Für Reddit-Mitbegründer Alexis Ohanian ist die Schnittmenge von Kultur und Finanzen die aktuell faszinierendste Entwicklung im Internet. Da sei eine beispiellose Liberalisierung von Eigentum und Wert für Künstler in Gange, erklärte er an einer Konferenz, an der auch finews.ch zugegen war.

Laut Alexis Ohanian, Mitbegründer von Reddit, ist das Aufkommen von Finanztechnologien zur Unterstützung des Kunstmarktes – wie etwa Non-fungible token (NFT) – die interessanteste Entwicklung der letzten Zeit im Internet. Dies, da sie eine gerechtere Entlöhnung für Künstler ermögliche. Vom Sekundärmarkt, auf dem die echte Wertschöpfung im Kunst-Business stattfindet, waren diese bisher ausgeschlossen.

«Was mich im vergangenen Jahr wirklich bewegt hat, ist die Schnittmenge zwischen Kultur und Finanzen», sagte Ohanian, als er diese Woche auf der Credit Suisse (CS) Asian Investment Conference 2022 über das Web 3.0 sprach. Der Social-News-Dienst Reddit ist spätestens seit dem Vormarch von Reddit-Gruppen an den Börsen auch im Finanzwesen ein Begriff.

«Jedes Mal, wenn ein Künstler sieht, dass ein Werk zu einem noch höheren Preis verkauft wird, freut er sich, weil er einen Anteil erhält. Und warum sollte er das cht tun? Warum sollte dieser Wert all die Jahre von Mittelsmännern erbeutet werden, anstatt von den Menschen, die es eigentlich geschaffen haben?»

Endlich faire Verhältnisse

Anstatt sich auf Plattformen mit geschlossenen, zentralisierten Betriebsmodellen zu verlassen – seien es grosse Auktionshäuser oder etablierte Tech-Giganten – glaubt Ohanian, dass die Zukunft des Internets auf Plattformen beruhen wird, die offener sind. Damit würden Werte «fairer dort zuordnen, wo sie geschaffen werden.» Wobei Schöpfer, frühe Anwender und Unterstützer der «Community» gleichermassen belohnt würden.

«Eine Top-Influencerin auf Instagram bietet Meta so viel Wert, viel mehr als sie jemals von Instagram erhalten wird. Sie bekommt keinen Gehaltsscheck von Instagram. Sie erhält keine Facebook-Aktien», erklärt er. «Warum sollte man eendlos Inhalte auf einer Plattform erstellen, für die man nicht bezahlt wird?»

Die Entscheidung nicht dem Algorithmus überlassen

Neben der Liberalisierung des Online-Eigentums unterstrich Ohanian auch das Potenzial des Web 3.0, den Wert digitaler Vermögenswerte oder Inhalte zu liberalisieren.

Unter dem derzeitigen Modell wird der Wert oft nicht frei entdeckt, weil die Internet-Nutzer meist an grosse, zentralisierte Plattformen gewöhnt sind. Aber in einer «entgrenzten» Zukunft, so Ohanian, seien die Schöpfer von Inhalten dazu gezwingen, sich die Aufmerksamkeit jeder einzelnen Person zu verdienen.

«Das ist der Nachteil einer zentralisierten Startseite», erklärte Ohanian, der auch Investor und Gründer der Risikokapitalf-Firma Seven Seven Six ist. «Letztlich entscheidet der Algorithmus eines Unternehmens, was die Nachrichten des Tages sind.»

Gucci-Tasche – nur für das Internet

An die Adresse derjenigen, die immer noch am massenhaften Übergang zu einer virtuellen Welt zweifeln, stellte Ohanian fest, dass diese neue Realität bereits näher ist, als die meisten denken.

So trage der Durchschnittsmensch eine Gucci-Tasche oder eine Louis-Vuitton-Jacke, um ein Foto zu machen und es im Internet zu posten. Dies für alle anderen, die diese Tasche oder diese Jacke nie im wirklichen Leben sehen werden.

«Viele Menschen leben bereits im Metaversum, weil sie Vermögenswerte kaufen, die sie besitzen, um sie digital zu manifestieren. Um sie nur digital zu zeigen, um sie digital zur Schau zu stellen», weiss der Reddit-Gründer. «Unterbewusst oder nicht, das ist es, was sie zu erreichen versuchen, und das ist genauso wichtig.»


Alexis Ohanian ist der Gründer von Seven Seven Six, einer Risikokapital-Gesellschaft, die wie ein Technologie-Unternehmen aufgebaut ist und ein Vermögen von über 750 Millionen Dollar verwaltet. Er ist Mitbegründer und ehemaliger Executive Chairman von Reddit, einer der grössten Websites in den USA, und er hat den Bestseller «Without Their Permission: How the 21st Century Will Be Made, Not Managed» (2013) geschrieben.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.79%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.07%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    8.96%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.55%
pixel