Viele europäische Banken sind zwar wieder in besserer Verfassung. Trotzdem werden sie sich kaum Konkurrenten schnappen, wie es die UBS bei der Credit Suisse vorgemacht hat.

Höhere Zinsen sind eigentlich ein Segen für die Banken, weil sie ihre Margen im traditionellen Zinsgeschäft ausweiten können. Davon profitieren ausserdem die Aktienkurse. Damit haben die Banken auch mehr Geld für Übernahmen zur Verfügung.

Die Rettung der Credit Suisse (CS) durch die UBS war denn auch für viele Marktbeobachter ein Indiz, dass ähnliche Deals zwischen anderen nationalen Champions zustande kommen, schreibt die «Financial Times» am Dienstag (Artikel kostenpflichtig).

Neubewertung der CS-Übernahme

Eine solche Prognose ist allerdings verfrüht. Die höheren Zinsen führen nämlich auch dazu, dass die Bilanzposten im Rahmen einer Übernahme neu bewertet werden müssen.

So musste die Bewertung der Zwangsehe zwischen der Credit Suisse und der UBS um über 10 Milliarden Dollar nach unten angepasst werden, wie auch finews.ch berichtete.

Eindeutige Bewertungsvorschriften

Solche Marktwertanpassungen rühren daher, dass die Aktiva und Passiva des übernommenen Unternehmens aufgrund der internationalen Rechnungslegungs-Vorschriften nach Abschluss der Übernahme zu aktuellen Marktpreisen neu bewertet müssen.

Die Neubewertungen würde vor allem auf die Unternehmens- und Konsumkredite sowie die Staatsanleihen durchschlagen, die zahlreiche europäische Banken noch in einem wesentlich niedrigeren Zinsumfeld verkauften, heisst es bei der «Financial Times».

Empfindliche Abschläge auf Kreditportfolio

Diese Bestände müssten bei einer Neubewertung zu Marktpreisen deutlich unter den Werten liegen, mit denen derzeit neu emittierte Kredite aufgrund höherer Zinssätze bewertet werden.

Die Geschwindigkeit der Leitzinserhöhungen in Europa hat ebenfalls zu den Bilanzierungsproblemen beigetragen. Eine langsamere Straffung der Geldpolitik hätte bedeutet, dass ein höherer Anteil der Kreditbücher in einem langsameren Tempo refinanziert worden wäre, was die Bewertungsverluste gemildert hätte.

Aufgeschobene Marktkonsolidierung

Seit mehr als einem Jahrzehnt werden fast alle grossen europäischen Kreditgeber mit einem Abschlag auf den Buchwert ihrer Vermögenswerte gehandelt, da sie mit hohen Kosten und geringer Rentabilität zu kämpfen haben.

Investoren, Aufsichtsbehörden und Politiker fordern deshalb immer wieder eine Konsolidierung der zersplitterten Branche. Es wurden zahlreiche Zusammenschlüsse geprüft, etwa zwischen der italienischen Unicredit und der französischen Société Générale oder der Deutschen Bank und ihrer heimischen Rivalen Commerzbank.

Mit den steigenden Zinssätzen sind aber die Pläne für eine lang erwartete Konsolidierung in diesem Sektor über den Haufen geworfen worden. Gemäss Experten müssen europäische Bankenfusionen und -übernahmen um mindestens zwei Jahre zurückgestellt werden.

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