Der Banker, der für die Street Parade seinen Job aufgab

Von 2000 bis 2006 war er Präsident des Vereins Street Parade und bis heute brennt in ihm eine Flamme für das Eventbusiness: Wenn Michel Loris-Melikoff über seine Zeit bei der Street Parade spricht, gerät er ins Schwärmen: «Ich erinnere mich gut an das Jahr 2001, als der gefeierte britische DJ Carl Cox zum ersten Mal in Zürich auftrat. Dass er gekommen ist, hat viele andere bekannte DJs inspiriert, es ihm gleichzutun. Damals wurde uns bewusst, dass die Street Parade etwas ganz Besonderes ist.»

Es seien genau die Momente, welche die Essenz des Eventgeschäfts ausmachen. Denn es wird ein Raum für Emotionen und Erinnerungen geschaffen, die im Gedächtnis bleiben.

Die Verantwortung hinter der Ekstase

Damit so ein Grossanlass wie die Street Parade reibungslos über die Bühne gehen kann, müssen schon die kleinsten Details berücksichtigt werden. Nach 9/11 stellte sich die Frage, ob Veranstaltungen in dem grossen Rahmen überhaupt noch möglich sind. Die Sicherheitsvorschriften wurden deutlich strenger und die Angst war allgegenwärtig. Die Street Parade konnte weiterhin stattfinden, aber mit engmaschigeren Sicherheitsvorkehrungen, wie etwa mit mehr Polizeieinsatz. «Die Sicherheit der Besucher muss immer an erster Stelle stehen, besonders, wenn sich über eine Million Menschen auf so engem Raum versammeln», betont Loris-Melikoff.

Zu seiner Amtszeit kam es glücklicherweise nie zu einem tödlichen Vorfall entlang der Umzugsroute, was grösstenteils der sorgfältigen Vorbereitung zu verdanken ist: «Die Details sind entscheidend. Wenn zum Beispiel ein Fluchtweg blockiert ist, kann dies fatale Folgen haben.»


Michel Loris-Melikhoff war von 2000-2006 Vereinspräsident der Street Parade in Zürich. (Bild: zVg)

Techno für die Seele

Die Street Parade bleibt weiterhin eine bedeutende Plattform für elektronische Musik. Weltweit gibt es keine vergleichbare Parade mehr. «Dass Zürich es Jahr für Jahr schafft, über eine Million Leute ans Seeufer zu bringen, ist schlichtweg beeindruckend», so Loris-Melikoff. Auch wenn manche Stimmen beklagen, dass der Sound in den letzten Jahren kommerzieller geworden sei, bleibe das Ziel das dasselbe.

Menschen kommen, um gemeinsam zu tanzen. Er findet, dass Tanzen für jeden etwas sehr Individuelles und Persönliches ist: «Beim Techno kann man nichts falsch machen. Der Rhythmus trägt einen, und man bewegt sich automatisch so, wie man sich gerade fühlt. Das hat etwas unglaublich Befreiendes», sagt der heutige CEO mit einem Lächeln im Gesicht. «Ich selbst höre für mein Leben gern Techno. Vor allem auf langen Autofahrten.» 

Von den Zahlen zum Rauschen in der Menge

Heute ist Michel Loris-Melikoff Geschäftsführer des Zürcher Kongresshauses. Sein beruflicher Weg führte ihn von der Finanzwelt über die Street Parade bis hin zur Gastronomie. Die ersten Jahre seiner Karriere verbrachte er in der Bankenbranche, wo er bis Mitte der 1990er Jahre als Anlageberater Assistent im Private Banking tätig war. «Das war eine spannende Zeit, aber nach und nach fehlte mir die kreative Komponente. Ich wollte etwas Sichtbares und Spürbares erschaffen, nicht bloss Performancezahlen interpretieren.»

Liebe zum Detail und Passion in drei Welten

Er ergänzt: «Die Erfahrung im Banking war sehr lehrreich. Dennoch bin ich froh, den Absprung gemacht zu haben.» Im Private Banking habe er gelernt, Risiken zu erkennen, Zusammenhänge zu analysieren sowie unternehmerisch zu denken. Alles Fähigkeiten, die ihm auch in seiner jetzigen Rolle zugutekommen. «Ob es sich nun um ein neues Finanzprodukt auf dem Markt handelt oder um ein temporäres Gastronomiekonzept wie etwa unser aktuelles Pop-up Palm 3 auf der Terrasse: Man muss den Markt verstehen, Gelegenheiten erkennen und fundierte Entscheidungen treffen.»

Es sei letztlich die Liebe zum Detail, das Verantwortungsgefühl und die innere Überzeugung, die alle drei Welten miteinander verbinden. Leidenschaft sei dabei auch nicht wegzudenken. Man sollte nicht länger einem Beruf nachgehen, wenn er keine Freude bereitet.

Aussenansicht kongresshaus richtig
Aussenansicht des Zürcher Kongresshauses (Bild: zVg)

Seine Vision: Bass im Kongresshaus

Michel Loris-Melikoffs Vision ist es, das Kongresshaus Zürich nicht nur wirtschaftlich erfolgreich zu positionieren, sondern es auch als kulturelle Plattform weiterzuentwickeln. «Ich möchte künftig mehr Konzerte veranstalten, die auch für das breite Zürcher Publikum attraktiv sind.»

Und wenn die finanziellen Ziele erreicht werden, hegt er auch einen ganz persönlichen Wunsch: «Eine Technoparty zu veranstalten, wie es sie schon in den 1990er Jahren im Kongresshaus gab, wäre grossartig.»

Bleibende Bilder

Am Ende bleibt für ihn vor allem eines: Die Kraft des Erlebten. «Was dir niemand nehmen kann, sind deine Erinnerungen. Die bleiben im Gedächtnis.» Wenn er heute auf die Street Parade zurückblickt, denkt er an die tanzenden Massen auf der Gessnerbrücke, an die vibrierenden Beats und das friedliche Miteinander.

Diese Bilder hätten sich tief ins Gedächtnis eingebrannt und Zürich dürfe stolz sein, ein solches Ereignis hervorgebracht zu haben.