Die Zürcher Privatbank Bergos ist im Besitz von arrivierten schwerreichen Unternehmern. Aber mit Traditionen und Hierarchien will das Institut brechen und Talenten der nächsten Generation eine Chance geben.

Peter Raskin spricht über die Privatbank Bergos, bei der er CEO und Mitbesitzer ist, wie über ein glänzendes Kleinod auf dem eher gleichtönigen Schweizer Finanzplatz. Keine andere Bank, weder in der Schweiz noch in Europa, sei im Besitz von Unternehmern und nicht von Bankern, sagt er beispielsweise.

Vor etwas mehr als zwei Jahren war das noch anders: Das Institut hiess noch Berenberg Schweiz und gehörte zur Hamburger Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG, kurz Berenberg Bank genannt, die mit dem Gründungsjahr 1590 die älteste Handelsbank der Welt ist.

Überholte Traditionen

Tradition verpflichtet – und daraus leitet sich auch eine Unternehmenskultur ab, die strenge Hierarchien kennt, starre Organisationsformen und Silo-Denken. Attribute, die im Zeitalter der Transformation im Banking als überholt gelten.

Die Berenberg Bank spaltete ihre Schweizer Tochter ab, um die Komplexität zu verringern. Schweiz-Chef Raskin war beauftragt worden, Käufer zu suchen. Er fand eine ganze Reihe von höchst solventen Unternehmern in der Schweiz und in Deutschland.

Das Aktionariat von Bergos, wie das Institut seit diesem Jahr definitiv heisst, besteht seither aus Michael Pieper, Adrian Keller, Andreas Jacobs, Hendrik de Waal, Hans-Wilhelm Jenckel, Claus Budelmann und Sylvie Mutschler-von Specht.

Hierarchische Strukturen behindern Entwicklung

Sie besitzen eine Bank, die zwar profitabel wächst, aber für die Zukunft nicht gewappnet ist. »Wir haben in einer internen Analyse festgestellt, dass die traditionellen hierarchischen Strukturen die Entwicklung der Bank behindern und schlicht zu schlechteren Ergebnissen führen», sagt Raskin im Gespräch mit finews.ch, ein Jahr, nachdem die deutsche Berenberg ihre restlichen Aktien verkauft und die neue Bergos ganz auf eigenen Füssen steht.

Die Analyse war nicht die Folge eines völlig missratenen Corona-Jahres. Die verwalteten Vermögen seien deutlich gestiegen, so Raskin; Ende 2019 hatten sie sich auf 6,8 Milliarden Franken belaufen. «Beim Ergebnis bewegen wir uns ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres», so Raskin; also in der Gegend von 4 Millionen Franken. «Die Corona-Pandemie hat auch bei uns dazu geführt, dass wir einige Chancen liegen lassen mussten.»

Andere Personal- und Wachstumspolitik

Der Entschluss, die Bank zu wandeln, hat auch externe Gründe: zum einen die Kunden und deren Bedürfnisse, zum anderen das Branchenumfeld, in dem es einem vergleichsweise kleinen Institut wie Bergos sehr schwer fällt, mittels Rekrutierung von Kundenberatern zu wachsen.

«Wir können und wollen in diesem sogenannten «war of talents» nicht mitspielen. Also werden wir unser eigenes Talentmanagement aufbauen und uns dabei auf Nextgen-Leute fokussieren», sagt Raskin.

«Unbossen», mehr Teamarbeit

Nur weiss er auch, dass solche Talente kaum zu einer Privatbank gehen, in deren Struktur noch die alten Werte zählen. Um Bergos attraktiv für die sogenannte Nextgen zu machen, will Raskin die Bank «unbossen», also Hierarchien abbauen, Silos aufbrechen, die interdisziplinäre Teamarbeit fördern und dem einzelnen Mitarbeiter mehr Eigenverantwortung übergeben. «Um es einmal so auszudrücken», so Raskin, der die Bank seit 2009 leitet: «Wir wollen Bergos einmalig machen.»

Was noch etwas schulbuchmässig klingt, ist im Vorhaben bereits ausgereifter. So will Bergos ein eigenes Talentmanagement aufbauen, um der «hire and fire»-Kultur auf dem Finanzplatz zu entgehen.

Die Bank soll künftig in grösseren Teams arbeiten, in denen die geeignetsten Experten sitzen. Mindestens ein Nextgen soll jedem Team zugeteilt werden. Dabei werden sich die Teams auf fünf Einheiten verteilen: Familienunternehmer, Key Clients, Maritime, International und externe Vermögensverwalter.

Erweiterung der Geschäftsleitung

Agile Arbeitsweisen werden eingeführt und ein Wissensmanagement, das es jedem Mitarbeiter erlaubt, auf Informationen zugreifen zu können. Chefs sollen sich nicht mehr als Vorgesetzte verstehen, sondern als sogenannte «Enabler», die das Team unterstützen, Hürden abbauen und für den gemeinsamen Erfolg besorgt sein sollen.

Ganz ohne Hierarchien kann aber auch Bergos nicht auskommen. So wird zur bestehenden Geschäftsleitung um Raskin sowie Finanzchef Markus Zwyssig und Managing Partner Reiner Schrupkowski eine erweiterte Geschäftsleitung etabliert: Diese besteht neu aus Dominik Helberger (Leiter Private Banking) , Till Budelmann (Chief Investment Officer), Vanessa Skoura (Leiterin Genfer Niederlassung) und Jürg Sonderegger (Risiko und Compliance).

In den Olymp

Und ohne Incentivierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann auch Bergos nicht ganz auskommen. In den «Olymp» – so nennt Bergos eine Art Personaleinheit – sollen langjährige und erfolgreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufsteigen, wo sie mehr Freiheiten geniessen dürfen: Weniger Einbindung in Projekte und Administration, weniger Fokus auf Generierung von Erträgen und Wachtsum dafür mehr auf die Betreuung von Kunden und von neuen Kundenberatern.

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