Firmenkunden-Chef: «Revolut will Schweizer Geschäft verdoppeln»

Revolut betreut bereits rund 10'000 Firmenkunden in der Schweiz – und will jetzt durchstarten. Im Interview mit finews.ch erklärt James Gibson, General Manager von Revolut Business, wie die Neobank wachsen will: mit neuen Investitionen, Devisenlösungen und digitalem Onboarding. Er kündigt auch neue Konkurrenz für Platzhirsch Worldline bei Zahlterminals an.

Herr Gibson, gemäss Ihren Angaben zählt Revolut Business rund 10'000 Firmenkunden in der Schweiz. Wer sind diese Unternehmen?

Wir bedienen eine grosse Bandbreite – von Einzelfirmen und Solopreneurs bis hin zu internationalen Konzernen. Unser Kernklientel sind Firmen mit fünf bis fünfzig Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz zwischen einer und zehn Millionen. Viele davon sind international tätig – etwa Schweizer Firmen, die in Europa einkaufen oder in das Vereinigte Königreich verkaufen. Sie nutzen unser Produkt hauptsächlich für das Devisengeschäft: Mit unserem Multiwährungskonto können sie Geld zum Interbankensatz wechseln und weltweit überweisen. Zunehmend übernehmen wir aber auch die Rolle der Hauptbankenbeziehung. Weltweit gibt rund die Hälfte unserer Geschäftskunden an, dass Revolut ihr primäres Firmenkonto sei.

Gilt diese Quote auch für die Schweiz?

Die 50 Prozent beziehen sich auf das weltweite Geschäft. In der Schweiz dürfte der Anteil etwas tiefer liegen – bei etwa 40 Prozent –, was aber immer noch beachtlich ist. Wir sind längst nicht mehr nur ein Tool für die gelegentliche Zahlung nach Grossbritannien, sondern ein vollwertiges Geschäftskonto für den täglichen Einsatz.

Wie viele Geschäftskunden hat Revolut weltweit?

Wir zählen weltweit mehrere Hunderttausend täglich aktive Geschäftskunden. Weniger als fünf Prozent davon entfallen auf die Schweiz – aber sie ist einer unserer am schnellsten wachsenden Märkte. Und mit den neuen Produkten, die wir kürzlich lanciert haben, dürfte sich dieses Wachstum noch beschleunigen.

«Im Zuge des Ausbaus unserer Schweizer Präsenz wollen wir auch das lokale Team vergrössern.»

Was treibt dieses Wachstum an? Das einfache Onboarding? Das Devisengeschäft?

Es gibt mehrere Faktoren, die bei den Kunden gut ankommen. Erstens das All-in-One-Geschäftskonto – alles an einem Ort, über eine benutzerfreundliche Web- und Mobile-Oberfläche. Das Onboarding ist schnell und einfach. Dann die Ausgabenkontrolle: Firmen können Limiten setzen, Freigaben definieren und behalten so stets den Überblick – besonders bei Geschäftskreditkarten, die viele unserer Kunden für Werbung oder tägliche Ausgaben einsetzen. Und natürlich die FX-Komponente: Überweisungen in über 30 Währungen zum Interbankensatz – gerade für Schweizer KMU mit europäischem Auslandsgeschäft ein echter Game Changer.

Konten in mehreren Währungen eröffnen – ist das immer noch ein Alleinstellungsmerkmal?

Absolut. Die Möglichkeit, mehrere Währungen zu verwalten und Zahlungen in über 30 davon zu tätigen, löst ein reales Problem, das viele andere Anbieter nicht adressieren.

Einige Kunden bemängeln, dass Zahlungen in US-Dollar nicht mehr über ein lokales US-Konto empfangen werden können. Wird diese Funktion zurückkommen?

Ja, definitiv. Der Wechsel hängt mit einer grösseren Umstellung zusammen: Unsere Schweizer Kunden werden nun über unsere europäische Bank, Revolut Bank UAB, betreut. Das bringt viele Vorteile – etwa die Möglichkeit, lokale Schweizer IBANs auszustellen. Es bedeutet aber auch, dass wir das lokale USD-Empfangskonto vorübergehend deaktivieren mussten. Wir arbeiten aktiv daran, diese Funktion in den nächsten drei Monaten wieder verfügbar zu machen.

Kürzlich haben Sie für Schweizer Firmen auch Zugang zu Geldmarktfonds in Fremdwährungen lanciert. Angesichts des starken Franken wirkt das nicht besonders verlockend – selbst mit vier Prozent Rendite in Pfund. Was ist die Strategie dahinter?

Viele Kunden sagten uns, sie wollten überschüssige Liquidität lieber investieren als brachliegen lassen. Klar, das Produkt ist nicht in Franken – es eignet sich also nicht für alle. Aber die Nachfrage war überraschend hoch. Wenn ein Startup in der Schweiz Kapital in Dollar aufgenommen hat oder in Fremdwährungsmärkten operiert, ist es sehr nützlich. Wer aber ausschliesslich in Franken bleiben will, für den passt es nicht. Deshalb arbeiten wir diesbezüglich auch an lokalen Lösungen – zum Beispiel Anlagelösungen in Schweizer Franken. Es steht nicht unmittelbar bevor, ist aber auf der Roadmap. Unser Ziel ist es, im kommenden Jahr etwas in dieser Richtung zu lancieren.

«Wir arbeiten an Anlagelösungen für Firmen in Schweizer Franken.»

Was plant Revolut sonst noch für den Schweizer Markt?

Drei Dinge stehen im Fokus. Erstens: ein Sparkonto in Euro – kein Geldmarktfonds, sondern ein klassisches Cash-Produkt. Zweitens: unsere Acquiring- und Merchant-Lösungen, mit denen Schweizer Unternehmen Kartenzahlungen akzeptieren können, inklusive stationären Terminals. Drittens: FX Forwards – damit können sich Firmen Wechselkurse für die Zukunft sichern. Beides soll noch dieses Jahr kommen. Gerade mit dem regen Handel zwischen der Schweiz, Europa und dem UK sehen wir dafür grosse Nachfrage. Insgesamt investieren wir stark in den Markt Schweiz. Er gehört mittlerweile zu unseren wichtigsten.

Entwickelt Revolut diese Zahlterminals intern?

Ja. Wir arbeiten mit Hardware-Herstellern zusammen, aber das Produkt ist unsere eigene Lösung. Keine White-Label-Version, sondern voll in unsere Plattform integriert.

Das dürfte spannend werden. In der Schweiz dominieren derzeit Worldline mit den ehemaligen SIX Payment Solutions den Terminalmarkt. Wie wollen Sie diese Festung knacken?

In vielen europäischen Ländern gibt es dominante Anbieter – Frankreich, Deutschland, UK – und trotzdem konnten wir dort wachsen. Unser Vorteil: Wir sind digitaler, einfacher zu bedienen und preislich sehr kompetitiv. Unser Ziel ist, das beste Angebot im Markt zu bieten in Sachen Kosten und Usability. Und wir bieten ein komplett integriertes Konto. Firmen brauchen keinen separaten Stripe-Zugang, kein Schweizer Bankkonto und keines in der Eurozone. Bei uns läuft alles über eine Plattform. Geldflüsse in Echtzeit, komplette Übersicht. Das eliminiert viele Reibungen.

«Überweisungen in über 30 Währungen zum Interbankensatz.»

Wie gewinnen Sie Schweizer Firmenkunden? Mit Kampagnen oder über Empfehlungen?

Bis vor Kurzem lief alles über Mund-zu-Mund-Werbung. Seit zwei Monaten investieren wir nun auch in Kundenakquisition. Wir haben ein Sales-Team aufgebaut und testen verschiedene Wachstumsansätze. Einer der wichtigsten Kanäle bleibt aber die Revolut-App für Privatkunden. Etwa zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung nutzen sie. Viele davon sind Unternehmer. Irgendwann merken sie, dass sich Revolut auch fürs Geschäft eignet. Das führt zu starkem organischem Wachstum.

Sitzt Ihr Sales-Team in der Schweiz?

Im Zuge des Ausbaus unserer Schweizer Präsenz wollen wir auch das lokale Team vergrössern. Natürlich besonders in jenen Bereichen, wo lokales Know-how gefragt ist.

Welche Wachstumsziele haben Sie sich für dieses und nächstes Jahr gesetzt?

Mein genereller Benchmark ist 100 Prozent Wachstum pro Jahr. Für die Schweiz wäre eine Verdopplung unserer Geschäftskundenzahl in den nächsten zwölf Monaten ein grosser Erfolg. Das ist ambitioniert – vor allem, weil wir von einer vergleichsweise kleinen Basis starten. Aber genau das ist unser Ziel.


James Gibson kam 2017 als Business Development Manager zu Revolut. Seit 2020 ist er General Manager von Revolut Business und seit 2021 Partner der Neobank. Zuvor arbeitete er als Managementberater bei Oliver Wyman. Gibson hat Philosophie, Politik und Wirtschaft an der University of Oxford studiert.