Asteria investiert höchstens ausnahmsweise in Banken. Denn die Fondsfirma will einen positiven Beitrag zu Gesellschaft und Umwelt leisten, sagt Chefin Katia Coudray im Interview mit finews.ch – und sie erklärt, warum sie sich um den Bund als Grosskunden bemüht.


Frau Coudray, in der griechischen Mythologie heisst eine Amazone Asteria. Sehen Sie sich und Ihre neue Fondsgesellschaft Asteria Investment Managers in einer kämpferischen Rolle?

Asteria ist die lateinische Bezeichnung für den Seestern! Eine interessante Eigenschaft dieser Tiere ist, dass ihnen die Arme nachwachsen, wenn sie abgeschlagen werden. Diese Kraft zur Erneuerung wünschen wir uns auch für die Gesellschaft – ein Ziel, dass wir mit unserer Firma unterstützen wollen.

Sie leiten aber ein Asset-Management-Startup unter widrigen Umständen: Auf die Finma-Lizenz vom letzten Sommer erfolgte die Übernahme der Berner Impact-Investorin Obviam zur neuen Asteria Obviam – das alles in Zeiten von Corona. Wie fusioniert man zwei Firmen aus dem Home Office heraus?

Die Coronakrise ist natürlich nicht hilfreich. Aber die beiden Unternehmen bearbeiten mit dem Fokus auf kotierte Impact-Investments respektive Private Equity zwei Bereiche, die bereits gut nebeneinander her laufen. Wir haben die klare Absicht, die Unabhängigkeit beider Ansätze zu bewahren. Davon abgesehen geben wir uns zwölf Monate Zeit für die Integration.

Es wird keinen Stellenabbau bei der Zusammenführung von Asteria und Obviam geben?

Wir werden keinesfalls Leute entlassen. Im Gegenteil: Wir sind in einer Aufbau-Phase und bereit, neue Stellen zu schaffen. Synergien versuchen wir in der Produkte-Entwicklung sowie in der Administration zu heben.

«Der Vertrag zwischen Sifem und Obviam läuft Mitte 2022 aus»

Das Hauptquartier der neuen Firma wird in Genf sein. Aber wir behalten den Standort in Bern bei und sind zudem in Zürich vertreten.

A propos Bern: Obviam tätigt im Wesentlichen Impact-Investment für die Entwicklungsfinanzierungs-Gesellschaft des Bundes, Sifem. Wie passt das zu Asteria, eine Tochter der Genfer Privatbanken-Gruppe Reyl?

Schon bei der Lancierung von Asteria war für uns klar, dass wir auch in den Privatmarkt-Bereich vorstossen. Ein solches Business aufzubauen, ist sehr langwierig. Insofern ist Obviam für uns die ideale Ergänzung.

Und wie sieht der Bund die Fusion? Muss Sifem das Mandat für seine Impact-Investments nach der Übernahme neu ausschreiben?

Der Vorstand von Sifem und der Bund waren über den Eigentümerwechsel bei Obviam informiert. Dennoch läuft der Vertrag zwischen Sifem und Obviam Mitte 2022 aus. Die Vergabe eines neuen Vertrags wird Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung sein.

Das heisst: wenn Sie Pech haben, dann verliert Asteria das Sifem-Mandat. Die Kundengelder bei Obviam kommen fast ausschliesslich vom Bund, oder?

Wir und Obviam werden an der Ausschreibung teilnehmen und geben unser Bestes, damit wird das Vertrauen des Sifem-Vorstands erneut gewinnen können, und dass das Vertragsverhältnis um einen neuen Zeitraum verlängert wird.

«Ich rechne mit 2 bis 3 Milliarden Franken in einem ersten Schritt»

Es trifft zu, dass das Sifem-Mandat das meiste Volumen bei Obviam ausmacht.

Bleibt Sifem im Boot, verwaltet das Fusionsprojekt rund eine halbe Milliarde Franken an Vermögen. Gilt das Mittelfrist-Ziel noch, dieses Volumen auf mehrere Milliarden Franken zu steigern?

Wir sind mit der Impact-Klima-Strategie auf Aktien erst letzten Dezember gestartet. Sie müssen also bedenken, dass unser Angebot noch sehr jung ist. Wir haben unsere Fonds aber so ausgestaltet, dass sie schnell skalierbar und der Investmentprozess zu bedeutenden Teilen Computer-gestützt ist. Dies soll es ermöglichen, ein grosses Publikum zu erreichen – ich rechne mit 2 bis 3 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen in einem ersten Schritt.

Das ist ja bis anhin das grosse Problem von Impact-Investments: Es gibt schlicht zu wenig Anlagen für eine wachsende Schar von Investoren.

Dieses Problem zu lösen, liegt in unserer DNA. Dass wir als Startup unsere Systeme auf der grünen Wiese aufbauen konnten, hilft uns enorm. Es ist damit absolut möglich, mit Aktien-Investments eine Wirkung zu erzeugen.

«Solche Titel kommen gar nicht erst in unsere Portefeuilles»

Zum Beispiel mit unserem Planet Impact Global Equities Fonds, der die Dekarbonisierung zum Ziel hat: Wir haben mit unserer Screening-Software 3’000 kotierte Firmen gefunden, die diesbezüglich eine echten Impact versprechen und obendrauf die geforderte Anlageperformance bringen. Der Fonds investiert nun in 250 davon, und konnte seit dem Start den Weltaktien-Index MSCI World überrunden.

Wie berechnen Sie die Wirkung genau?

Wir erkennen etwa 400 verschiedene Umsatz-relevante Aktivitäten von Firmen. Rund 40 davon sind sehr Impact-negativ, etwa Minen und die Ölindustrie. Solche Titel kommen gar nicht erst in unsere Portefeuilles. Hingegen gibt es 70 positive Aktivitäten, beispielsweise im Bereich der erneuerbaren Energien oder der Aufbereitung von Trinkwasser.

Finden sich auch Banken in Ihrem Portefeuille?

Sie haben keinen Impact, also keinen Einfluss in Bezug auf unsere Kriterien, und sind daher nicht in unserem Anlageuniversum. Zu Zwecken des Risikomanagements könnten wir ein sehr geringes Engagement in Unternehmen mit neutraler Auswirkung, einschliesslich Banken, haben.

Diese Aussage wird vielen Bankmanagern nicht gefallen, die sich einer ESG-Agenda verschrieben haben und mit einem Togetherband ums Handgelenk die SDG-Nachhaltigkeits-Ziele der Uno unterstützen.

Für uns gelten Banken als Impact-neutral. Ihre Produkte und Dienstleistungen helfen für sich selber genommen nicht, CO2-Emissionen zu senken.

«Eine Minengesellschaft, welche die Umwelt belastet, kann punkto ESG sehr gut abschneiden»

Das soll keine Kritik sein. Es ist nur die Denke hinter unseren Anlagestrategien.

Aber viele Banken – darunter die UBS und die Credit Suisse – haben sich dem ESG-Ziel verschrieben, die weltweiten Emissionen auf Null zu senken.

Ja, aber ESG-Kriterien bestimmen, wie sich ein Unternehmen gegenüber der Umwelt, der Gesellschaft und punkto guter Geschäftsführung benimmt. Vor diesem Hintergrund kann eine Minengesellschaft, die aktuell die Umwelt negativ belastet, punkto ESG sehr gut abschneiden. Impact misst die direkte Wirkung auf die Umwelt oder das Klima, die Aktivität eines Unternehmens – in diesem Kontext haben Banking Services einen neutralen Impact aufs Klima.

Dann wäre ESG ja Augenwischerei?

Nein, es ist ein anderer Ansatz. ESG fordert Transparenz über das Verhalten von Unternehmen. Verstehen sie mich nicht falsch: Das hat viel zur Nachhaltigkeit der Wirtschaft beigetragen. Beim Impact-Investing suchen wir jedoch nach Firmen, die mit ihren Produkten und ihrer Technologie hier und jetzt die dekarbonisierte Zukunft aktiv gestalten.

Asteria richtet sich vor allem an institutionelle Investoren und Finanzdienstleister. Warum verkaufen sie ihre Impact-Fonds nicht selber über eine digitale Plattform, wie es das Schweizer Fintech Yova tut oder die Basellandschaftliche Kantonalbank vorhat?

Natürlich führen wir Fonds, die für den Retail-Investoren ausgelegt sind, mit günstigen Gebühren und geringe Mindestbeteiligungen. Und wir wenden uns mit diesen Produkten direkt an Fintechs.

«Wenn alles nach Plan läuft, expandieren wir nächstes Jahr ins Ausland»

Zum Beispiel ist es sehr gut denkbar, dass wir Fondsanteile über die Reyl-Digitalbanking-Tochter Alpian vertreiben, wenn diese den Betrieb aufnimmt. Wir selber halten uns aber an unsere business-to-business-Vertriebsstrategie.

Reyl ist Ende letzten Jahres von der italienischen Grossbank Intesa Sanpaolo übernommen worden. Können Sie auf den neuen Besitzer zählen?

Absolut. Banca Intesa Sanpaolo könnte bald selber in unsere Fonds investieren. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir ausserhalb der Schweiz als erstes nach Italien expandieren – Intesa verfügt dort über ein extrem starkes Vertriebsnetz. Weitere interessante Märkte sind für uns Frankreich und Deutschland.

Wann wird die Expansion ins Ausland erfolgen?

Wenn alles nach Plan läuft, nächstes Jahr. Vorerst sind wir zufrieden, nun auch in der Deutschschweiz Kundenbedürfnisse abdecken zu können. Seit Mai haben wir mit Dominique Sekyra eine eigene Vertriebsperson in Zürich.

Dann streckt der Seestern ja einen weiteren Arm aus. Wer hat sich den Namen eigentlich ausgedacht?

Um ehrlich zu sein – ich bin bei einem Brainstorming mit meinen Töchtern darauf gestossen.


Katia Coudray leitet seit der Gründung von Asteria Investment Managers im Jahr 2019 den auf Impact-Investing ausgerichteten Vermögensverwalter, der zur Reyl-Gruppe gehört. Zuvor war sie Chefin des Asset Management der Genfer Syz Gruppe. Bevor sie 2011 zu Syz stiess, wirkte sie zehn Jahre als lang Direktorin der Innovations- und Multi-Management-Plattform der UBP. Coudray amtet ausserdem als Verwaltungsrätin des Schweizer Fondshauses GAM.

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