Quant-Spezialist Graham Robertson schaut nur noch zu, wie seine Algorithmen investieren. Mit finews.ch hat der Partner der britischen Fondsfirma Man AHL über die Macht der Maschinen gesprochen.

Der europäische Leitindex Euro Stoxx 50 biegt Richtung Süden ab. Und der Algorithmus tut, was Trendfolge-Hedgefonds immer machen: Er versucht, mit Leerverkäufen vom fallenden Kurs zu profitieren. Aber nicht lange. Unerwartet beginnt das Computerprogramm den Index zu kaufen – mitten in den Kurssturz hinein.

Das sind die Momente, die Graham Robertson interessieren.

Seismologe für Börsenbeben

Für den studierten Seismologen sind solche Börsenbeben das tägliche Brot. Seit 2011 arbeitet der Schotte bei Man AHL, eine Tochter der britischen Fondsfirma Man. An einem Kundenanlass der Genfer Banque Syz in Zürich lässt er die Arbeit seiner Algorithmen, der so genannten «Quants», nochmals Revue passieren: Graphen und Muster zappeln über die Leinwand.

Hinter dem Feuerwerk verbirgt sich die lernende Maschine. In Sekundenbruchteilen vergleicht der Computer die Börsenlage mit der Vergangenheit, trifft daraus seine Schlüsse – und legt dann plötzlich ganz anders an, als es ein Mensch in der Lage wohl tun würde.

Bloss keine Blackbox

Jenen Schlüssen auf den Grund zu gehen, dass ist Robertsons eigentliche Aufgabe. «Es ist wichtig zu verstehen, wie sich die lernende Maschine verhält. So sorgen wir dafür, dass der Algorithmus nicht zur Blackbox für uns wird, sondern sich in einem klar abgesteckten Feld bewegt.»

Mit gutem Grund. Seit «machine learning» als bahnbrechende Zukunfstechnologie gilt, geht in der Finanzbranche die Furcht um, dereinst von den Maschinen abgehängt zu werden. Prominente Branchenakteure sind sich jetzt schon sicher, dass die «Systeme» übernehmen werden.

Robertson, der die Technologie aus der Nähe kennt, beruhigt. «Die Angst, dass uns intelligente Maschinen dereinst überlisten, halte ich für Science Fiction», sagt er.

Reelle Gefahr, abgehängt zu werden

Allerdings glaubt auch der Man-AHL-Partner, der einst bei der Schweizer Grossbank Credit Suisse seine Finanzkarriere begann, dass die Branche nicht um die neue Technologie herumkommt.

Die schnell wachsende Menge an Daten macht lernende Maschinen zunehmend unverzichtbar, da wir Menschen den Überblick verlieren, erklärt Robertson. Es bestehe auch für Asset Manager eine reelle Gefahr, abgehängt zu werden, wenn sie nicht die nötige Rechenleistung aufbauen würden. Im Quant-Bereich dürften in den nächsten Jahren denn auch zahlreiche Stellen geschaffen werden, ist er sich sicher.

Hypothesen testen statt traden

Allerdings werde sich die Rolle des Portfoliomanagers mit der zunehmenden Bedeutung von Quants wohl stark verändern, gibt Robertson zu bedenken. Und berichtet, wie der Berufsalltag künftig aussehen könnte.

«Wie Wissenschafter testen wir Hypothesen über die Märkte mit unseren Maschinen – und überlassen dem Computer dann das Investieren», sagt er. «Da bei uns vor allem Statistiker und Mathematiker arbeiten, ist das genau der Job, den wir gewohnt sind und gerne machen.»

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