Während es der Credit Suisse nun offenbar gelungen ist, die Abflüsse von Kundengeldern einzudämmen, geht der Aderlassen an hochqualifiziertem Personal ungebremst weiter. Genau das könnte der Bank am Ende zum Verhängnis werden.

Auf dem Papier mag alles gut aussehen. Das katastrophal schlechte Jahresergebnis der Credit Suisse (CS) für 2022 liegt jetzt auf dem Tisch, und die Reorganisation der Bank geht offenbar schneller voran als geplant. Das zumindest sind die Botschaften von CS-Chef Ulrich Körner. Gleichwohl hinterlassen die jüngsten News einen zwiespältigen Eindruck – in mehrfacher Hinsicht.

Immerhin weiss man nun endlich, wie viele Kundengelder die CS im vergangenen Jahr verloren hat, nämlich insgesamt mehr als 120 Milliarden Franken. Das ist eine enorme Menge für eine Schweizer Bank, die jahrzehntelang auf der Reputation eines Horts der Sicherheit und Stabilität gebaut hat. Doch mittlerweile nehmen die Kundinnen und Kunden der Bank diese Qualität nicht mehr ab. Darum haben sie Teile ihres Vermögens abgezogen.

Vertrauensverlust in Sekunden

So schnell, wie das Geld abgeflossen ist, wird es allerdings nicht zurückkehren, selbst wenn sich die CS nun einige Tricks und Anreize zu Hilfe nimmt, um die Kundinnen und Kunden zu umgarnen. Doch im Geschäftsleben heisst es nicht umsonst: Vertrauen zu verlieren, dauert Sekunden, es zu gewinnen Jahre.

Daran könnte selbst die beste Strategie der CS scheitern. Denn um Vertrauen geht es nicht nur an der Kundenfront, sondern auch im Umgang mit den Mitarbeitenden, und da ist der Verlust noch lange nicht gestoppt. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass nicht verdiente Mitarbeitende zur Konkurrenz abwandern. Und wir sprechen da nicht von irgendwelchen Beschäftigten, sondern von Kaderleuten, die 20 und mehr Jahre dem Unternehmen treu geblieben sind.

Abgänge in dramatischem Ausmass

Wenn solche Leute ihrer langjährigen Arbeitgeberin den Rücken kehren, dann ist einiges nicht mehr im Lot. Besorgniserregend ist dieser Trend insofern, als er sich durch sämtliche Sparten zieht. Sowohl in der CS Schweiz, als auch im amerikanischen Investmentbanking oder im asiatischen Wealth Management. Überall hat die Kadenz der Abgänge gerade dramatische Ausmasse angenommen – und ein Ende ist nicht in Sicht.

Doch gerade um «verlorene Schätze» und vor allem Neugeld zu generieren, braucht es umso bessere «Jäger» – die jetzt fehlen und wohl noch eine Weile fehlen werden, da es in der Branche derzeit kaum erstrebenswert sein kann, zur CS zu wechseln. Dadurch gerät die Bank in einen Teufelskreis.

Bonusverzicht als letzte Lösung

Eine Trendwende in dieser unglückseligen Entwicklung liesse sich mit der anstehenden Bonusperiode einläuten; indem die CS die Jahrhundertchance wahrnähme, und zumindest in der obersten Führungsetage gänzlich auf Boni verzichten würde. Damit könnte das Top-Management ein überfälliges Zeichen setzen und die unteren Chargen für ihr Durchstehvermögen in den vergangenen Jahren honorieren sowie ihnen gleichzeitig einen Anreiz liefern, nun neue Kundengelder zu akquirieren.

Und die in weiten Kreisen der Bevölkerung als völlig abgehoben geltenden Top-Manager könnten sich für einmal dem Abzocker-Vorwurf entziehen, der ihnen seit Jahr und Tag entgegenschlägt.

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