Keine Lust? Wie CEOs sich mit KI anfreunden können

Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant zum strategischen Gamechanger. Doch viele CEOs zögern. «KI ist Chefsache, auch wenn’s unbequem wird», sagt Brigitte Kaps, Beraterin von Spitzen-Führungskräften, und zeigt in ihrem Beitrag für finews.first auf, wie der Spagat klappen kann. 


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Als CEO stehen Sie unter ständigem Anpassungsdruck: Demografischer Wandel, geopolitische Unsicherheiten, ESG-Themen – und jetzt auch noch KI. Ein weiteres komplexes Feld, das verstanden und in die Organisation getragen werden muss – trotz übervoller Agenden. 

Laut einer aktuellen Umfrage unter Grossunternehmen stieg der Anteil der Investoren, die KI-Initiativen aktiv fordern, von 68 auf 90 Prozent. Der Handlungsdruck wächst. Doch nicht jede Führungskraft kann sich für das Thema erwärmen. Unsicherheit, Skepsis oder ein Gefühl mangelnder Reife sind weitverbreitet. Die Sorge: Ohne KI droht der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig fehlt oft die Dringlichkeit, konkrete Schritte einzuleiten.

Dieses Dilemma ist real:

  • Man erkennt die strategische Bedeutung von KI, sieht aber keinen unmittelbaren Nutzen.
  • Man ahnt Widerstände in der Organisation, scheut den Aufwand.
  • Man erkennt Risiken, aber die Chancen bleiben diffus.

Doch Wegsehen ist keine Option mehr. Die Dynamik der KI-Entwicklung verändert Geschäftsmodelle – bei Kunden, Wettbewerbern, Lieferanten. Wer nicht gestaltet, wird gestaltet.

Technologie ist Chefsache – auch ohne Tech-Background

Viele CEOs sind keine Technologen. Ihr Fokus liegt auf Strategie, Kultur, Finanzen – nicht auf Algorithmen. 

«Gefragt ist nicht technische Tiefe, sondern die Fähigkeit, Potenziale unternehmerisch zu übersetzen.» 

Eine Cisco-Studie zeigt: 97 Prozent der CEOs planen KI-Projekte, aber nur 1,7 Prozent fühlen sich vorbereitet. Rund 70 Prozent fürchten Nachteile durch fehlendes technisches Know-how oder Infrastruktur.

KI ist kein isoliertes IT-Tool, sondern ein Katalysator für Wertschöpfung. Wer wartet, bis der «richtige» Zeitpunkt kommt, gibt Gestaltungsspielräume ab. 

Persönliche Hürden adressieren 

Falls KI bei Ihnen eher Blockade als Antrieb auslöst, hilft Reflexion:

  • Ist es der Faktor Zeit? Delegieren Sie, finden Sie Sparringspartner im Management.
  • Fehlt technisches Wissen? Ihr Job ist Einordnung und Entscheidungsfähigkeit, nicht Detailwissen.
  • Besteht Skepsis am Mehrwert? Beginnen Sie mit einem pragmatischen Pilotprojekt mit messbarem Nutzen.

Leadership schlägt Technologieverständnis. Gefragt ist nicht technische Tiefe, sondern die Fähigkeit, Potenziale unternehmerisch zu übersetzen.

Vom Widerstand zur Gestaltung

Unangenehme Themen schiebt man gerne auf. Doch wie beim Zahnarzt: Es wird nicht besser durch Warten. 

Der Fokus sollte nicht auf der Technologie, sondern auf dem Business-Nutzen liegen. Was bringt KI Ihrer Organisation konkret? Was steht auf dem Spiel, wenn Sie abwarten?

«Man kann das Thema KI ausklammern. Wettbewerber, Kunden und Lieferanten werden es nicht tun.»

Starten Sie klein: mit einem Projekt, das echten Mehrwert stiftet – etwa durch Workflow-Automatisierung oder Mitarbeiterentlastung. Zeigen Sie Führungsverantwortung, setzen Sie ein Signal.

Zentral ist ein «KI-Übersetzer» an Ihrer Seite – jemand, der technologische Möglichkeiten in ihre Logik überträgt, etwa ein Chief Transformation Officer oder externer Berater. 

Transformation braucht Vertrauen

Veränderungen lösen Unsicherheit aus. Wer KI nur als Effizienztreiber oder Kostensenker verkauft, schafft Widerstände. Verankern Sie das Thema stattdessen in Ihrem Purpose – etwa durch Entlastung von Routinen, Freiräume für Kreativität, bessere Entscheidungsgrundlagen.

«Die wahre Gefahr liegt nicht in der Technologie – sondern im Zögern.» 

Erklären Sie, wie KI bereichern statt ersetzen kann. Das schafft Akzeptanz, stärkt den Wandel und zeigt Perspektiven auf. Technologie-Storytelling allein genügt nicht – gefragt ist Haltung.

Man kann das Thema KI ausklammern. Doch Wettbewerber, Kunden und Lieferanten werden es nicht tun. Wer zögert, verliert schleichend an Relevanz. 

Was jetzt zählt 

Als CEO müssen Sie kein Technikexperte sein. Aber Sie müssen Orientierung geben: Wofür soll KI stehen? Welche strategischen Ziele unterstützt sie? Ihre Aufgabe: den Rahmen setzen, Ressourcen mobilisieren – und pragmatisch starten.

Sie müssen KI nicht lieben. Aber Sie tragen Verantwortung für Zukunftsfähigkeit. Der erste Schritt ist mental: Akzeptieren, dass KI nicht optional ist. Dann fragen Sie sich: Was ist der kleinste, sinnvollste nächste Schritt?

Die wahre Gefahr liegt nicht in der Technologie – sondern im Zögern. Fassen Sie Mut. Gestalten Sie den Wandel.


Brigitte Kaps ist Gründerin und CEO von KAPS Advisory. Sie berät CEOs und Managementteams in Change- und Transformationsthemen. Zuvor war sie in leitenden Funktionen bei ABN Amro, GE, RBS und der Cembra Money Bank tätig.