Für Anleger wird es in der Flut von News zunehmend schwierig, gute Investments zu tätigen. Die Schweizer Finanzprofessorin Rajna Gibson hat unter diesen Prämissen ein Lexikon für Trader entwickelt.

Investoren neigen bei grossen Kursschwankungen zu Übertreibungen. Umgekehrt ignorieren sich schwache Signale häufig. Dieses Verhalten führt dazu, dass Anleger die aktuelle Situation stärker gewichten als die ferne Zukunft. 

Dies wiederum habe zur Folge, dass Investoren mehr spekulieren würden als es nötig sei, erklärte die Genfer Finanzprofessorin Rajna Gibson an einer kürzlichen Veranstaltung der Schweizerischen Nationalbank (SNB).

Die Auswirkungen von Risiken auf Investments gehören tatsächlich zur Spezialität von Gibsons Forschung an der Genfer Universität. Mit Risiko- und Investmentstrategien beschäftig sich die Mittfünziger auch bei Swiss Re, wo die gebürtige Schweizerin seit 2000 im Verwaltungsrat des Rückversicherers sitzt und Mitglied des Risiko- und Investment-Komitees ist.

Lexikon für Trader

Vor diesem Hintergrund hat die Forscherin mit ihrem Team 2015 eine Studie erstellt sowie ein Lexikon mit Ausdrücken verfasst, das Markt-Irrationalitäten beschreibt. Das Werk enthält unter anderem Termini wie «jittery» (nervös), «absurd» oder «confused», die in Berichten der amerikanischen Dow-Jones-Mediengruppe über die wirtschaftliche Lage oder den Zustand der Finanzmärkten häufig vorkommen.

Basierend auf der Anzahl solcher Wörter hat Gibson den «daily market irrationality factor» erstellt. Dieser Indikator misst einen bestimmten Grad an Aufregung und stellt ihn in Relation zu den Aktienbewertungen. Auf dieser Grundlage verfolgte das Forscherteam um Gibson, wie sich die Aktienpreise über eine bestimmte Zeitdauer entwickelten.

Ein Teufelskreis

«Viele Medienberichte haben einen signifikant negativen Einfluss auf spätere Handelsgewinne und führen zu Übertreibungen in der Marktvolatilität», sagte Gibson.

Einer der Gründe, weshalb die Märkte reagierten wie sie reagierten, sei die Präsenz von «Noise Traders», so die Forscherin weiter. Das seien Leute, die Wertpapiere nicht aufgrund von harten Fakten, sondern nur aufgrund von Gerüchten oder alternativen Informationen kaufen oder verkaufen würden.

Weil deren Verhalten stark von einer alarmistischen Berichterstattung motiviert sei, könnten solche Händler Marktbewegungen auslösen, die nicht den eigentlichen Marktzustand reflektierten.

Zeitverzögerungen beachten

Allerdings: Wer sich entscheidet, aufgrund von Medienberichten an den Finanzmärkten zu handeln, muss wissen, dass es seine Zeit braucht, bis sich eine Information unter den Tradern verbreitet. «Wir haben herausgefunden, dass von Medien transportierter Alarmismus mehr Zeit beansprucht, um Preise zu beeinflussen als andere News», erklärte Gibson.

Die grösste Preisbewegung habe drei Tage nach der Publikation stattgefunden, heisst es in der Studie.

Aufgrund der Tatsache, dass die Mehrheit der Anleger keine Zeitungen mehr liest und sich jüngere Generationen primär über die Sozialen Medien informieren, will Gibson ihre Studien ausweiten. Sie will insbesondere herausfinden, wie die Märkte auf Informationen reagieren, die über Social-Media-Plattformen ihre Leserinnen und Leser finden.


Rajna Gibson lehrt seit 2008 als Finanzprofessorin an der Universität Genf. Davor war sie unter anderem am Institut für schweizerisches Bankenwesen an der Universität Zürich tätig. Neben dem Swiss-Re-Verwaltungsratsmandat präsidiert Gibson den Wissenschaftsrat des Swiss Training Centers for Investment Professionals (AZEK) und ist Mitglied der Natixis Foundation for Quantitative Research.

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