Der Finanzplatz Liechtenstein hat sich in seiner Strategie zur Nachhaltigkeit bekannt. Der ganzheitliche Ansatz orientiert sich dabei an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Gemeinnützige Stiftungen nehmen in diesem Kontext eine wichtige Funktion ein.


Von Karin Schöb, stellvertretende Geschäftsführerin der Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts (VLGST)

Gemeinnützige Stiftungen sind ein bedeutender Pfeiler des liechtensteinischen Finanzplatzes und spielen eine entscheidende Rolle bei der Verwirklichung der Sustainable Development Goals (SDGs) der Uno, indem sie Ressourcen mobilisieren, Innovation fördern und Kapazitäten aufbauen.

Ihre Bedeutung erstreckt sich über alle 17 SDGs, von der Bekämpfung von Armut und Hunger bis hin zur Förderung von Bildung und Gesundheit. Doch wie steht es um die Zwischenbilanz der Umsetzung dieser ehrgeizigen Agenda und wie können wir ihr noch mehr Schwung verleihen?

Zwischenbilanz der SDGs

Seit ihrer Verabschiedung im Jahr 2015 haben sich die SDGs zu einem Leitfaden für Regierungen, Unternehmen und die Zivilgesellschaft entwickelt. Im Herbst 2023 ist die erste Halbzeit bis zur vereinbarten Umsetzung im Jahr 2030 verstrichen, und die Zwischenbilanz ist global sowie lokal ungenügend.

Viele Länder kämpfen weiterhin mit Armut, Ungleichheit und multiplen Krisen, während der Klimawandel unaufhaltsam voranschreitet. Der zweite Umsetzungsbericht der liechtensteinischen Regierung bescheinigt eine positive Entwicklung in zahlreichen Bereichen, jedoch zeigt er auch deutlichen Handlungsbedarf auf.

Insbesondere in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Erreichung der faktischen Geschlechtergleichstellung, die Förderung einer nachhaltigeren Mobilität und natürlich nicht zuletzt im Klimaschutz sind dringende Massnahmen erforderlich.  

Mobilisierung von Ressourcen und Innovation

Gemeinnützige Stiftungen sind entscheidende Akteure im SDG-Umsetzungsprozess. Sie verfügen über finanzielle Ressourcen, Fachwissen und ein Netzwerk von Partnerinnen und Partnern, um wirkungsvolle Programme zu entwickeln und umzusetzen.

Durch ihre Flexibilität und Unabhängigkeit können sie innovative Ansätze testen und bewährte Praktiken verbreiten. Nachfolgende Beispiele zeigen unterschiedliche Herangehensweisen von gemeinnützigen Stiftungen auf, um zu einer gerechteren und nachhaltigeren Welt für künftige Generationen beizutragen.

Mehr Schwung für die SDGs

Um die Umsetzung der SDGs zu beschleunigen, muss verstärkt auf Partnerschaften gesetzt werden. Gemeinnützige Stiftungen können mit der Regierung, Unternehmen und anderen Organisationen zusammenarbeiten, um Ressourcen zu bündeln und Expertise zu teilen.

Ein Beispiel für eine Public-Private Partnership ist die LIFE Klimastiftung Liechtenstein, die von der Regierung gemeinsam mit den Verbänden des Finanzplatzes Liechtenstein und der Universität Liechtenstein 2009 ins Leben gerufen wurde. Die Stiftung leistet aktiv einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele.

Darüber hinaus ist der Aufbau von Kapazitäten entscheidend, um sicherzustellen, dass lokale Gemeinschaften die Fähigkeiten und Ressourcen haben, um die SDGs vor Ort umzusetzen. Ein weiteres noch junges Beispiel, wie sich Stiftungen sowohl für Partnerschaften als auch für Kapazitätsbildung einsetzen ist die getONEdone Foundation, welche durch «Challenges» systemisch in kleinen Schritten grossen Impact erzielen möchte und alle Ebenen der Gesellschaft in der Umsetzung der SDGs unterstützt.

Ganzheitliche Entwicklung fördern

Eine nachhaltige Zukunft gelingt nur, wenn Menschen, Führungskräfte und Organisationen befähigt werden, nachhaltig zu denken und zu handeln. Führungskräfte und Unternehmenskultur sind die massgeblichen Hebel, Inkubatoren und Katalysatoren für nachhaltiges Handeln.

Hier kommen die Inner Development Goals (IDGs) ins Spiel, um die Lücke zwischen Wissen und Verhaltensänderung zu überwinden. Dieses Konzept fokussiert auf die Ausbildung der menschlichen Fähigkeiten, die für die Förderung eines systemischen Wandels unerlässlich sind.

Gemeinnützige Stiftungen können durch Programme zur Förderung von sozialer und emotionaler Kompetenz sowie zur Stärkung des Gemeinschaftssinns einen Beitrag zu den IDGs leisten. Ein Beispiel hierzu kommt von der The System Change Foundation, die zusammen mit der Universität St. Gallen einen IDG-Hub gegründet hat mit dem Ziel, das Thema in Kooperation mit anderen Stiftungen und Organisationen in Liechtenstein bekannter zu machen und explizite Hilfestellung zu leisten.

Denken in Generationen

Genau wie ihre Mitgliedstiftungen setzt sich auch die Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts (VLGST) für die Umsetzung der SDGs ein und fördert durch die Partnerschaft mit der SDG-Allianz Liechtenstein den sektorübergreifenden Austausch zwischen einer Vielzahl von Akteuren.

Unter dem Motto «Hopp Liachtasta!» fordert die SDG-Allianz Liechtenstein verstärkten Einsatz und mehr Tempo für die zweite Halbzeit des Umsetzungsprozesses der Agenda 2030, um wirksame Taten für ein gutes Leben künftiger Generationen zu fördern.


Karin Schöb ist stellvertretende Geschäftsführerin der Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts (VLGST). Nach einer Bankfachausbildung war sie 18 Jahre in der Finanzbranche tätig – zunächst in der Kundenberatung, dann in den Bereichen Marketing und Kommunikation und absolvierte berufsbegleitend ihr BWL-Studium an der Universität Liechtenstein. Seit 2022 ist sie bei der VLGST für Nachhaltigkeits- und Umweltthemen zuständig und wurde 2023 zur stellvertretenden Geschäftsführerin ernannt.