Von der Absicht zur Tat: Ein Vorschlag zur Entlastung der Schweizer Unternehmen
Nach dem Debakel mit den US-Zöllen will der Bundesrat den Standort Schweiz ertüchtigen und die Unternehmen administrativ entlasten, damit diese ihre Produktionskosten senken können. finews.ch unterstützt diese Anstrengungen und präsentiert einen Vorschlag aus dem Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Mit einem Federstrich könnte die Landesregierung die Wirtschaft um Millionen entlasten.
Wer hat's vermasselt? Ist der Bundesrat in corpore verantwortlich dafür, dass – nachdem die Verhandlungen lange Zeit auf gutem Weg zu sein schienen – die USA den Schweizer Exporteuren einen Zoll von 39 Prozent aufbrummten. Oder waren es doch eher ein oder mehrere bestimmte Mitglieder der Landesregierung?
Zugegeben, das Werweissen und Wehklagen ist für die politische Aufarbeitung und die psychologische Verarbeitung des Debakels wertvoll – verbessert aber die Lage der Schweizer Unternehmen kein Jota.
Tiefere Produktionskosten, höhere Standortattraktivität
Das hat auch der Bundesrat begriffen und vergangene Woche angekündigt, dass er als Reaktion auf das veränderte internationale Umfeld seine Anstrengungen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz intensivieren will; in der weisen Einsicht, dass «eine Verbesserung der allgemeinen Standortbedingungen für alle Unternehmen der zielführendste Weg ist, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft zu erhalten».
Priorität hat dabei die Senkung der Produktionskosten. Dazu sollen die Unternehmen administrativ entlastet werden. Dabei lautet das Credo: zusätzliche Belastungen durch neue Regulierung vermeiden, bei bestehenden Entlastungen vornehmen. Und auch laufende Projekte sind im Fokus. «Bei noch nicht abgeschlossenen Vorhaben mit hohen Kostenfolgen für Unternehmen soll auch die Möglichkeit einer Verschiebung geprüft werden», verspricht der Bundesrat.
Ein konkreter Vorschlag im Bereich der Klimaberichterstattung
Nun liegt der Ball bei den «zuständigen Departementen». Sie haben den Auftrag, zügig entsprechende Vorschläge auszuarbeiten, damit der Bundesrat schon im Herbst beginnen kann, Nägel mit Köpfen zu machen. Zudem möchte die Landesregierung «den Austausch mit der Wirtschaft fortsetzen».
Auch finews.ch steht zuweilen im Austausch mit der Wirtschaft und ist deshalb gerne bereit, einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten, der dem Bundesrat helfen soll, seine löbliche Absicht in die Tat umzusetzen.
Maschinenlesbarkeit kostet Millionen
Es geht dabei um die bundesrätliche Verordnung zur Klimaberichterstattung. Gemäss Artikel 4 müssen Unternehmen diesen Bericht «in mindestens je einem für Mensch und einem für Maschinen lesbaren, international verbreiteten elektronischen Format» publizieren. Weil die in Artikel 5 festgelegte Übergangsfrist abgelaufen ist, greift diese Pflicht nun zum ersten Mal, d.h. konkret für den Klimabericht 2025, der 2026 zu veröffentlichen ist.
Ein mit Nachhaltigkeitsfragen versierter Praktiker eines Schweizer Industrieunternehmens schätzt, dass die Pflicht zur Maschinenlesbarkeit die Wirtschaft mit einem Betrag in zweistelliger Millionenhöhe belasten wird. Insbesondere die Frage der technischen Umsetzung (Stichworte Reporting Standard, XBRL-Taxonomie, Software) binde viele Ressourcen, die besser in konkrete Klimaprojekte investiert würden, mit positiven Folgen für das Klima und die Wettbewerbsfähigkeit.
Quer in der Nachhaltigkeitsregulierungslandschaft
Tatsächlich bringt die Maschinenlesbarkeit der Berichte dem Klima keinen direkten Nutzen. Dazu kommt, dass das Vorhaben quer in der aktuellen Regulierungslandschaft in Bezug auf Nachhaltigkeitsthemen liegt.
So hat der Bundesrat im Juni 2025 entschieden, die Revision der Verordnung zur Klimaberichterstattung vorläufig zu pausieren, nachdem er bereits im März beschlossen hatte, die weitere Verschärfung der Nachhaltigkeitspflichten für Unternehmen aufs Eis zu legen (was auch finews.ch nicht entgangen war), angesichts der festen Absicht der EU, ihren Dschungel an Nachhaltigkeitsregeln im Interesse der Standortattraktivität Europas auszulichten.
Aufschub in der EU
In der EU sollen insbesondere die Vorschriften für kleinere und mittlere Unternehmen gelockert werden, speziell die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive und EU-Taxonomie), das Lieferkettengesetz sowie Vorgaben zu nachhaltigen Investitionen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive), die erst im Juli 2024 in Kraft getreten ist.
Im Rahmen der «Stop-the-Clock»-Regelung ihres sogenannten Omnibus-Pakets hat die EU die Berichterstattungspflicht inklusive Maschinenlesbarkeit auch um zwei Jahre aufgeschoben, mit dem Ziel, sie bis dahin stark zu vereinfachen.
Warum der Bundesrat handeln soll
Bleibt der Bundesrat untätig, wären Schweizer Unternehmen diesbezüglich strenger reguliert als ihre EU-Pendants – ursprünglich war es eigentlich darum gegangen, sich auch in diesem Punkt der EU anzugleichen. Dass die Inkraftsetzung der Pflicht zur Maschinenlesbarkeit den Regulierungsgraben zur EU vertiefen würde, wäre zur Not noch zu verschmerzen. Schwerer fällt ins Gewicht, dass ein stures Festhalten das Vertrauen in das Versprechen des Bundesrats unterhöhlt, die Wirtschaft substanziell zu entlasten – obschon dafür quasi nur ein Federstrich an einer eigenen Verordnung nötig wäre.
Gerne nimmt finews.ch weitere fundierte Vorschläge aus der Wirtschaft zur Entlastung der Unternehmen entgegen; vielleicht lassen sich die «zuständigen Departemente» davon sogar inspirieren.