Es ist zwar noch nicht ganz so weit, aber der Anfang vom Ende hat begonnen: Am 2. Oktober 2019 wird der €STR lanciert, der letzte der kritischen risikolosen Zinssätze, der die entsprechenden Libor-Sätze ersetzt.

Von Roman Aschwanden, Principal bei Alpha FMC

Unter den neuen Rahmenbedingungen transformiert sich der bisherige Euro Over Night Index Average (EONIA) in einen «Feeder» in den €STR – auf der Grundlage von €STR plus einem fixen Aufschlag.

Die Änderung wird gewährleisten, dass die EONIA OIS Handelsvolumen schnell in €STR verschoben werden. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer robusten Zinsterminstruktur. Bis dahin werden Terminsätze nur durch Verzinsung der risikolosen Overnight Sätze repliziert werden können.

Grosse Veränderungen

Auf den ersten Blick mögen diese Änderungen nicht dramatisch erscheinen. Allerdings werden sich damit einige Dinge für die Marktteilnehmer ändern, welche berücksichtigt werden sollten. Während am 1. Oktober 2019 weder EONIA noch €STR publiziert werden, erfolgt am 2. Oktober die Publikation von zwei neuen Sätzen basierend auf den Handelsvolumen des Vortages: €STR um 08:00 CET und der neue EONIA Satz (€STR + 8.5 Basispunkte Aufschlag) um 09:15 CET.

Als Folge werden die Marktteilnehmer die betroffenen Transaktionen und Systeme im Hinblick auf die Umstellung der Publikation der Sätze von T auf T+1 beurteilen müssen. Für gewisse Produkte wird der Settlement Zyklus (etwa für Derivate und Geldmarkttransaktionen von T+1 auf T+2) angepasst werden müssen.

Wichtige Anpassungen

Auch für Anlagefonds kann der NAV Bewertungsprozess für relevante Instrumente betroffen sein. Die Berechnungsmethode von Performancegebühren für betroffene Instrumente erfordert ebenfalls eine Anpassung. Zinskurvenmodelle werden die verschiedenen Sätze (EONIA vor Umstellung, €STR and €STR + 8.5 Basispunkte) berücksichtigen müssen.

Sofern die Asset Manager ihre Hausaufgaben gemacht haben, werden diese und weitere Änderungen, welche mit dem Übergang vom LIBOR zu risikolosen Sätzen erfolgen, weder zu Unterbrüchen in den Systemen und Prozessen noch zu Überraschungen für die Investoren führen. Sollten die Asset Manager allerdings nicht gerüstet sein, werden sie über die Zeit der Umstellung bis Ende 2021 mit immer häufigeren Problemen konfrontiert werden.

Mit der Entwicklung Schritt halten

Wir erwarten, dass die Asset Manager bis Ende dieses Jahres auf Basis einer soliden Projektorganisation eine vollständige Analyse der ökonomischen und funktionalen Auswirkungen und Risiken abgeschlossen haben. Um mit der Entwicklung Schritt zu halten, raten wir Asset Managern, die wachsende Markliquidität und die Entwicklung der Marktusanzen eng zu verfolgen sowie ein wachsames Auge auf den Fortschritt der Marktinfrastruktur zu werfen. Ferner erwarten wir, dass die Asset Manager ihre Umsetzungspläne auch bis Ende 2019 festgelegt haben.

Im Jahr 2020 wird der Fokus dann auf der Organisation der Umsetzung liegen. Verträge werden geändert oder neu erstellt werden müssen und es sind operationelle Anpassungen und Änderungen an den jeweiligen Produkten vorzunehmen.

Verbleibende Massnahmen

Schliesslich sollten die Asset Manager auch mit der Migration der betroffenen Positionen beginnen, sofern dies nicht bereits eingeleitet wurde. Im Jahr 2021 werden dann die verbleibenden Massnahmen umgesetzt werden müssen, um grössere Umtriebe und Kosten zu verhindern (etwa System-, Bewertungs- und Liquiditätsprobleme sowie mögliche Wertverschiebungen in Libor basierten Instrumenten zwischen den Vertragsparteien).

Die Auswirkungen auf Funktionen, Systeme und Prozesse mögen nicht fundamental sein, allerdings verlangen die Vielzahl der Bereiche, welche betroffen sind, ein solides Projektmanagement und effiziente Überwachung. Viele der erforderlichen Änderungen finden ausserhalb des angestammten Bereichs oder in ausgelagerten Funktionen statt. Beispiele hierfür sind die Berechnungen der Zinskurven in externen Risikosystemen oder Datenreihen des neuen Zinseszinsregimes.

Noch offene Fragen

Noch sind nicht alle Bestandteile für eine erfolgreiche Umstellung, wie die Terminsätze, vorhanden. Entsprechend haben die Arbeitsgruppen der verschiedenen Nationalbanken die Verzinsung der risikolosen Sätze propagiert.

Auch wenn sich klare Marktusanzen noch herausbilden müssen sowie einige technische Fragen noch offen sind, sollten Asset Manager nicht zuwarten und die Umstellung proaktiv und strukturiert angehen. Dies gewährleistet einen sauberen Übergang des Regimewechsels für sich selbst und die betroffenen Investoren.