Die Integration der Credit Suisse in die UBS wird in Asien viele Mitarbeitende treffen. Sie sitzen an ihren Arbeitsplätzen und warten darauf, dass etwas passiert – irgendetwas. Einige von Ihnen haben mit finews.asia über ihre Situation gesprochen.

Die staatlich erzwungene Notrettung der Credit Suisse (CS) durch die UBS ist in aller Munde. Und für all jene, die jetzt durch die laufende Integration, den Umbau und die damit verbundenen Stellenstreichungen selbst betroffen sind, bedeutet das auch emotional ein ständiges Auf und Ab.

Während in vielen Finanzzentren der Welt regelmässige Entlassungswellen und Performancemessungen der Mitarbeitenden ein gewohntes Bild sind, ist eine solche Situation für viele Mitarbeitende in der Schweiz eher ungewohnt. In Asien oder den USA kommt es regelmässig vor, dass nicht nur einzelne Mitarbeitende, sondern gleich ganze Teams ohne viel Federlesen aus den Organisationen verschwinden. In der Schweiz waren viele von ihnen, zumindest bis jetzt, weitgehend vor dem raueren Wind geschützt, der anderswo im Bankensektor weht.

Schwieriges Umfeld

finews.asia hat mit mehreren Quellen gesprochen, die im Schweizer Geschäft der CS tätig sind. Als gemeinsames Element, das von allen genannt wurde, prägt das Gefühl der Unsicherheit die Situation, in der sie sich befinden.

Ein leitender CS-Bankangestellter, der an vorderster Front im Inlandgeschäft tätig ist, sagt etwa, dass es noch keinen offiziellen Kontakt mit der UBS gegeben habe, obwohl die Transaktion bereits im März öffentlich angekündigt wurde. Dies steht in krassem Gegensatz zu dem regen Austausch, den es offenkundig zwischen den ehemaligen Wettbewerbern in anderen Geschäftsbereichen gegeben hat.

Der Quelle zufolge macht dies insofern Sinn, als beide Banken im Schweizer Bankgeschäft nach wie vor Konkurrenten sind – was die Situation aber nicht weniger heikel macht. Intern wird davon ausgegangen, dass es noch zwei Monate dauern könnte, bis eine klare Entscheidung darüber getroffen wird, wie es mit dem Schweizer Bankgeschäft weitergeht. Und hier laufe es auf eine vollständige Integration der beiden Einheiten hinaus.

Keine Kundeninformationen

Die UBS ist immer noch dabei, das Inlandsgeschäft der geretteten Bank zu analysieren. Bisher gibt es nur relativ wenige Informationen über die Geschäftsbereiche, die Anzahl der Mitarbeitenden und die Risikopositionen. Solange keine endgültigen Entscheidungen getroffen sind, werden auch keine Kundeninformationen zwischen den Einheiten ausgetauscht.

Diese Unsicherheit bedeutet, dass auch weiterhin Mitarbeiter auf tiefen Stufen und Nachwuchsführungskräfte das Unternehmen verlassen werden. Auch die Kunden werden weiterhin abwandern, und diejenigen die bleiben, werden nur widerwillig neue Geschäfte abschliessen wollen, so die Quelle.

Ein weiterer Aspekt, bei dem Unzufriedenheit herrscht, sind die Abfindungen. Bei Bankern wird nicht gerne über die Entschädigung gesprochen, egal ob in der Schweiz oder International. Und angesichts der Krise, in der die Bank steckte, wird erst recht nicht gerne das eigene persönliche Gehalt in den Vordergrund gerückt. Aber Geld spielt für die Beschäftigten in der Finanzindustrie eine wichtige Rolle, auch das auf dem eigenen Konto.

Frustration über Rückforderungen

So zeigte sich eine langjährige Führungskraft frustriert über die Tatsache, dass die UBS an ihren Rückzahlungsklauseln festhält. Wenn ein Banker aus eigenem Antrieb die Bank verlässt, muss er einen Teil der zuvor erhaltenen Boni zurückerstatten. In der Schweiz sei das der gesamte Bonus des laufenden Jahres und etwas mehr als die Hälfte des Bonus von 2022.

Eine andere Quelle aus dem Schweizer Geschäft sagt, dass die meisten ihm bekannten Leute abwarten, was passieren wird. Viele seien über 50 Jahre alt, und es scheine das Klügste zu sein, was man tun kann. Auch der Sozialplan in der Schweiz trage dazu bei, dass viele abwartend reagieren. Dadurch hat man mindestens ein Jahr Zeit, bevor Entscheidungen getroffen werden müssen.

Zu viel Overhead

«Das Warten fühlt sich merkwürdig an. Aber eines ist sicher: Wird das Unternehmen integriert, wird es definitiv zu viel Overhead und zu hohe Gemeinkosten geben», so die Quelle. Ein Problem sei zudem, dass bisher keine neuen Geschäftsziele für dieses Jahr formuliert wurden. Die noch lange vor der Rettung formulierten Vorgaben haben immer noch igre Gültigkeit.

«Die Ziele, die zu Beginn des Jahres festgelegt wurden, haben sich nicht geändert. Auch der für 2023 angekündigte Bonus basiert auf dem Erreichen der finanziellen Ziele», so die Quelle.

Zahlreiche Townhall Meetings

Eine andere Quelle in einer Leitungsfunktion in der Schweiz sieht vor allem das Wechselbad der Gefühle seit dem 19. März 2023 als Belastung. Viele Mitarbeitende hätten seit der Ankündigung der Rettung eine breite Palette an Emotionen durchgemacht - von wütend über traurig bis hin zu enttäuscht.

«Wir warten darauf, von der UBS ausgewählt zu werden, wohl wissend, dass wir uns in einer schwachen Position befinden. Wir haben noch keine konkreten Pläne in Bezug auf unser Team gehört und rechnen damit, dass wir fallengelassen werden. Das macht uns Sorgen», so die Quelle.

In anderen Bereichen, etwa im Wealth Management, hat die UBS viel in die interne Kommunikation investiert, etwa über eine Reihe von sogenannten Townhall Meetings, bei denen ein Zusammenhalt zwischen den neu gebildeten Einheiten geschaffen werden soll. Als Zeichen für die Stärke der internen Kommunikation kann dabei etwa gewertet werden, dass selbst viele CS-Leute von einer Fusion sprechen, und nicht von einer Übernahme.

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