Die Finanzaufsicht hat das seit 2021 andauernde Enforcement-Verfahren im Debakel um die Greensill-Fonds abgeschlossen. Gegen vier ehemalige Manager der Credit Suisse wurden neue Verfahren eröffnet.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hat das Enforcement-Verfahren gegen die Credit Suisse (CS) im Zusammenhang mit deren Geschäftsbeziehung mit dem Financier Lex Greensill und seinen Gesellschaften abgeschlossen, wie die Aufsicht am Dienstag mitteilte.

Im März 2021 hatte das Geldhaus überraschend vier Lieferketten-Fonds mit insgesamt 10 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen vom Handel ausgesetzt, welche die CS in Zusammenarbeit mit der australisch-britischen Firma Greensill Capital betrieben hatte. Die Rückzahlung der Gelder hält immer noch an.

Gegenpartei-Risiken prüfen

Die Finma stellte nun fest, dass die Grossbank in diesem Kontext mit Blick auf das Risikomanagement und eine angemessene Betriebsorganisation in schwerer Weise gegen die aufsichtsrechtlichen Pflichten verstossen hat und ordnet korrigierende Massnahmen an.

So muss die Bank künftig auf Stufe Geschäftsleitungsmitglied periodisch die wichtigsten (rund 500) Geschäftsbeziehungen namentlich auf Gegenpartei-Risiken überprüfen. Die Bank muss zudem die Verantwortlichkeiten ihrer (rund 600) höchsten Mitarbeitenden in einem Verantwortlichkeits-Dokument festhalten.

Wen nimmt die Finma nun unter die Lupe?

Die Aufsicht hat überdies vier Enforcement-Verfahren gegen ehemalige Manager der CS eröffnet. Die Aufsicht nennt keine Namen, aber auf Management-Stufe hatte zum Zeitpunkt der Fondschliessungen Ex-CEO Thomas Gottstein die Gesamtverantwartung. Laut Recherchen von finews.ch steht er aber nicht im Fokus einer Verfahrens.

Verantwortung trugen auch Eric Varvel, ehemals globaler Leiter des Fondsgeschäfts, die frühere Risiko- und Compliance-Chefin Lara Warner sowie Philipp Wehle als damaliger Leiter der Internationalen Vermögensverwaltung (IWM), welcher das CS-Fondsgeschäft unterstellt war. Wehle ist allerdings weiterhin für das Wealth Management der Bank tätig.

Iqbal Khan, heute Manager bei der UBS und bis 2019 der Vorgänger von Wehle in der damaligen Division IWM, ist wohl ebenfalls nicht Gegenstand der Untersuchungen. Die Bedeutung eines Finma-Verfahrens gegen ein Konzernleitungs-Mitglied hätte die UBS wohl gezwungen, Stellung zu beziehen. Auf Anfrage wollte die Grossbank sich nicht zu den Vorgängen bei der Lokalrivalin äussern.

Michel Degen, der als Schweiz- und Europachef des Fondsarms die Partnerschft mit Greensill aufgebaut hatte, war bereits 2021 freigestellt worden. Kenner des Verfahren gehen davon aus, dass die Finma mit «ehemalige Manager» nicht nur die damalige Konzerleitung gemeint haben dürfte, sondern auch tiefere Führungsstufen bei der Bank.

Ulrich Körner bekennt sich zu Rückzahlungen

CS-Konzernchef Ulrich Körner liess sich in einem Statement der Bank persönlich dazu vernehmen. «Wir begrüssen den Abschluss des Verfahrens der Finma», erklärte er am Dienstag. Dies sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur endgültigen Bewältigung der Supply-Chain-Finance-Funds-Angelegenheit. Das Verfahren bestätigte viele der Erkenntnisse aus der vom CS-Verwaltungsrat in Auftrag gegebenen Untersuchung und unterstreicht die Wichtigkeit der Massnahmen, welche die Bank in den vergangenen Jahren getroffen habe, um die Risiko- und Compliance-Kultur zu stärken. «Darüber hinaus konzentrieren wir uns weiter darauf, die Rückzahlungen an die Anlegerinnen und Anleger der Fonds zu maximieren.»

Die Grossbank hatte die Greensill-Affäre durch das Beratungsunternehmen Deloitte und die Kanzlei Walder Wyss selber untersuchen lassen, dann aber die Ergebnisse unter Verschluss behalten.

«Wenig Wissen und Kontrolle»

Laut der Aufsicht habe die Untersuchung ausserdem gezeigt, dass der Fondsarm der Credit Suisse insgesamt wenig Wissen und Kontrolle über die konkreten Forderungen in den Lieferketten-Fonds hatte. Deren Auswahl und Prüfung nahm de facto nicht die CS als Asset Managerin der Fonds vor, sondern Greensill selbst. Die CS überliess es diesem auch, den Versicherungsschutz in eigenem Namen abzuschliessen. 

Der Finma zufolge gab es aber doch Warnungen, als sich das Geschäft von Greensill einzutrüben begann und sich die Risiken der Fonds erhöhten. Die Schliessung eines Fonds bei einem anderen Fondsanbieter – es handelt sich um das ebenfalls schweizerische Fondshaus GAM, das ebenfalls mit Greensill zusammengearbeitet hatte –, führte bei der CS 2018 zu Anfragen zu den mit Greensill verbundenen Fonds, auch vonseiten der Medien.

Auch die Finma habe wiederholt kritische Fragen an die Leitungsgremien der Bankgruppe zu ihrer Geschäftsbeziehung mit Greensill und den damit verbundenen Risiken gestellt, hiess es am Dienstag.

Kritische Fragen an Lex Greensill weitergeleitet

Allerdings griff die Bank für die Bearbeitung solcher Fragen oder Warnungen jeweils auf Mitarbeitende zurück, die selbst für die Geschäftsbeziehung mit Greensill zuständig und daher nicht unabhängig waren. Wiederholt fragte die CS sogar bei Greensill-Eigentümer Lex Greensill selbst nach und übernahm dessen Antworten für ihre eigenen Stellungnahmen.

Gegenüber der Aufsicht habe die Bank aus diesen Gründen teilweise falsche und zu positive Angaben zum Auswahlprozess der Forderungen sowie zum Exposure der Fonds gegenüber bestimmten Schuldnern gemacht, hiess es weiter.

Kader überstimmte Warner

Noch mehr: Ende 2020 kündigte Greensill seinerseits der Bank an, einen Börsengang mit der CS zu planen. Zuvor benötigte Greensill einen Überbrückungskredit. Der für den Kredit zuständige Risikomanager der Bank erkannte eine Reihe von Risiken im Geschäftsmodell von Greensill, wie nun das Finma-Verfahren feststellte. Er empfahl daher bankintern, den Kredit nicht zu gewähren. Ein hohes Kadermitglied überstimmte diese Empfehlung.

Insgesamt ist die Finma in ihrem Verfahren zum Schluss gekommen, dass die Bankgruppe im Kontext der Geschäftsbeziehung zu Greensill während Jahren die aufsichtsrechtliche Pflicht schwer verletzt hat, Risiken angemessen zu erfassen, zu begrenzen und zu überwachen. Die Aufsicht konstatierte für den Untersuchungszeitraum zudem gravierende Mängel in der Betriebsorganisation der Bank. Darüber hinaus kam diese ihren aufsichtsrechtlichen Pflichten als Asset Managerin nicht ausreichend nach.

Im Ergebnis stellt die Finma eine schwere Verletzung von Schweizer Aufsichtsrecht fest.

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