Die Swiss setzt die Boeing 777-300ER nun auch auf der Strecke zwischen den beiden Finanzzentren Zürich und Singapur ein. Was ist von der neuen Business Class zu halten?

Die gut 10'000 Kilometer lange Strecke zwischen den beiden «Löwenstädten» Zürich und Singapur zählt zweifelsohne zu den von Schweizer Bankern am meisten benutzten Flugrouten, verbindet sie doch zwei der wichtigsten Finanzzentren dieser Welt.

Umso mehr waren viele Banker bereits im vergangenen Jahr gespannt, als es hiess, die Swiss werde 2016 auch auf dieser Strecke die neue Boeing 777-300ER (B777) einsetzen. Das Interesse war insofern auch gross, weil die Innenausstattung des bisherigen Fluggeräts, der Airbus A340-300 (A340), etwas in die Jahre gekommen war.

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Am vergangenen Freitagabend war es so weit: Flugplanmässig startete der erste Flug mit der B777 von Zürich. finews.ch hatte die Möglichkeit, die Business Class zu testen.

Unterschiedliche Sitze

Was sogleich auffällt: Die Kabine mit insgesamt 62 Business-Class-Sitzen (A340: 47 Plätze) ist breiter und wirkt grosszügiger. Grundlegend anders ist das Interieur indessen nicht, es dominieren weiterhin braune und beige Töne.

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Hat man einmal Platz genommen, stellt man allerdings rasch fest, dass nicht alle Sitze denselben Freiraum bieten. So verfügt bei den Zweiersitzen jeweils ein Passagier über wesentlich mehr Ablagefläche und Stauraum als sein Nachbar. Besonders deutlich zeigt sich dies bei den einzeln konfigurierten Sitzen in den beiden äusseren Reihen, wo man – wie es Swiss-intern bereits heisst, einen «Thron» zur Verfügung hat, der enorm viel Reisekomfort bietet.

Frequent Flyer müssen sich neu orientieren

Insofern tun Business-Class-Passagiere gut daran, sich bereits bei der Buchung respektive bei der Sitzplatz-Reservation gut darüber zu informieren, welchen Platz sie sich sichern – sonst kann es durchaus zu bösen Überraschungen kommen. Oder anders gesagt: Frequent Flyers müssen sich neu orientieren und die Kabine kennen.

Wie die Swiss dieses sozusagen variierende Produkt vermarkten will, muss sich erst noch weisen. Grundsätzlich versuche man, den unterschiedlichen Reisebedürfnissen der Passagiere entgegen zu kommen, erklärte Chief Commercial Officer Markus Binkert gegenüber finews.ch. Vor diesem Hintergrund habe man bewusst reine Schlaf- sowie «Arbeitssitze» eingerichtet. Reklamationen von Kundenseite habe es bislang keine gegeben.

Binkert schliesst indessen nicht aus, dass die Business-Class-Sitze dereinst zu unterschiedlichen Tarifen verkauft werden könnten, wie das in der Economy Class bereits teilweise der Fall ist. Doch so weit sei man jetzt noch nicht.

Keine Kreuzschmerzen

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Als wesentliche Aufwertung gegenüber anderen Business-Klassen erweist sich der Sitzkomfort in der B777. Das verwendete Material passt sich besser an den Körper an, was insbesondere in Liegestellung spürbar wird. In der Beckengegend findet sich sogar ein fein regulierbares, mit Schaumstoff gefedertes Sitzteil, dank dem man auch nach längerer Liegedauer keine Kreuzschmerzen kriegen sollte.

Eindrückliche Airshow

Einen Quantensprung hat die Swiss in ihrer neuen Business Class in Sachen Inflight-Entertainment vollzogen. Die neuen, sichtbar grösseren Bildschirme (16-inch) sind Touch-Screens, so dass man nicht zwingend mit der Fernbedienung hantieren muss. Das Audio- und Video-Angebot ist enorm vielfältig und lässt keine Wünsche offen.

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Beeindruckend sind die zahlreichen Real-TimeDaten, die sich in der Rubrik «Airshow» abrufen lassen und den Passagier über den Flugverlauf optisch höchst eindrücklich in Kenntnis setzen.

In Sachen Technik ist der neu verfügbare Internet-Zugang das Non-plus-ultra. Ein Test auf dem Erstflug lieferte absolut befriedigende Resultate; die Webseiten liessen sich rasch abrufen, das Email funktionierte einwandfrei. Um diesen Service zu benützen, erwerben die Passagiere während des Flugs via Kreditkarte Datenpakete von 20, 50 oder 120 Megabytes (MB) für 9, 19 und 39 Franken.

Ende einer Internet-freien Zone

Lust oder Last? Die Meinungen darüber, dass nun eine der letzten Internet-freien Zonen aufgehoben ist, gehen tatsächlich weit auseinander. Auch hier muss sich noch weisen, welche Praxis sich unter den Passagieren durchsetzen wird, zumal jetzt auch Telefonate via persönliches Handy möglich werden, was – wie in den Zügen – zu einiger Unruhe in der Kabine führen kann.

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Alles in allem ist die neue Business Class eine Aufwertung gegenüber dem bisherigen Produkt, selbst wenn dies rein optisch auf Anhieb nicht unbedingt den Eindruck macht. Im Gegensatz zu anderen, stärker design-orientierten Business-Klassen präsentiert sich diejenige der Swiss nüchtern, funktionell und bar jeder Protzigkeit – was nicht schlecht sein muss.

Vorerst dreimal wöchentlich

Ebenfalls wichtig zu wissen ist, dass die B777 auf der Strecke Zürich-Singapur vorerst dreimal pro Woche zum Einsatz kommt – und zwar ab Zürich jeweils freitags, sonntags und mittwochs, an den übrigen Tagen fliegt ein A340. Ändern wird sich dies ab dem 20. März 2017, wenn die Triple-Seven dann täglich von Zürich aus abhebt, wie Aditya Khullar, Head of Swiss Southeast Asia & Pacific, erklärte.

Auf Langstrecken ist das neue Fluggerät bereits nach Los Angeles, Hongkong, Bangkok und Singapur unterwegs; zeitweilig kam es auch schon nach Sao Paulo und Montreal zum Einsatz. Als nächste Destinationen gelten Miami (ab 30. Oktober 2016) und San Francisco (ab 16. Februar 2017).

Deutlich erhöhte Platzkapazität

Mit ihren insgesamt 340 Sitzen bietet die B777 ganze 55 Prozent mehr Platzkapazität als der A340; gerade zwischen Zürich und Singapur, wo Singapore Airlines bereits mit einer A380 täglich verkehrt, dürfte es nicht einfach fallen, das vergrösserte Sitzkontingent zu vermarkten – ohne dabei allzu heftige Preiskonzessionen zu machen (Fotos: Swiss/finews.asia).