Besteht für alle Bankangestellte ein Recht auf Weiterbildung? Denise Chervet, Geschäftsführerin des Schweizerischen Bankenpersonalverbands, geht für finews.life der Frage nach – und zeigt neue Angebote.

«Muss sich ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin auf Anordnung des Arbeitgebers oder auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit von Gesetzes wegen weiterbilden, dann stellt die dafür aufgewendete Ausbildungszeit Arbeitszeit dar»: Dies ist nicht etwa eine gewerkschaftliche Forderung, sondern der Wortlaut von Art. 13 Abs. 4 der Verordnung 1 des Arbeitsgesetzes, von dem keine Ausnahme durch einen Arbeitsvertrag gemacht werden kann.

Allerdings wird in den Banken der Ausbildungsbedarf teils durch interne Regeln und Vorschriften definiert, die insbesondere die Kundenberater betreffen – aber nicht nur. Die verschiedenen Updates, die zur Erfüllung der Anforderungen der Bank erforderlich sind, müssen während der Arbeitszeit vorgenommen werden können und vollumfänglich vom Arbeitgeber bezahlt werden. Gleiches gilt für alle vom Arbeitgeber vorgeschriebenen Schulungen.

Neue Perspektiven öffnen

Wenn Mitarbeitende hingegen eine Ausbildung beantragen, muss unterschieden werden zwischen einer Ausbildung, die für die Ausübung der derzeitigen Tätigkeit erforderlich ist, und einer, welche die Inanspruchnahme einer Beförderung ermöglicht oder neue berufliche Perspektiven eröffnet.

Die Notwendigkeit, die Arbeitsmarkt-Fähigkeit zu erhalten, wurde vom Arbeitgeberverband der Banken anerkannt. Die so genannte Employability umfasst nicht nur technische Fähigkeiten, sondern auch Grundkompetenzen wie Kommunikation, Entscheidungsfindung oder Risikomanagement. Diese Anforderungen im Zusammenhang mit neuen Formen der digitalen Arbeit erfordern Anpassungen, die auch vom Arbeitgeber unterstützt werden müssen.

Diskussion mit dem Chef vorbereiten

Indes, die einzelne Bank davon zu überzeugen, könnte schwieriger sein, da es sich nicht per se um technische Kenntnisse handelt. Die Skillaware-Kampagne liefert nützliche Argumente für die Diskussion mit den Vorgesetzten. Diese Kampagne der Sozialpartner im Finanzsektor ermöglicht es, zunächst die vorhandenen Grundkompetenzen zu beurteilen und dann ein Gespräch mit einem unabhängigen Karriereberater zu führen (für Mitglieder des SBPV und KV Schweiz ist das erste Gespräch kostenlos).

Dies ist eine gute Grundlage für die Unterredung mit den Vorgesetzten, da auf Basis einer wissenschaftlichen Selbstevaluation und einer professionellen Beratung durch einen von Skillaware akkreditierten Karriereberater notwendige Umschulungs- oder Weiterbildungs-Massnahmen glaubwürdig aufgezeigt werden können.

Die Banken leiden unter Fachkräftemangel und unterstützen aktiv die Ausbildung ihrer Belegschaft. Ein Karriereplan mit Ausbildung ist daher eher ein Vorteil als ein Manko. Wenn die internen Weiterbildungsprogramme nicht den erforderlichen Bedürfnissen entsprechen, bieten die Fachhochschulen und Universitäten anerkannte Zusatzausbildungen an. In diesem Fall ist es möglich, mit dem Arbeitgeber eine vorübergehende Arbeitszeitverkürzung und einen Beitrag zu den Ausbildungskosten auszuhandeln. Eine Vereinbarung legt in der Regel die Bedingungen für die Unterstützung fest.

Frei von Druck

Falls Sie einen Wendepunkt in Ihrer Karriere oder sogar einen veritablen Richtungswechsel in Betracht ziehen, wird es schwieriger sein, Unterstützung von der Bank zu erhalten. In diesem Fall bieten verschiedene Institute Kredite und Unterstützung an, wie Educa Swiss. Auch der SBPV unterstützt auf Anfrage Weiterbildungs- oder Umschulungs-Massnahmen seiner Mitglieder mit der Stiftung für Weiterbildungs- und soziale Zwecke.

Wenn die Zukunft ungewiss und die berufliche Zukunft kompliziert erscheint, lohnt es sich, das Problem sofort anzugehen. Mit Skillaware und der Unterstützung eines Karriereberaters stehen die Werkzeuge zur Verfügung, um eine Bestandsaufnahme frei von jedem Druck zu machen. Arbeitnehmende sollten das Schicksal nicht für sich entscheiden lassen, sondern selbst die Kontrolle über ihr Schicksal übernehmen, am besten noch heute.


Denise Chervet ist Geschäftsführerin des Schweizerischen Bankenpersonalverbands (SBPV). Die Vereinigung vertritt die sozialen, wirtschaftlichen, rechtlichen und beruflichen Interessen der Angestellten der hiesigen Finanzbranche in der Schweiz. Chervet leitet die Vereinigung seit 2009; zuvor sass sie unter anderem in der Geschäftsleitung der Gewerkschaft Medien und Kommunikation Syndicom und machte beim Kreditkarten-Anbieter American Express erste Erfahrungen mit der Finanzbranche.