Das Corona-Jahr 2020 hat auch die Weinbranche durchgeschüttelt. Welche Trends werden die Zukunft prägen? Was geniessen wir im nächsten Jahr? finews.ch-Weinredaktor Peter Keller stellt fünf Thesen auf, die bald einmal Realität werden könnten.

Plötzlich ging nichts mehr: keine Weinmessen, keine Degustationen, keine Besuche auf Weingütern. Der Lockdown im Frühling veränderte auch die Weinbranche. Wer als Produzent oder Händler im Internet schlecht aufgestellt war, besass plötzlich keine (Markt-) Chancen mehr.

Der Online-Weinkauf erlebte einen veritablen Boom. Und mit virtuellen Verkostungen etablierte sich ein neues Format, das sich erstaunlicherweise bei einem breiten Konsumenten-Kreis einer überaus guten Nachfrage erfreute.

Was kommt im neuen Jahr? Welche Weine werden im Fokus stehen? Stehen unbekannte Anbaugebiete im Fokus? Wir blicken in die Sterne und stellen fünf Thesen für 2021 auf, das nur besser werden kann als der Vorgänger.

1. Goldene Chancen für Schweizer Winzer

Die Konsumenten werden sich verstärkt nach einheimischen Weinen und regionalen Anbietern orientieren. Dieser Trend bietet gerade den Schweizer Winzern und Winzerinnen goldene Chancen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Qualität stimmt und spannende Produkte angeboten werden. Der Verkauf ab Weingut wird zurückkehren, wenn gleich das Internet als Absatzkanal wichtig und unverzichtbar bleibt.

2. Neue Anbaugebiete werden durchstarten

Die grossen Klassiker wie Bordeaux oder Toskana kennt jeder. An ihnen führt kein Weg vorbei. Aber andere Anbaugebiete können durchstarten, etwa das spanische Priorato. Dort bewegt sich derzeit gerade sehr viel. Man kehrt zu den einheimischen Rebsorten wie Garnacha und Carinena zurück und sucht wegen der sommerlichen Hitze vor allem nördliche Reblagen.

Selbst der Master of Wine und Händler Philipp Schwander ist mit einem Projekt im Priorato engagiert. Wieder entdeckt werden könnte das Beaujolais. Das französische Anbaugebiet leidet immer noch am schlechten Image des Beaujolais Nouveau. Aber innovative Winzer erzeugen hochwertige, möglichst naturnahe Weine in den zehn Cru-Lagen. Jederzeit einen Schluck wert!

3. Emotionale Weine im Vormarsch

Ein guter Wein sollte etwas auslösen. Seelenlose, industriell erzeugte Tropfen gibt es zuhauf. Wer den Winzer, die Winzerin und/oder den Rebberg kennt, hat einen persönlichen Bezug zum Wein. Das nimmt an Bedeutung zu.

Sich lediglich an Bewertungen und Degustationssiegern zu orientieren, ist langweilig und phantasielos. Schliesslich trinkt man nicht Punkte, sondern Wein. Viele Flaschen werden zudem zu früh geöffnet. (Guten) Gewächsen sollte man Zeit lassen: Gereifte Weine bieten ein sensorisch unvergleichbares und unvergessliches Erlebnis.

4. Nachhaltigkeit wird zum Standard

Das Klima wird wärmer. Davon ist auch der Rebbau betroffen. Das verändert die Ausgangslage. Künftig werden jene Produzenten bessere Chancen haben, die nachhaltig wirtschaften. Ein sorgsamer Umgang mit der Natur wird Pflicht. Der Bio-Anbau sollte eine Selbstverständlichkeit werden.

Noch immer werden zu viele Herbizide und Fungizide gespritzt. Das Umdenken wird sich schnell fortsetzen. Während Öko-Weine an Bedeutung gewinnen, verharren die sogenannten, meist ohne Schwefel erzeugten Natural Wines mit ihrer ungewohnten Aromatik in einer Nische.

5. Dialog mit der Community ausbauen

Egal ob im Weinbusiness oder in der Gastronomie: Wer im Netz eine Basis von Fans hat, schlägt sich in schwierigen Zeiten wie diesen besser durch. Die einen haben eine Community bei Facebook oder Instagram, die anderen haben einen effizienten Newsletter-Verteiler aufgebaut.

Ohne einen digitalen Kommunikationskanal ist man weg vom Fenster respektive vom Markt. Schliesslich ist es wichtig, auf eine loyale Stammkundschaft zählen zu können. Das zählt auch für Weingüter.