Die Raiffeisen Gruppe ist nach der Zwangsübernahme der Credit Suisse durch die UBS über Nacht zur zweitgrössten Schweizer Bank avanciert. Diese neue Rolle hat die Genossenschafter mit zur Rückkehr in die Bankiervereinigung bewogen.

Wer glaubte, das Tuch zwischen Raiffeisen und der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) sei seit dem Austritt der Genossenschaftsbanken im Jahr 2020 gründlich zerschnitten, sah sich am Dienstag eines Besseren belehrt. Denn wie der Banken-Dachverband und die Bankengruppe überraschend mitteilten, kehrt Raiffeisen bereits Ende August 2023 unter das Dach der SBVg zurück.

Mehr noch: Bankpräsident Thomas Müller soll im September zum Vizepräsidenten der Vereinigung gewählt werden, und damit den UBS-Banker Lukas Gähwiler auf dem Posten beerben.

Verändertes Rollenverständnis

Die Rückkehr von Raiffeisen ist ein weiteres Zeichen dafür, welche Tragweite die Zwangsübernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS für den Schweizer Bankenplatz hat und noch haben wird. So für Raiffeisen: Auch wenn das Schicksal des Schweizer Geschäfts der CS noch nicht geklärt ist, verringert sich die Anzahl systemrelevanter Banken in der Schweiz von fünf auf vier. Die Raiffeisen Gruppe rückt damit gleich nach der kombinierten UBS zum zweitgrössten Geldhaus im Land auf.

Dies hat das Rollenverständnis der Genossenschaftsbanker verändert, wie ein Raiffeisen-Sprecher auf Anfrage von finews.ch durchblicken liess. Der Finanzplatz stehe vor Herausforderungen und Diskussionen, die gemeinsam geführt werden müssen, sagte er. «Raiffeisen als zweitgrösste Bankengruppe der Schweiz will ihre Rolle wahrnehmen und sich zu Gunsten unserer Kundinnen und Kunden für einen starken Finanzplatz einsetzen.»

Grossbanken im Fadenkreuz des Parlaments

Als gemeinsame Themen in der neuen Konstellation in der SBVg gelten dabei die Nachhaltigkeit oder die Bekämpfung von Cyberrisiken. Ausserdem will Raiffeisen die Interessen ihrer Schweizer Privat- und KMU-Kundinnen und -Kunden angemessen vertreten sehen.

Zu vermuten ist, dass Raiffeisen die zu erwartende neue Welle bei der Grossbanken-Regulierung mit zur Einsicht gebracht hat, nicht mehr auf eigene Faust in Bundesbern zu lobbyieren. Die Rettung der CS hat dort für viel Unmut gesorgt; das Parlament hat das Vorgehen des Bundes bei der Übernahme durch die UBS nicht abgesegnet, und mit den Vorgängen im Vorfeld der Rettungsaktion vom vergangenen März wird sich eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) befassen.

Ebenfalls haben diverse Parteien Vorstösse lanciert, um der UBS eine höhere Kapitalisierung respektive einen Abbau von Risiken aufzuzwingen.

Alle Register ziehen

Gut denkbar ist, dass auch die Risiken der verbleibenden drei Grossbanken im Inland – Raiffeisen, Zürcher Kantonalbank, Postfinance – vom Gesetzgeber vermehrt unter die Lupe genommen werden. Mit Blick auf die diversen Niederlagen der Schweizer Wirtschaft bei vergangenen Abstimmungen müssen die Banken zudem dringend verhindern, dass eine schärfere Regulierung bis vor das Stimmvolk gelangt. Entsprechend werden die Grossbanken wohl sämtliche Register ziehen, um einen neuen Deckel für ihr Geschäft abzuwenden.

Die SBVg als traditionelle Branchenlobby ist dabei ein wichtiges Werkzeug.

Nie ganz verabschiedet

Auch wenn Raiffeisen die SBVg unter ihrem damaligen Präsidenten Herbert Scheidt unter einigem Getöse verlassen hatte, war es nicht so, dass die Genossenschaftsbanker und die Branchenvertreter nicht mehr miteinander gesprochen haben. So hat Raiffeisen – auch über die Gruppe Koordination Inlandbanken – punktuell weiterhin mit der SBVg zusammengearbeitet. Dies unter anderem im Rahmen bestehender Verträge in der Aus- und Weiterbildung sowie im Bereich der Informationssicherheit.

Als der amtierende Verbandspräsident Marcel Rohner die Grossbank am (heutigen) Dienstag mit offenen Armen willkommen hiess, so dürfte ihm klar gewesen sein, dass Raiffeisen sich nie ganz von der SBVg verabschiedet hatte.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.91%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.01%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel