Normalerweise herrschen für die Bürolisten in der Londoner City strikte Kleidervorschriften – selbst die Farbe der Schuhe ist vorgegeben. Doch vor dem Klima kapituliert selbst die Tradition. 

«No brown in town.» Das Sprichwort sagt es klar: Schon braune Schuhe sind zuviel der Abweichung vom strikten Dresscode, der normalerweise in der Londoner City herrscht. Uniformes Schwarz ist angesagt, kombiniert mit Anzug und Krawatte. 

In den ungewöhnlich heissen Tagen der vergangenen Wochen haben sich allerdings immer mehr der sonst stilbewussten Briten um die Etikette foutiert, wie das – amerikanische – «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) feststellt. Sogar in kurzen Hosen gingen manche Banker zur Arbeit. 

Google wusste keine Antwort

Wie aussergewöhnlich das ist, zeigt das Beispiel eines Angestellten des britischen Finanzinstituts Barclays. Er fragte vorab die Suchmaschine Google, ob er bei seinem Arbeitgeber in Shorts erscheinen dürfe. Da das Internet keine schlüssige Antwort geben konnte, beschränkte er sich auf hochgekrempelte Jeans.

Ein Wirtschaftsprüfer hatte derweil keine solchen Hemmungen. Sogar Komplimente habe er für seine kurzen Hosen bekommen, gab er den Journalisten des «Wall Street Journal» zu Protokoll. 

Ausnahmen von der Tradition

Während die Angestellten der «Big Four»-Wirtschaftsprüfer oder global tätiger Banken sich in einem internationalen Umfeld bewegen und in ihrem Dresscode dadurch etwas flexibler, sind britische Institutionen noch viel stärker der Tradition verpflichtet.

Doch selbst dort sprangen die Hüter der Kleiderordnung in den vergangenen Wochen über ihren Schatten: Auf dem Lord's Cricket Ground, der wichtigsten Adresse für diesen Sport, durften die Mitglieder zuletzt ihre Jackets ausnahmsweise ablegen. 

Auch abends leger

Auch im Annabel's, einem noblen Nachtklub im Hedgefonds-Viertel Mayfair, der nur Mitgliedern und deren Gästen offen steht, kam es zu einer Premiere: Die Männer durften in – zumindest eleganten – Shorts kommen. Im Gegensatz dazu hatten potenzielle Gäste in Jeans weiterhin keinen Einlass. Die Etikette per se geht also doch über alles.