Eine internationale Studie fördert überraschende Schwächen von Family Offices zutage. Besonders verwundbar sind die viel bewunderten Vermögensverwalter gegen Angriffe aus dem Cyberspace.

Als Wächter über die Vermögen der reichsten Unternehmerfamilien umgibt Family Offices immer noch eine Aura des Exklusiven und Geheimnisvollen. Doch von der Grösse her operieren viele von ihnen als Finanz-KMU – der ehemalige Investmentbanker Jared Birchall etwa ist praktisch alleine verantwortlich für die Investments des vermögendsten Mannes der Welt, Tesla-Gründer Elon Musk.

Entsprechend gefordet sind die Einzelkämpfer im Dienste der Superreichen angesichts von globalen Trends, welche selbst Grosskonzerne an ihre Grenzen bringen. Recht schonungslos zeigt dies eine aktuelle Studie der Beratungsfirma EY auf, die auf einer Umfrage bei mehr als 250 der weltweit führenden Single Family Offices in zwölf Ländern beruht.

Feste Strukturen fehlen

Wie aus den Report hervorgeht, bekunden zahlreiche Befrage eindeutig Schwierigkeiten, sich mit den weitreichenden Änderungen in der Regulierung und der Steuerpolitik, aber auch mit der zunehmenden geopolitischen Unsicherheit auseinanderzusetzen, wie sie mit dem Krieg in der Ukraine überdeutlich geworden ist.

Im Kern läuft dies auf einen einzigen Schmerzpunkt hinaus: Das Risikomanagement. Während 90 Prozent hier auf externe Hilfe vertrauen oder solche Unterstützung noch in Anspruch nehmen wollen, vermelden weniger als die Hälfte der Family Offices für Einzelfamilien, dass sie intern über feste Strukturen für den Umgang mit Risiken verfügen.

Wie sagt man es dem Familienmitglied?

Dabei spielt auch ein Dilemma hinein, das alle solche Firmen betreffen dürfte: Mitarbeitende müssen sich zwar an Weisungen halten – doch einem Familienmitglied und damit dem Arbeitgeber lässt sich ein korrektes Verhalten nicht einfach befehlen. Allerdings können sich Patzer im Umgang mit Risiken schnell einmal auf den Ruf einer Unternehmerfamilie auswirken.

So ist es nicht nur kostspielig, sondern oftmals auch mit einer gewissen Peinlichkeit verbunden, Opfer von Cyberkriminellen zu werden. Trotz erheblicher Ressourcen, die eigentlich in die Cyberabwehr gesteckt werden könnten, erweisen sich Familiy Offices gemäss der Studie von EY als überraschend verwundbar gegenüber Hacks.

Keinen Plan

So gaben fast drei Viertel der Befragten an, dass sie schon einmal von einer Verletzung der Cybersicherheit oder einer Datenverletzung betroffen waren. Und die meisten scheinen nicht sorgfältig genug mit der Thematik umzugehen, so die Autoren der Studie. 72 Prozent der Family Offices haben keinen Plan für die Reaktion auf Cybervorfälle, und weniger als ein Drittel bietet irgendeine Art von Schulung für Mitarbeitende oder Familienmitglieder an.

Diesbezüglich sind die Finanz-KMU mit den renommierten Grössen der Vermögensverwaltung, den Schweizer Privatbanken, in bester Gesellschaft. Dem Urteil von Experten zufolge haben die hiesigen Häuser diesbezüglich zwar massiv ausgerüstet. Trotzdem musste die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) vergangenes Jahr den Bund um Hilfe bitten, um den Kampf gegen Cyberkriminelle zu koordinieren.

Es fehlt der Verbund

Seit vergangenem April verfügt der Finanzplatz nun mit dem «Swiss Financial Sector Cyber Security Centre» über einen eigenen Verein, um die Bedrohung aus dem Internet zu kontern. Single Family Offices operieren jedoch oftmals ausserhalb der Reichweite von solchen Schutzbündnissen.

Die Hacker-Theamtik ist auch deshalb so aktuell, weil die meisten befragten Family Offices ein Gefühl der Dringlichkeit verspüren, wenn es um die digitale Transformation geht. Das Gros erwartet, in den nächsten zwei Jahren erhebliche Investitionen in neue Technologien und damit verbundene Tools zu tätigen. Dies birgt jedoch Risiken – nicht nur für die Offices selbst, sondern auch für alle Unternehmen und Familienmitglieder, die damit verbunden sind.

Grösser als das einzelne Unternehmen

Schnelle Lösungen sind dabei nicht in Sicht, folgt man dem Resümee, das Steven Shultz, Global Private Tax Leader bei EY, aus der Studie zieht. «Single Family Offices sind mit einer ernüchternden Mischung aus strategischen, technologischen, regulatorischen und operativen Störungen konfrontiert», weiss er zu berichten. Und dies alles inmitten beispielloser wirtschaftlicher, sozialer und geopolitischer Kräfte, die sich der Kontrolle der einzelnen Unternehmen weitgehend entziehen.