nur bedingt tauge und noch weniger als Wertmassstab.

Den Vergleich mit Gold hält Raiffeisen auch nur bedingt für zulässig. Gold habe einen physischen Realwert, fände Verwendungszwecke in der Industrie und geniesse seit Jahrhunderten das Vertrauen, dass es einen Wert habe.

Anlageklasse: Contras überwiegen die Pros

Betont nüchtern und sachlich bleibt Raiffeisen in der Beurteilung von Bitcoin als Anlageklasse. Die starke Kursentwicklung in der Vergangenheit spricht dafür. Die hohen Kursschwankungen, Raiffeisen zieht den Kursabsturz von Anfang 2018 von 20'000 auf 3'000 Dollar heran, sprächen dagegen. Die auf lange Frist sehr geringe Korrelation mit anderen Vermögensklassen spräche dafür. Jüngere Preisstürze von 50 Prozent im März vergangenen Jahres wiederum dagegen.

Eine klare Empfehlung unterlässt Raiffeisen. Rückblickend wäre Bitcoin eine Wette wert gewesen, schreiben die Anlagestrategen. Und er könne es in einem vernünftigen Ausmass immer noch sein. Die Fortsetzung des positiven Trends in diesem Ausmass sei aber unwahrscheinlich. An einen Bitcoin, der 1 Million Dollar wert sein wird, glaubt Raiffeisen demnach nicht.

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