Viele Anlegerinnen und Anleger sind verängstigt, wenn sie hohe Kapitalgewinne erzielt haben. Denn sie befürchten, als gewerbsmässige Wertschriftenhändler eingestuft zu werden. Claude Frosio vom Investmenthaus Vontobel erklärt gegenüber finews.tv, wann diese Angst berechtigt ist.

Wer 2021 an der Börse investiert hat, blickt auf ein erfolgreiches Anlagejahr zurück. Doch jetzt folgt die Steuerquittung. Und diesmal trifft es nicht nur gestandene Wertschriftenhändler.

Unter dem neuen Finanzdienstleistungsgesetzt, kurz Fidleg genannt, können aktive und vor allem erfolgreiche Privatanleger durchaus als gewerbsmässige Wertschriftenhändler eingestuft werden. Das hat steuerliche Konsequenzen, wie Claude Frosio, Leiter Steuer- und Vermögensverwaltung, bei der Bank Vontobel, im Interview mit finews.tv erklärt. 

Dass man nicht als qualifizierter oder eben gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft wird, hängt von fünf Kriterien ab. Wenn man diese fünf Bedingungen kumulativ erfülle, sei man im «Safe Haven», also kein Wertschriftenhändler, erklärt Frosio weiter. Doch sie seien relativ streng einzuhalten.

Transaktionsvolumen beachten

Erstens geht es dabei um die Haltedauer der Wertschriften. Anleger sollten ihre Wertschriften länger als sechs Monate halten. Zweitens sollte das Transaktionsvolumen nicht mehr als das Fünffache des Depot- und Guthabenbestandes am Jahresanfang überschreiten.

Drittens sollte der Kapitalgewinn nicht zu hoch sein, wie Frosio weiter betont. «Denn die Behörden gehen davon aus, dass jemand, der einen hohen Kapitalgewinn realisiert, damit seinen Lebensunterhalt finanziert, erklärt der Vontobel-Banker und verweist darauf, dass dieser Kapitalgewinn maximal 50 Prozent des versteuerten Reineinkommens ausmachen darf.

Derivate nur zur Absicherung

Viertens geht es um die Fremdfinanzierung. «Da ist es so, dass eigentliche jede Fremdfinanzierung schädlich ist. Im Kreisschreiben heisst es, dass die anteiligen Schuldzinsen tiefer sein sollten als die steuerbaren Erträge», sagt Frosio. Der fünfte Punkt  schliesslich betrifft Derivate. Sie sollten nur zur Absicherung einer Wertschriftenposition eingesetzt werden.

Frosio räumt im Gespräch ein, dass manche Kundinnen und Kunden verängstigt seien, wenn sie einen guten Kapitalgewinn erzielt hätten. Vielfach könne man Entwarnung geben, da die Steuerbehörden in der Regel eher zurückhaltend seien, wobei dies aber von Kanton zu Kanton verschieden sei.

Krypto-Assets kontrovers diskutiert

«Ein Kantonswechsel kann aber durchaus helfen», sagt der Vontobel-Manager, «es ist schon vorgekommen, dass der Abzugskanton jemanden als qualifizierten Wertschriftenhändler einstufte, und der Zuzugskanton diese Qualifikation nicht übernommen hat.»

Kontrovers diskutiert werde derzeit, wie Kapitalgewinne aus Kryptovermögenswerten zu versteuern seien, sagt Frosio weiter. «Es gibt einige Aspekte ,die man anschauen kann, wie das Transaktionvolumen, die Haltedauer oder die Fremdfinanzierung. Aber man kann es nicht eins zu eins anwenden. Krypto ist doch eine andere Asset-Kategorie», sagt der Fachmann.


 

 

 

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