Die Geschichte um den spanischen König Juan Carlos und seine angebliche Verbindung zu Mirabaud sei alt und aufgebauscht, findet Lionel Aeschlimann, Partner der Genfer Privatbank. Mirabaud konzentriere sich auf das Jetzt und die Zukunft.


Herr Aeschlimann, Mirabaud hatte ein ordentliches erstes Halbjahr – und einen Abschreiber von 1,9 Millionen Franken. Wofür?

Es handelt sich um eine Rückstellung in unserem Kreditbuch, die wir im Zusammenhang mit einer spezifischen Operation für einen Kunden und auch im Zusammenhang mit der äusserst unsicheren Corona-Situation vorgenommen haben. Die schlechte Nachricht ist, dass wir einen Teil dieser Rückstellung abschreiben mussten. Die gute Nachricht ist, dass dies die einzige negative Auswirkung ist, die wir während dieser ganzen Krise hatten: keine Betriebsunfälle, keine Einflüsse auf das Kundenportfolio, keine Wertverluste oder irgendetwas anderes.

Sie haben auch über Neugeldzuflüsse berichtet. Wie hoch sind diese?

Es sind annähernd 700 Millionen Franken, vor allem im Wealth Management. Wir waren angenehm überrascht, dass uns bestehende Kunden in dieser aussergewöhnlichen Zeit mehr Geld anvertraut haben, aber dass auch neue Privatkunden hinzu gekommen sind.

Wie erklären Sie sich das?

Ich vermute, dass einige Kunden befürchteten, dass mehr schwach kapitalisierte Banken oder auch Geschäftsbanken in Schwierigkeiten geraten könnten. Es war eine Flucht in die Sicherheit. Die zweite Erklärung ist ein wenig paradox: Unsere Kundenberater waren sehr nahe bei ihren Kunden.

«Wir sind überhaupt nicht beunruhigt»

Es ist ihnen gelungen, die Qualität und Quantität der Gespräche und Beziehungen zu den Kunden zu erhöhen, die während des Lockdown in ihren Salons oder Wohnzimmern eingesperrt waren.

Mirabaud soll ein Konto für den ehemaligen König von Spanien, Juan Carlos, geführt haben. Wie geht die Untersuchung in Genf voran?

Wir können über diese Dinge nicht kommunizieren, weil wir nicht über Kunden sprechen können. Wir sind sehr zuversichtlich und sind überhaupt nicht beunruhigt.

Auf welcher Grundlage?

Wir wissen, dass Mirabaud sich immer an die Regeln und Vorschriften gehalten hat, so wie wir das immer in allen Märkten tun, in denen wir tätig sind. Wir sind absolut davon überzeugt, dass wir in dieser ganzen Geschichte nichts Falsches getan haben.

Ist der ehemalige König immer noch ein Kunde von Mirabaud?

Wir können natürlich keine Einzelheiten nennen. Auf jeden Fall ist es eine alte Geschichte. Ein König plus eine Mätresse plus Geld – und Sie haben alle Zutaten, um die Boulevardpresse zu begeistern. Diese Geschichte verdient die Berichterstattung nicht, die sie erhält.

Wie läuft das Lateinamerika-Geschäft von Mirabaud?

Es läuft gut. Wir haben gerade eine zweite Lizenz in Brasilien erhalten, die uns ermächtigt, dort eine umfassendere Vermögensverwaltungs- und Beratungstätigkeit auszuüben. Und wir wollen unser Geschäft weiter ausbauen.

Lateinamerika ist für mehrere Schweizer Privatbanken ein heisses Pflaster geworden. Haben Sie überhaupt venezolanische Kunden?

Nein, haben wir nicht.

Und im Offshore-Geschäft in der Schweiz?

Nein, auch nicht.

Sie haben vor kurzem vier Private Equity-Spezialisten eingestellt. Wie entwickelt sich der Personalbestand insgesamt?

Wir haben jetzt ein Team von 15 Personen für Private Equity. Auf Gruppenebene sind wir immer noch rund 700 Personen. Die Einstellungen und Abgänge gleichen sich aus.

Woran arbeiten Sie im Moment?

Wir lancieren unseren dritten Private-Equity-Fonds zu den Themen Lebensstil, Wirkung und Innovation. «Millennials» und neue Konsumenten wollen weniger, aber besser konsumieren, mit einem nachhaltigeren und verantwortungsvolleren Engagement.

«In dieser Phase wollen wir nicht unbedingt neue Teams»

Deshalb haben wir uns zum Ziel gesetzt, in lokale Unternehmen und einheimische Handwerker zu investieren. Die Covid-Krise hat diesen Investitionsfall dramatisch verstärkt, und wir glauben fest daran, dass es der richtige Zeitpunkt dafür ist.

Wo sehen Sie den Personalbestand am Jahresende?

Wir wollen keine überstürzten Neueinstellungen vornehmen. Wir werden weiterhin gute, talentierte Kundenberater in unseren Kernmärkten für das Wealth Management einstellen. Wir werden uns in der Vermögensverwaltung verstärken, wo es notwendig ist. Aber wir wollen in dieser Phase nicht unbedingt neue Teams einstellen.


Lionel Aeschlimann ist einer der noch vier Managing Partner der Genfer Privatbank Mirabaud und leitet das Asset Management. Der 54-jährige Aeschlimann stiess im Jahr 2010 zu Mirabaud, ein Jahr später wurde er Partner. Der gebürtige Bieler startete seine Berufskarriere zunächst als Anwalt bei der Kanzlei Brunschwig Wittmer, die später in Schellenberg Wittmer umbenannt wurde. Aeschlimann war dort im Jahr 2000 Partner geworden.

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