Kurzläufer-Anleihen in Europa: Divergenzen nutzen

Von Daniel Siluk, Head of Global Short Duration & Liquidity bei Janus Henderson Investors

  • Wie der Lockerungskurs der Bank of England zeigt, der hinter dem der Europäischen Zentralbank zurückbleibt, ermöglichen die europäischen Anleihenmärkte den Anlegern, die Duration an lokale Bedingungen wie Inflation und politische Erwartungen anzupassen.
  • Da die Inflation in bestimmten Ländern nach wie vor hoch ist und die endgültigen Auswirkungen der US-Einfuhrzölle auf Preise und Wirtschaftswachstum unbekannt sind, sollten Anleger unserer Ansicht nach die attraktiven Renditen am vorderen Ende der Staatsanleihenkurven nutzen.
  • Die Emission europäischer Unternehmensanleihen verdeutlicht den globalen Charakter dieser Anlageklasse und bietet lokalen und internationalen Anlegern die Möglichkeit, attraktive Relative-Value-Chancen zu erschliessen.

Über die aktuelle Lage der Weltwirtschaft und damit auch über die Gesundheit des Unternehmenssektors bestehen unterschiedliche Ansichten. Ist die Inflation besiegt? Verlängert sich der Zyklus? Oder sind die Folgewirkungen der Zölle noch nicht spürbar, sodass sich am Horizont ein Abschwung abzeichnen könnte?

Dass eine so grosse Bandbreite an Szenarien plausibel erscheint, deutet darauf hin, dass die Zeit, in der sich Anleger nur noch eine Frage stellen konnten, vorbei ist. Unserer Ansicht nach sollten Anleiheninvestoren ein breites Spektrum wirtschaftlicher Entwicklungen als willkommene Entwicklung betrachten.

Beginnend mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und während des Inflationsschubs bewegten sich viele grosse Volkswirtschaften – und damit auch die politischen Reaktionen – im Gleichschritt.

Diese synchrone Entwicklung ist inzwischen vorbei. Stattdessen ist der Status quo zurückgekehrt, bei dem die Zentralbanken ihre Geldpolitik an die örtlichen Gegebenheiten anpassen. Diese anhaltende Verschiebung dürfte sich für Anleiheninvestoren als förderlich erweisen, da die unterschiedlichen Laufzeiten und die Creditkomponenten der Anlageklasse einem Portfolio in deutlich unterschiedlichen Phasen des Konjunkturzyklus Mehrrenditen ermöglichen.

Eigenständige Geldpolitik in Grossbritannien und im Euroraum

Angesichts der unzähligen Unsicherheiten, die die Weltwirtschaft bedrohen, sollten Anleger unserer Ansicht nach der Diversifizierung Priorität einräumen. Anstatt einfach die Anleihengewichtung in Portfolios zu erhöhen, um sich vor von Natur aus schwankungsanfälligeren Assets zu schützen, können Anleger auch versuchen, die Diversifizierung innerhalb des Anleihenteils zu optimieren.

Im Gegensatz zu den letzten fünf Jahren ist das aktuelle Umfeld reif dafür, dass sowohl Durations- als auch Credit-Engagements unkorrelierte Renditen erzielen können, je nachdem, in welcher Phase des Konjunktur- und Geldzyklus sie eingesetzt werden.

Beweise für diese Divergenz lassen sich finden, ohne dass man über die Grenzen Europas hinausgehen müsste. Angesichts einer sich abkühlenden Konjunktur und dem Nachlassen der Konjunkturimpulse aus der Pandemie-Ära leitete die Europäische Zentralbank (EZB) Mitte 2024 Zinssenkungen ein.

Für Anleger, die ihre Duration innerhalb der Eurozone verlängerten, führte die anschliessende Reduzierung um 235 Basispunkte (Bp) zu deutlichen Wertsteigerungen bei kurz- bis mittelfristigen Anleihen dar, deren Renditen sich als weitgehend unkorreliert mit globalen Aktien erwiesen.

Angesichts der anhaltend erhöhten Inflation, die vor kurzem wieder auf 4,0 Prozent gestiegen ist, war die Bank of England (BOE) bei der Senkung der Zinsen dagegen zurückhaltender. Dies ändert sich langsam, da der Leitzins nun um 125 Bp. auf 4,00 Prozent gesenkt wurde.

Ihre jüngste Entscheidung dürfte ihr nicht leichtgefallen sein: Obwohl der Anstieg der Verbraucherpreise weiterhin deutlich über dem von der Bank of England bevorzugten Niveau lag, war die Zentralbank wahrscheinlich durch einen unangenehmen Anstieg der Arbeitslosigkeit beunruhigt.


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