Asset Management im Umbruch: Grösse macht einen Unterschied
Von Volker Kang
In einer Zeit, in der die unternehmerischen Rahmenbedingungen zunehmend komplexer werden, ist Anpassungsfähigkeit wichtiger denn je. Dies gilt auch für das Asset Management.
Ob und wie ein Asset Manager die aktuellen Herausforderungen meistert, hängt nicht zuletzt von seiner Grösse und seiner Fähigkeit ab, Chancen zu erkennen und zu nutzen. Besonders relevant sind dabei Themen wie technologische Innovation, eine robuste und zukunftssichere IT- und Systemlandschaft, Markterweiterung, Compliance und die Entwicklung neuer Produkte sowie Anlageklassen.
Den Nutzen von KI erschliessen
Künstliche Intelligenz (KI) gilt als echte Chance im Asset Management und kann erheblich dazu beitragen, Wachstums- und Effizienzziele zu erreichen. Sie kommt aktuell unter anderem im Rahmen von Marktanalysen sowie der Portfolio-Optimierung zum Einsatz. Zudem entstehen vermehrt Anwendungsfälle im Zusammenhang mit der Gewinnung neuer kundenbezogener Erkenntnisse aus proprietären Daten (z.B. aus dem CRM-System).
Grosse Asset Manager neigen aktuell dazu, unternehmensweite KI-Strategien in den Bereichen Investment, operative Prozesse und alle kundenorientierten Funktionen hinweg umzusetzen. Solche Lösungen basieren auf grossen Sprachmodellen und stützen sich auf sorgfältig erfasste interne und externe Daten. Mittelgrosse und kleinere Asset Manager investieren hingegen häufiger in Standardlösungen und Software-as-a-Service-Plattformen.
In der Folge ist die Gewährleistung von verständlicher und vertrauenswürdiger KI für Organisationen zu einer Priorität geworden. Angesichts der Erwartungen der Aufsichtsbehörden sind Asset Manager verpflichtet, angemessene und verhältnismässige Governance-Rahmenwerke für den Einsatz von KI einzuführen. So wurde unter anderem die FINMA-Aufsichtsmitteilung 08/2024 zu Governance und Risikomanagement beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz veröffentlicht.
Belastbare Infrastruktursysteme
In einem zunehmend komplexen Anlageumfeld mit strikteren Vorschriften, einem verstärkten Fokus auf operative Effizienz und sich neu entwickelnden Anlageklassen müssen die Prozesse von Asset Managern auf einer robusten IT-Infrastruktur aufbauen. Diese Infrastruktur sollte den gesamten Anlageprozess reibungslos unterstützen – von der Auftragserfassung und Portfolioverwaltung bis zu Risikoprüfung, Reporting und Kundenkommunikation.
Während grosse Asset Manager auf vollintegrierte «end-to-end» Lösungen grosser Anbieter setzen und dank eigenen IT-Teams ergänzende Systeme entwickeln, bevorzugen andere Marktteilnehmer Alternativen zu geringeren Kosten. Mittelgrosse Anbieter verfolgen oft einen «Best-of-Breed»-Ansatz, wobei verschiedene Systeme im Front-, Middle- und Back Office kombiniert werden. Kleinere Asset Manager gehen ähnlich vor, sind jedoch mangels eigener IT-Teams meist auf Outsourcing und «Plug-and-Play»-Lösungen kosteneffizienter Anbieter angewiesen. Diese ergänzen sie häufig mit manuellen und damit oft fehleranfälligen Prozessen, um bestehende Lücken zu schliessen.
Die zunehmend komplexen Marktverhältnisse stellen neue Anforderungen, und integrierte Lösungen werden selbst für kleine und mittlere Anbieter immer wichtiger. Vor diesem Hintergrund sollten Asset Manager darauf bedacht sein, Effizienzgewinne auch an anderer Stelle zu erzielen, um erhöhte Investitionen in technologische Weiterentwicklungen auszugleichen.
Marktexpansion und Anpassung an regulatorische Änderungen
Angesichts der unterschiedlichen Rechtsformen der Asset Manager in der Schweiz, der EU und anderen internationalen Märkten variieren auch die Organisationsformen erheblich. Grosse Asset Manager mit Gesellschaften in der EU können dort eine breite Produktpalette und Services anbieten – dank entsprechender Lizenzen und dem entsprechendem «Passport». Mittelgrosse Anbieter greifen häufig auf EU-White-Label-Partner zurück, wodurch sie EU-Investmentfonds zügig und flexibel in allen Mitgliedsstaaten anbieten können. Für kleine Asset Manager ohne Produkte mit EU-Zulassung ist der Zugang zum Fondsvertrieb in der EU meistens ausgeschlossen.
Eine gezielte Bewertung des Potenzials des europäischen und des globalen Marktes sowie die Entwicklung einer individuellen Markteintrittsstrategie sollten stets sowohl regulatorische Anforderungen als auch Kosten und Nutzen berücksichtigen. Über die EU hinaus sorgt beispielsweise das «Swiss-UK Mutual Recognition Regime» für mehr Klarheit bei den Vermarktungsregelungen zwischen beiden Ländern und eröffnet zudem neue Marktchancen für andere Anbieter wie etwa Privatbanken.
Die Organisationsstrukturen von Asset Managern sind oft komplex, insbesondere wenn diese als juristische Personen, Fonds und Vertriebseinheiten in mehreren Märkten aktiv sind. Daher ist ein wirksamer Ansatz zur Erfassung und Steuerung regulatorischer Veränderungen unerlässlich. Entsprechend wichtig ist die Implementierung passender technologischer Lösungen und Arbeitsabläufe.
Neue Produkttypen und Anlageklassen
In den letzten Jahren sind neue Fondstypen entstanden, die das Produktangebot deutlich verbreitern und es Asset Managern ermöglichen, passgenauere Lösungen für ihre Investoren zu lancieren. So wurde beispielsweise der Schweizer L-QIF eingeführt – ein flexibles Fondsvehikel mit deutlich kürzerer Markteinführungsdauer im Vergleich zu traditionellen Schweizer Produkten.
Auch andere Länder haben vergleichbare Strukturen geschaffen. Zusätzlich möchten Asset Manager verstärkt auch Privatanlegerinnen und -anleger den Zugang zu privaten Anlageklassen ermöglichen. In der EU und in Grossbritannien haben regulatorische Neuerungen zu einer steigenden Marktnachfrage und erhöhten Fondsauflagen geführt.
Hinsichtlich der Attraktivität von Anlageklassen bieten Strategien im Bereich der Privatmarktanlagen und alternativen Anlageprodukte in der Regel höhere Margen. Viele Asset Manager haben mittlerweile Privatmarkt- und alternative Anlagestrategien auf ihre Investmentplattformen integriert, während andere diese Optionen noch evaluieren.
Die Einführung einer neuen Anlageklasse verlangt regulatorische, operative und technologische Anpassungen. Bei der Auflage neuer Fonds sollten Asset Manager unter anderem das Fondsdomizil, Serviceprovider, den regulatorischen Status, die rechtliche Struktur, Zielinvestoren, steuerlichen Aspekte und die Vertriebsthemen berücksichtigen.
Zeit zum Handeln
Mit dem Wandel der Asset Management-Branche spielt die Unternehmensgrösse eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung von Strategien und beim Umgang mit Herausforderungen. Grosse Asset Manager nutzen ihre Ressourcen, um umfassende Lösungen umzusetzen, während kleinere und mittlere Anbieter flexiblere sowie kosteneffizientere Ansätze wählen.
Unabhängig von der Grösse liegt der Schlüssel zum Erfolg darin, Innovationen anzunehmen, regulatorische Komplexität zu meistern und neue Marktchancen gezielt zu erschliessen. Indem Asset Manager ihre Organisation an diesen Grundsätzen ausrichten, können sie ihre Position in einer zunehmend wettbewerbsintensiven und dynamischen Branche sichern.
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Volker Kang ist Direktor im Bereich Wealth und Asset Management Consulting bei KPMG.