Die Hotellerie hat es nicht einfach in diesen Tagen. Doch für Kunstinteressierte lohnt sich gerade jetzt ein Aufenthalt: Manche Häuser besitzen beeindruckende Sammlungen, von denen kaum jemand etwas weiss. 

Von Artur K. Vogel, freier Mitarbeiter

1. Skulpturen der Superlative, Ascona

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Das Castello del Sole in Ascona ist eines der attraktivsten Schweizer Luxushotels mit 78 Suiten und Zimmern. Auf dem riesigen Terrain des Hotels (140 Hektaren) werden im eigenen Landwirtschaftsgut Wein, Getreide, Reis, Früchte und Gemüse kultiviert.

Der immense Hotelpark (Bild oben) ist prädestiniert für überdimensionierte Skulpturen. Während der Saison 2021, die am 26. März beginnt, sind die «Stahlbauten» des Zürchers James Licini aus industriellen Stahlteilen zu sehen. Das Hotel selber bietet wechselnde Kunstausstellungen.

2. Ein Schloss voller Kunst, Zuoz

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Kunst im Überschwang findet sich im Hotel Castell in Zuoz. Kein Wunder, denn sein Eigentümer Ruedi Bechtler ist Unternehmer, Künstler und Kunstsammler zugleich. Im mehr als hundert Jahre alten Schlosshotel sind Werke aus Bechtlers Privatsammlung ausgestellt, von Roman Signer, Fischli und Weiss, Thomas Hirschhorn, Martin Kippenberger, Chantal Michel und anderen.

Drei Werke stechen durch ihre schiere Grösse hervor: die Holzterrasse (Bild oben) des Japaners Tadashi Kawamata; die rote Bar, entworfen von Pipilotti Rist und der Architektin Gabrielle Hächler; und dann der «Skyspace» des Amerikaners James Turrell, ein markanter steinerner Rundbau oberhalb des Hotels, dessen Dachöffnung eine ständig ändernde Sicht auf den Himmel, seine Licht-, Wolken- und Farbspiele ermöglicht.

3. Porträtgalerie im Restaurant, Gstaad

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Das Fünf-Sterne-Superior-Haus Le Grand Bellevue gehört zum Reigen der imposanten Luxushotels im Ferienort Gstaad. Der Holländer Daniel Koetser übernahm das «Bellevue» 2013 und liess es unter Mithilfe seiner Frau Davia Koetser, einer Innenarchitektin, zu einem luxuriös-lässigen Lifestyle-Haus umbauen.

Das Restaurant Leonard’s (15 Punkte Gault&Millau) dient noch bis 4. April als Aussenposten der Kunstgalerie Hauser & Wirth (Zürich, New York, Hong Kong). Ausgestellt sind 30 Porträts (Bild oben) von herausragenden Künstlerinnen und Künstlern wie Louise Bourgeois, Francis Picabia, Rita Ackermann oder Martin Creed.

4. Kunstexperiment ohne Rücksicht auf Verluste, Basel

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Das kürzlich neueröffnete Basler Hotel Volkshaus – und momentan coronabedingt geschlossen – ist absolut sehenswert: Das Basler Büro Herzog und de Meuron hat die Liegenschaft aus den 1920er-Jahren, die in den 1970er-Jahren ohne Rücksicht auf Verluste umgebaut worden war, mit grosser Sorgfalt renoviert und ihr viel Glanz zurückgegeben.

Zweitens ist das Volkshaus ein Kunst-Experiment. Die Galerie von Bartha (Basel und S-chanf GR) wird hier unter dem Namen «von Bartha Insight» vier bis fünf Mal pro Jahr Werke von Künstlern aus dem Programm der Galerie zeigen. Die erste Präsentation ist dem französischen Bildhauer Bernar Venet gewidmet. Sobald wieder offen, lohnt sich ein Besuch.

5. Reise durch die Epochen, Pontresina

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Seit das Saratz 1865 als Pension gegründet wurde, sind mehrere Erweiterungsbauten hinzugekommen, was eine faszinierende Reise durch die Epochen der Hotelarchitektur ermöglicht. Stimmig in die Räume integriert ist jeweils eine Kunstausstellung, die regelmässig wechselt und öffentlich zugänglich ist.

Noch bis März sind Arbeiten der Künstlerinnen und Künstler Andrea Röthlin, Claude Seeberger, Charlie Lutz und Peter Horber sowie des Bildhauers Philipp Käppeli ausgestellt. Im 35‘000 Quadratmeter grossen Hotelpark sind zudem  Skulpturen (Bild oben) zu besichtigen. Eindrücklich ist die Bar im ältesten Teil des Hauses: Sie besteht aus einer massiven Eisenplastik, die zwei Söhne des berühmten Berners Bernhard Luginbühl gebaut haben.

6. Kunst in der Villa am See, Lugano-Castagnola

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Das Fünfsterne-Superior-Haus Grand Hotel Villa Castagnola, seit 1982 im Besitz der Tessiner Familie Garzoni, blickt auf eine lange Gastfreundschaft zurück. Im Haupthaus ist Sammlung von Kunst und Kunstgewerbe aus der ganzen Welt ausgestellt.

Im Jahr 2002 kauften die Besitzer der Villa Castagnola das Hotel Du Midi jenseits der Strasse direkt am See und bauten im Erdgeschoss eine Mischung aus Kunstgalerie und Gourmet-Restaurant, folgerichtig Arté al Lago (Bild oben) genannt. Seit zehn Jahren finden hier zweimal jährlich wechselnde Ausstellungen unterschiedlichster Künstler statt. Und das Restaurant ist mit einem Michelin-Stern und 16 Punkten Gault&Millau dekortiert.

7. Mit dem Fotopionier im Gasthaus, La Punt

Hotel Gasthaus Krone La Punt Bilder von Not Vital Bild AKV

In La Punt im Oberengadin, wo die Albula-Passstrasse abzweigt, hat der Unternehmer Beat Curti das Hotel Gasthaus Krone gekauft und zu einem Bijou umgebaut. Für Kunstliebhaber gibt es im 450 Jahre alten Haus einiges zu sehen: Bilder des bekanntesten zeitgenössischen Bündner Künstlers Not Vital zieren Wände im Erdgeschoss und in den Zimmern.

In den Suiten finden sich Werke von Matias Spescha, Bryan Cyril Thurston, Lukas Rohner und Gaudenz Signorell. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Arbeiten des Foto-Pioniers Albert Steiner, 1877 in Frutigen im Berner Oberland geboren, der ab 1909 im Engadin lebte. In den Gaststuben sind Steiners Fotografien ausgestellt, die das Bild des Oberengadins massgeblich geprägt haben.

8. Museum in der Jugendherberge, Burgdorf

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Das Stadtschloss, das wuchtig das Berner Städtchen Burgdorf dominiert, hat eine mehr als 800 Jahre alte Geschichte als Residenz von Zähringern, Kyburgern und danach Berner Landvögten. Am Schluss, bis 2012, diente es als Gericht und Gefängnis. Im Frühling 2020, nach umfassender Sanierung, ist das Schloss mit ganz neuen Funktionen wiedereröffnet worden: als Museum, als Restaurant und als edelste Jugendherberge der Schweiz.

Das Museum lädt Besucher zu einer Zeitreise (Bild oben) ein; auf 1'500 Quadratmeter präsentiert es vielfältig und multimedial die Geschichte des Schlosses, der Stadt und Region. Ausgestellt sind auch Objekte aus der Sammlung des Vereins Goldkammer; sie dokumentieren die Geschichte der Goldsuche in der Schweiz und des gelben Edelmetalls generell.