In der Schweiz stehen gleich mehrere der bekanntesten Krypto-Firmen nahe der Milliardenbewertung, wie Erhebungen von finews.ch zeigen. Damit ernten sie nun die Früchte einer mehrjährigen und ganz offiziell unterstützten Aufbauarbeit.

Mit der jüngsten Finanzierungsrunde für die Seba Bank dringt der Wert der bekanntesten Schweizer Krypto-Gesellschaften in neue Sphären vor. Wie Seba am (gestrigen) Mittwoch mitteilte, löste sie von Wagniskapital-Gebern rund 110 Millionen Dollar.

Obschon es die Zuger Krypto-Bank vermeidet, mit Kennzahlen zur Bewertung an die Öffentlichkeit zu gehen, darf überschlagsmässig angenommen werden, dass sich das Startup auf einem ähnliche Niveau wie die Lokalkonkurrentin Sygnum bewegt.

Deutsche Börse mit wegweisendem Kauf

Die schweizerisch-singapurische Krypto-Bank setzte die eigene Bewertung jüngst bei rund 800 Millionen Dollar an, nachdem sie vergangene Woche eine weitere Finanzspritze erhalten hatte. Damit ist Sygnum nahe am begehrten «Einhorn»-Status angelangt, der in der Szene bei einer Bewertung von 1 Milliarde Dollar als erreicht gilt. Die Zuger Brokerin Bitcoin Suisse wurde derweil mit 400 Millionen Franken (432 Millionen Dollar) bewertet, nachdem sie im vergangenen Jahr Geld aufgenommen hatte.

Mit klingender Münze hat schliesslich die Deutsche Börse bezahlt, als sie im vergangenen Juni eine Mehrheit an der Krypto-Spezialistin Crypto Finance übernahm. Das lässt beim in Zürich ansässigen Anbieter auf eine Bewertung von 400 Millionen Dollar schliessen.

Einhörner mit Projekt-Status

Das sind auch Preisschilder für die vierjährigen Bemühungen um die aufstrebenden Krypto-Branche, bei denen nicht nur Startup-Gründer, sondern auch Bund und Behörden ostentativ an einem Strick zogen. Steuerliche Begünstigungen, das Ausloten günstiger Rechtsstrukturen wie etwa Stiftungen, ein flexibler regulatorischer Ansatz und die tatkräftige Unterstützung der Regierung tragen nun üppige Früchte.

Nach einer groben Schätzung von finews.ch beläuft sich der Wert der Schweizer Krypto-Nation nun auf mindestens 2,4 Milliarden Dollar.

In dieser Rechnung nicht enthalten sind Projekte und Stiftungen, die aufgrund ihrer Rechtsform selber kaum investierbar sind, die es aber nicht zuletzt aufgrund der Hausse von eigenen Token und Coins zu Bewertungs-Einhörnern gebracht haben. Laut Erhebungen der Beratungsfirma CV VC zählt das Zuger «Crypto Valley» zehn solcher «Unicorns». In der Vergangenheit figurierten darunter Ethereum, Dfinity, Polkadot oder Bitmain. Das Krypto-Währungs-Projekt Ethereum wird mit nicht weniger als 157,2 Milliarden Dollar bewertet.

Viel Schall und Rauch?

Das Problem daran ist, dass fast keine dieser Organisationen und Gesellschaften Gewinn- und Verlustrechnungen veröffentlicht. Wie viel von der Bewertung der Startups mit digitalen Vermögenswerten ist also durch reale Geschäfte untermauert, und wie viel ist Schall und Rauch?

Die meisten Akteure in der Krypto-Szene wollen ihre Verwässerung so gering wie möglich halten. Kritiker weisen deshalb gerne darauf hin, dass die Bewertungen auf dem Glauben an das zugrunde liegende Krypto-Geschäftsmodell und nicht auf Cashflow beruhen. Bitcoin Suisse ist hier die Ausnahme, die möglicherweise die Regel bestätigt: Der Krypto-Broker verfügt zwar weiterhin über keine Schweizer Banklizenz, ist aber nach wie vor äusserst profitabel.

Wo das wirkliche Geld steckt

So erklärte Mitbegründer Niklas Nikolajsen im vergangenen Dezember, dass Bitcoin Suisse auf dem Weg sei, den Reingewinn des vergangenen Jahres von 24,1 Millionen Franken fast zu verdoppeln. Das Unternehmen, das sich selber mit «mehreren hundert Millionen» bewertete, kann von einer Kooperations- und Wettbewerbsstrategie profitieren, die der neue CEO Dirk Klee vergangene Woche in einem Interview mit finews.ch skizzierte.

Die Bewertungen sind aber immer noch ein Klacks im Vergleich zu dem, wo das wirkliche Geld steckt: auf ausländischen Handelsplätzen. Die US-Plattform Coinbase löste veregangenes Jahr beim Börsengang 86 Milliarden Dollar. Die Krypto-Börse Kraken strebt Berichten zufolge eine Bewertung von 10 Milliarden Dollar an.

Schweizer Raritäten

Weltweit bleiben hingegen die Schweizer Akteure Sygnum und Seba rare Beispiele für lizenzierte Krypto-Banken. Zu der Handvoll Konkurrenten zählen etwa Silvergate, ein amerikanisches Institut, das jetzt eine Partnerschaft mit dem Diem-Projekt des Internet-Riesen Facebook eingeht, sowie Signature, eine Bank in New York, die kryptofreundlich ist.

Und noch ein Besonderheit weist die Schweiz auf: ein engmaschiges Netz von traditionellen Akteuren wie Incore oder Swissquote, die anderen Banken als Tor zu digitalen Vermögenswerten dienen.

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