Selbst wenn man sich seit dem Ausbruch der Coronakrise kaum mehr die Hand reicht, gewinnt das «altmodische» Beratungsgeschäft im Private Banking wieder an Bedeutung. Pfiffige, digitale Tools sind derzeit weniger gefragt.  

Tom Naratil und Iqbal Khan, die zusammen die Sparte Vermögensverwaltung (Wealth Management) bei der Grossbank UBS leiten, signalisieren in einem Beitrag des britischen Fachmagazins «PWM» (Artikel hinter Paywall), dass sie seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie die traditionelle Kundenberatung wieder in den Vordergrund stellen – dies zu Lasten digitaler Tools.

Die Krise habe die Notwendigkeit einer intensivieren Kundenbetreuung ganz klar unterstrichen, sagen die beiden Top-Banker, die in ihrer Abteilung gut 2,6 Billionen Franken an verwalteten Vermögen betreuen. Gleichzeitig räumen sie ein, dass sie sich mit attraktiven Investments in sogenannte Privatmarkt-Anlagen (Private Equity, Immobilien, Infrastrukturprojekte) zusätzliche Erträge von ihrer Klientel erhoffen. Auch diese, zum Teil komplexen Investments erfordern einen hohen Grad an Beratung.

Persönliche Note

Diese jüngste Entwicklung entbehrt nicht einer gewissen Ironie, hiess es doch in den vergangenen Jahren immer, auch die sehr vermögende Klientel würde sich zunehmend der digitalen Möglichkeiten im Banking annehmen. Doch offenbar ist jetzt, in Zeiten Coronas, die eher persönliche Note des Private Bankers gefragt. Das zumindest erklärten sowohl Naratil als auch Khan in dem Bericht.   

Vor diesem Hintergrund erweisen sich digitale Applikationen und Tools wie Cornerstone als insgesamt überbewertet. Dabei handelt es sich um ein Computer-Programm, das den Kundenberater darauf hinweist, wenn das Portfolio eines Klienten nicht mehr dem jeweiligen Risikoprofil entspricht. Zwar ist die Anwendung nach wie vor wichtig und nützlich, doch aufgrund der kürzlichen Verwerfungen an den Finanzmärkten und der seither ungewissen Entwicklung, gewinnt die individuelle, sehr persönliche Beratung wieder enorm an Bedeutung.

Weitreichende Reisebeschränkungen

Khan wie auch Naratil betonen, dass dies eine erstklassige Gelegenheit sei, bestehende Kunden wieder intensiver zu betreuen, die zuvor möglicherweise keine angemessene Betreuung erhalten hätten. Insofern rückt damit ein eher traditionelles Private-Banking-Geschäftsmodell wieder in den Vordergrund auf Kosten eines futuristischen, digital-zentrierten Ansatzes. Allerdings gehen die beiden Top-Banker der UBS nicht darauf ein, wie sie respektive ihre Frontleute die weitreichenden Reisebeschränkungen handhaben. 

Die Aussagen Khans und Naratils gehören zu den ersten die sie im Verbund gegeben haben, seit sie vor rund zehn Monaten im Duo die Führung der Wealth-Management-Divsion übernommen haben.

In Erwartung der Stabsübergabe

Die Ausführungen kommen auch kurz bevor die mit Spannung erwartete Stabsübergabe von CEO Sergio Ermotti an seinen desiginierten Nachfolger, Ralph Hamers, stffinden wird. Im November übernimmt der frühere Chef des holländischen Finanzkonzerns ING die Leitung der grössten Schweizer Bank. Hamers gilt als ein leidenschaftlicher Verfechter der Digitalisierung im Bankwesen. Er soll den weiteren Innovationsbestrebungen der UBS neuen Schwung verleihen.

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