Der hohe Bestand an Fremdwährungen hat der Nationalbank einen riesigen Bewertungverlust eingebrockt. Jetzt heisst es Kurs halten und die Unabhängigkeit verteidigen, findet finews.ch. Denn damit verschaffen sich die Notenbanker dringend nötigen Spielraum.

Bei den Finanzdirektorinnen und -direktoren der Kantone dürften sich am Freitag Vormittag Perlen von Angstschweiss auf der Stirn gebildet haben. Denn eines ist klar: Wenn die Märkte dieses Jahr nicht um 180 Grad drehen und die Buchverluste zurückzahlen, dann wird der Millionen-Segen aus den Notenbankgewinnen dieses Mal wohl ausbleiben.

Die jährlichen Ausschüttungen aus den Gewinnen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind eine wichtige Einnahmequelle für den Bund und die Kantone. Ende 2021 hatte die SNB noch den Maximalbetrag von 6 Milliarden Franken ausgeschüttet. Das bedeutete im Fall des Kantons Zürich beispielsweise 475 Millionen Franken.

Ausschüttung zumindest fraglich

Doch mit dem Halbjahresverlust der SNB von 95,2 Milliarden Franken sind die Chancen darauf deutlich gesunken, das sehen etwa auch die Ökonomen der grössten Schweizer Bank UBS so. Auch wenn die Experten mit einer Markterholung im zweiten Semester rechnen, so dürfte aus der Perspektive einer vorsichtigen Fiskalpolitik die SNB-Ausschüttung im nächsten Jahr «nicht als gesetzt angesehen werden», heisst es in einem Kommentar.

Rund 960 Milliarden Franken an Devisenanlagen hatte die SNB Ende Mai in den Büchern, drei Viertel davon in Anleihen, ein Viertel in Aktien. Jede Kurs- und Währungsveränderung bedeutet Verlust oder Gewinn. In den letzten Jahren hiess es meistens Gewinn. Nur 2013, 2015 und 2018 wurde während der vergangenen zehn Jahre ein Minus verbucht.

Inflation etwas entgegensetzen

Auf den Aktienkurs von Microsoft, Apple oder Amazon hat SNB-Präsident Thomas Jordan (Bild unten) mit seinen Massnahmen keinen Einfluss, auf den Aussenwert des Franken schon. Mit Blick auf die Halbjahresbilanz erscheint damit die Zinsentscheidung vom Juni mit der unerwarteten und deutlichen Anhebung des Leitzinses um 50 Basispunkte nochmal in einem neuen Licht.

Mit Blick auf die Devisenanlagen der SNB war die damit einhergehende Stärkung des Franken sicher nicht im Eigeninteresse. Der Schritt sollte vielmehr signalisieren, dass die Notenbank ihre Aufgaben wahrnimmt und der auch hierzulande steigenden Inflation energisch entgegentritt.

snb jordan

(Bild: SNB)

Von den Experten wurde argumentiert, dass der Schritt dadurch möglich wurde, dass die nun im Juli erfolgte Anhebung der Europäischen Zentralbank (EZB) bereits eingepreist gewesen sei. Da auch Christine Lagarde und ihre Kollegen im EZB-Rat einen grösseren Schritt als zunächt angekündigt gemacht haben, ergibt sich damit für die Schweizer Währungshüter mehr Raum, um zum manövrieren.

Franken-Stärke trifft Euro-Schwäche

Die Währungen haben sich seit Anfang Jahr zum Franken deutlich unterschiedlich bewegt. Die Straffungspolitik der US-Notenbank Fed hat den Dollar gestärkt. Der «Greenback» liegt nun rund 4,8 Prozent höher als Ende 2021.

Der Ukraine-Krieg hat den Franken zum Euro und vielen anderen Währungen als sicheren Hafen attraktiver gemacht und so gleichzeitig einen Teil der importierten Inflation hierzulande abgemildert. Gleichzeitig ist der Euro mit drohender Gas-Krise, Konjunkturschwäche und Finanzierungssorgen um Italien und andere hoch verschuldete Länder deutlich stärker unter Druck geraten. Hier beträgt das bisherige Minus seit Anfang Jahr rund 6 Prozent.

Einen Anteil an der stärkeren Euro-Abwertung zum Franken hatte der SNB-Zinsschritt aber wohl doch. Ende vergangenen Juni sank er im Nachgang unter die Parität, aktuell liegt der Euro nur noch bei rund 0.975 Franken.

Beweglich bleiben

Und laut der Meinung der meisten Volkswirte wird die SNB an ihrer Sitzung im September die Zinsen erneut anheben. Wie stark der Zinsschritt ausfällt, wird von der Inflations-und Konjunkturentwicklung abhängen. Dass die SNB dabei nicht wie das Fed oder die EZB die Märkte mit Andeutungen, Ankündigungen und Kommentaren auf ihre Massnahmen einstimmt, ist nur konsequent.

Damit bleibt man auch von zuvor selbst angekündigten Ziel-Pfaden unabhängig. Das hat den Vorteil, dass man bei einer sich ändernden Lage schneller handeln kann. Und Schnelligkeit und Unabhängigkeit können in Krisenzeiten nur von Vorteil sein.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.34%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.77%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.88%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.35%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.66%
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