Der amerikanische Starökonom gilt als Schwarzseher, dem kaum ein Szenario zu finster ist. An einem Auftritt, bei dem finews.ch zugegen war, hat Nouriel Roubini nun eine überraschend väterliche Seite gezeigt.

Dass er ein «Dr. Doom», ein Untergangsprophet sei, hört Nouriel Roubini nicht so gerne. Er selber bezeichnet sich lieber als «Dr. Realist», also als Realist, der den zahlreichen Problemen der Welt ins Auge blickt.

In seinem jüngsten, im vergangenen Oktober veröffentlichten Band «Megathreats» hat der türkischstämmige Starökonom allerdings seinem Ruf als Schwarzseher wieder alle Ehre gemacht. Er beschreibt darin nicht weniger als zehn Trends, welche uns in den nächsten zwei Dekaden gefährlich werden könnten.

An einem von der Zürcher Privatmarkt-Investmentboutique Petiole organisierten Webinar, an dem finews.ch teilgenommen hat, nahm Roubini nun Stellung zu seinen Zukunftsszenarien. Petiole-Investmemttchef Naji Nehme interessierte dabei nicht nur, was der Ökonom Roubini zu sagen hat – sondern auch der Professor, der jungen Ökonominnen und Ökonomen an der Universität von New York betreut. Was er seinen Studenten denn für diese mit Risiken beladene Zukunft mit auf den Weg gebe, wollte Nehme wissen.

«White collar»-Jobs in Gefahr

«Wenn Sie heute jung sind, müssen sie sich darauf vorbereiten, 100 Jahre und älter zu werden», gab der 64-jährige Wirtschaftsweise zu bedenken. Deshalb gelte es Vorkehrungen zu treffen, nicht von der rasanten technologischen Entwicklung überholt auf das berufliche Abstellgleis gestellt zu werden. So geht Roubini davon aus, dass Zukunftstechnologien wie Maschinelles Lernen oder Künstliche Intelligenz nicht nur handwerkliche Arbeiten übernehmen, sondern auch bisherigen «White collar»-Jobs gefährlich werden.

Entsprechend sei eine Ausbildung in MINT-Fächern ratsam – allerdings mit Geisteswissenschaften als Ergänzung. «Gehen Sie davon aus, dass Sie in Ihrer Karriere zehnmal die Stelle wechseln werden», erklärte der Starökonom. Da müsse man über mündliche und schriftliche Fähigkeiten verfügen, um sich beim nächsten Arbeitgeber präsentieren zu können.

Warnung vor Meme-Aktien

Ebenfalls rät er davon ab, vom schnellen Reichtum zu träumen und etwa in Meme-Aktien zu investieren. Stattdessen solle lieber konsequent gespart und das Geld in ein diversifiziertes Anlageportefeuille gesteckt werden. So sorge man auch für das Alter vor, denn auf staatliche Vorsorgewerke sei kein Verlass mehr, befand Roubini. Kurz: «lernen Sie, arbeiten Sie hart, investieren Sie», so seine Ermahnung für die Jungen.

Wobei es mit dem Investieren so eine Sache ist. Das tradierte Portefeuille mit 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen sei aus der Zeit gefallen, warnte der Gründer von Roubini Global Economics (mittlerweile Continuum Economics) , einem amerikanischen Anbieter für Kapitalmarkt- und Wirtschaftsinformationen. «Die Inflation trifft Aktieninvestments hart – dieses Jahr hat man damit im Schnitt 20 Prozent seines Vermögens eingebüsst», so Roubini. Wegen den steigenden Renditen seien aber auch die Kurse von Anleihen gefallen. Damit hätten die Anleger heuer gar doppelt so viel verloren wie mit Aktien.

Ein goldener Ratschlag

Er rät im aktuellen Umfeld zu hochwertigen Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit, zu gegen die Teuerung abgesicherten Obligationen (Inflation-linked bonds) sowie zu Edelmetallen, allen voran Gold.

Das gelbe Metall profitiere von einem inflationären Umfeld, erklärte der Konjunkturforscher. Und die Inflation werde die Weltwirtschaft noch über längere Zeit und hartnäckig begleiten. Roubinis Szenario ist eine Stagflation in den entwickelten Volkswirtschaften und massive Wachstumseinbussen in den Schwellenländern, sowie eine weitere Schuldenkrise. Dies, weil sich mit den steigenden Zinsen die Kosten für den Schuldendienst stark verteuert haben.

Konfrontation der Tech-Supermächte

Der Vormarsch von Zukunftstechnologien wie der Künstlichen Intelligenz hat seiner Ansicht nach wirtschaftliche wie auch geopolitische Komponenten. Weil nämlich Kriege künftig im Cyberspace, mit Drohnen und Robotern geführt würden, resultiere der technologische Vorsprung in einer strategischen Vorherrschaft. Die Tech-Supermächte USA und China würden dieses Rennen in den nächsten zwei Dekaden unter sich entscheiden, glaubt der Wissenschafter.

Und obwohl er sichtlich gerne über Gefahren und Abgründe spricht, hat Roubini im letzten Kapitel seines neuesten Buches ein Utopie für die Welt entworfen. Wie diese aussieht, liest man am besten selber nach.