Das liest die Finanzprominenz diesen Sommer am liebsten
Nathalie Bourquenoud, Mitglied des Verwaltungsrats der Vaudoise Versicherungen
«Nudge: Improving Decisions About Health, Wealth, and Happiness»von Richard H. Thaler und Cass Sunstein untersucht, wie kleine Systemanpassungen den Menschen helfen können, bessere Entscheidungen zu treffen. Das zentrale Konzept des Buches ist der "Nudge" (Anstoss), der Erkenntnisse aus der Verhaltenspsychologie nutzt, um Entscheidungen der Menschen zu lenken, ohne ihre Entscheidungsfreiheit einzuschränken. Die Autoren zeigen, wie Nudges in verschiedenen Bereichen wie Gesundheit, Finanzen und Politik angewendet werden können, um das individuelle und kollektive Wohlbefinden zu verbessern.
Für mich ist die «Nudge»-Theorie eine echte Entdeckung und ein Mittel, um Transformationen und Change-Programme in Organisationen erfolgreich umzusetzen. Das Buch geht davon aus, dass nicht die Mitarbeitenden selbst verändert werden müssen, sondern das System. Indem man als Unternehmen gezielt Nudges platziert, unterstützt man die Manager und Mitarbeitenden in ihrer Entscheidungsfindung.
Dadurch schafft man eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und des Wohlbefindens. Das führt wiederum zu einer höheren Mitarbeiterbindung und einer besseren Arbeitsatmosphäre. In «Nudge» wird auch die Bedeutung der datenbasierten Entscheidungsfindung betont, um die Effizienz in Unternehmen zu erhöhen.
Daniel F. Lauber, CERVO Mountain Resort Zermatt
Eine stille, bewegende Geschichte von zwei älteren Menschen in Colorado über Liebe und den Mut zur Nähe, trotz gesellschaftlicher Konventionen. Mit leiser Sprache und grosser Empathie beschreibt Haruf, wie sehr das Glück manchmal nur einen Schritt entfernt liegt – und doch so schwer erreichbar scheint, wenn Blicke von aussen und gesellschaftliche Erwartungen unseren Mut dämpfen und beeinflussen. Unsere Seelen bei Nacht erinnert uns daran, dass es nie zu spät ist, neue Wege zu gehen – wenn wir uns trauen, auf unser Herz zu hören.
Marie Thérèse Rau, Beraterin bei open up, Agentur für Kommunikation und PR
Vigga ist Mitte zwanzig und lebt in ihrer eigenen kleinen Welt und scheut sich davor ihre Komfortzone zu verlassen. Auch die Suche nach einer sinnstiftenden Arbeit gestaltet sich für sie schwierig, denn an jeder Ecke lauern neue Möglichkeiten. Ihren nächsten Job lässt sie vom Arbeitsamt fremdbestimmen. Als ihre beste Freundin Maiken sich an die Familienplanung macht, fürchtet Vigga, dass alles anders werden wird, denn ausser vor Maiken fällt es ihr schwer, sich vor Menschen zu öffnen. Ist der Oktopus «Rosa» aus dem Kopenhagener Aquarium, in dem sie neuerdings arbeitet, ihr Spiegel, der ihr die Augen öffnet, um endlich einen Neuanfang zu wagen? Eins ist sicher: Ohne Veränderungen und Bewegung ist es unmöglich zu leben.
«Rosa» ist eine ruhige Erzählung, in der die kleinen Details des täglichen Lebens unter die Lupe genommen werden. Es ist das perfekte Buch für regnerische Sommertage und für jene, die sich manchmal einsam fühlen, obwohl sie nicht allein sind. Auch würde ich es allen empfehlen, die es schwer haben, Veränderungen zu akzeptieren, und die zu ihrem Glück gezwungen werden müssen. Als kleines Extra kann man so einiges über Oktopusse lernen.
Roman Przibylla, Head Investments bei Maverix Securities
Wer diesen Sommer nicht nur dem Alltag entfliehen, sondern auch ein tieferes Verständnis für die tektonischen Verschiebungen in der Weltordnung gewinnen will, dem lege ich Carlo Masalas Buch «Wenn Russland gewinnt – ein Szenario» ans Herz.
Masala, einer der profiliertesten deutschen Sicherheitsexperten und Professor an der Universität der Bundeswehr München, entwirft in seinem Buch ein ebenso provokantes wie bedrückend realistisches Gedankenexperiment: Was passiert, wenn Russland seine strategischen Ziele erreicht – nicht unbedingt durch einen vollständigen Sieg auf dem Schlachtfeld, sondern durch politische Zermürbung, gezielte Destabilisierung und westliche Müdigkeit?
Dabei geht es nicht allein um den Krieg in der Ukraine, sondern um ein umfassenderes Bild der globalen Machtverhältnisse, das tief bis nach China, in den Nahen Osten und zurück nach Europa reicht.
Was das Buch besonders lesenswert macht, ist nicht eine etwaige Sympathie für den Kreml – im Gegenteil. Es zwingt uns, über den westlichen Horizont hinauszudenken, unsere Gewissheiten zu hinterfragen und strategische Narrative zu überdenken.
Gerade in der Finanzwelt, wo politische Stabilität oft als Grundlage wirtschaftlicher Prognosen dient, ist dieses Buch eine wertvolle Erinnerung daran, dass nichts selbstverständlich ist – schon gar nicht der westliche Einfluss auf die Weltpolitik.
«Wenn Russland gewinnt» ist keine leichte Sommerlektüre. Aber sie ist eine, die bleibt – und die man mit geschärftem Blick und wachsendem Verständnis aus der Hand legt. Genau das, was gute Lektüre ausmacht.
Christian Leger, Head of Switzerland, Franklin Templeton
«Extraordinary Popular Delusions and the Madness of Crowds»
In Zeiten, in denen sich Euphorie und Panik an den Finanzmärkten in immer kürzeren Abständen abwechseln, ist «Extraordinary Popular Delusions and the Madness of Crowds» aktueller denn je. Charles Mackays Klassiker aus dem Jahr 1852 ist für mich weit mehr als nur historische Anekdote – es ist ein psychologisches Spiegelbild unseres heutigen Investorenverhaltens.
Was mich an diesem Buch besonders fasziniert, ist die Zeitlosigkeit seiner Beobachtungen. Ob Tulpenmanie im 17. Jahrhundert, die Südseeblase oder die Mississippi-Spekulation – Mackay zeigt eindrucksvoll, wie kollektive Gier, Angst und Herdenverhalten immer wieder zu irrationalen Exzessen führen. Und genau dieses Verhalten sehen wir heute in Meme-Stocks, Krypto-Hypes oder der Jagd nach dem nächsten «AI-Play».
Ich empfehle dieses Buch gerade jetzt jedem, der aktiv am Markt teilnimmt – ob als Analyst, Portfolio Manager oder Privatinvestor. Es schärft den Blick für psychologische Fallstricke, hilft, Hypes besser einzuordnen, und lehrt, dass Marktmanien keine neue Erfindung sind. Für mich Pflichtlektüre in stürmischen Börsenzeiten – und ein notwendiger Anker für mehr Rationalität.
Christin-Isabell Henn, Leiterin Operations bei Pax
Carlos Fuentes gliedert seine literarische Reise durch die Geschichte, Kultur und Vielfalt Mexikos in fünf «Sonnen» – vom Aztekenreich über die Kolonialzeit und die Unabhängigkeitsbestrebungen bis zu den Revolutionskriegen und der modernen Gesellschaft. Der oft als Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelte Schriftsteller verbindet Reportagen, Essays und persönliche Beobachtungen zu einem beeindruckenden Panorama, das Architektur, Kunst und Landschaften ebenso beleuchtet wie Sprache, Bräuche und politische Entwicklungen.
Als Führungskraft schätze ich Fuentes’ Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge klar und lebendig darzustellen. Es gelingt ihm, ein entspanntes Lesevergnügen mit einem lockeren Zugang zu interkulturellem Verständnis sowie wertvollen Einsichten in Wandel, Identität und Führungsstrukturen zu verbinden. Die Vielschichtigkeit seines Blicks inspiriert dazu, global zu denken und kulturelle Diversität als Chance zu begreifen. Gleichzeitig regen seine Texte zum Nachdenken über Modernisierung und Tradition sowie die Wichtigkeit an, die Brücken zwischen beiden zu schlagen – eine zentrale Herausforderung in einer sich ständig wandelnden Welt. Vorsicht: Die Lektüre könnte grosses Verlangen auslösen, dieses wunderbare Land selbst zu erleben.
Romain Dequense, CEO Resolve
Never Split the Difference von Chris Voss, ehemaliger FBI-Geiselverhandler, ist ein faszinierender Ratgeber über die Kunst des Verhandelns. Gemeinsam mit Co-Autor Tahl Raz vermittelt Voss Techniken, die in lebensbedrohlichen Verhandlungen erprobt wurden – und sich auch im Alltag bewähren: im Job, in privaten Gesprächen oder bei wichtigen Entscheidungen.
Im Zentrum stehen taktische Empathie, aktives Zuhören und ein Gespür für emotionale Signale. Voss erklärt leicht verständlich, wie man mit Methoden wie Spiegeln, dem gezielten Benennen von Gefühlen oder strategisch eingesetzten, offenen Fragen Kontrolle gewinnt – ohne Druck oder Manipulation.
Ich empfehle dieses Buch, weil es gleichzeitig lehrreich und fesselnd ist. Voss erzählt mitreißende Geschichten aus seiner FBI-Zeit, die sich wie ein Thriller lesen – und dabei vermittelt er Wissen, das sofort anwendbar ist. Viele seiner Ideen, besonders der empathische Zugang zu Konflikten, haben meine Gespräche und Verhandlungen spürbar verbessert. Ein kluges, unterhaltsames Buch mit echtem Mehrwert – Seite für Seite.
Alain Barthel, Head of Sales Switzerland bei Eurizon
In «Blink» untersucht Malcolm Gladwell die unbewussten Entscheidungen, die wir in Sekundenbruchteilen treffen – das sogenannte «intuitive Denken». Anhand zahlreicher Fallbeispiele, u. a. aus Kunst, Medizin, Polizei oder Psychologie, zeigt er, dass diese «Schnellurteile» oft erstaunlich treffsicher sind – aber auch gefährlich sein können. Gladwell führt Konzepte wie «Thin-Slicing» ein: die Fähigkeit, aus minimalen Informationen erstaunlich präzise Schlüsse zu ziehen. Gleichzeitig warnt er vor kognitiven Verzerrungen und Automatismen, die unser Urteil verzerren. Blink regt zum Nachdenken über die eigene Wahrnehmung und Entscheidungsfindung an, ist unterhaltsam, gut recherchiert und voller Denkanstösse.
Blink ist lesenswert, weil es zeigt, wie sehr unser Alltag von spontanen Entscheidungen geprägt ist. Auch in der Finanzwelt müssen täglich unter hohem Zeitdruck weitreichende Entscheidungen getroffen werden. Für Finanzprofis ist Blink deshalb ein wertvoller Reflexionsrahmen: Es fördert ein besseres Bewusstsein für kognitive Verzerrungen, hilft Fehleinschätzungen zu vermeiden und unterstützt dabei, sowohl schnelle als auch fundierte Entscheidungen zu treffen.
Lesen Sie auf der nächsten Seite die Buchtipps von Florian Weigert, Rafael Lötscher, Cristian Pappone, Filippo Taddei, Clemens Kaiser, Enguerrand Artaz, Carlos Mejia, Andreas Arni und Nils Zilkens.