Mittelfristig, also über die nächsten fünf oder sechs Jahre dürften passive Instrumente weiter an Marktanteil gewinnen, vor allem dort, wo die Märkte extrem effizient sind, wie in den US-Aktien. Dort ist es für aktive Manager schwierig geworden, den Markt langfristig zu schlagen. So gesehen müssen sich aktive Manager künftig noch stärker spezialisieren und in Nischen agieren, wo sie einen Mehrwert generieren.

«Dann könnte ein Marktversagen drohen, weil die Preisfindung ausgehebelt ist»

Aber ich gebe Ihnen Recht, wenn dereinst 80 Prozent der Marktteilnehmer nur noch passiv investieren würden, müsste man sich fragen, ob eine effiziente Preisfindung noch gegeben ist. Dann könnte ein Marktversagen drohen, weil die Preisfindung ausgehebelt ist und der Markt nicht mehr effizient ist.

Das wiederum würde aber neue Möglichkeiten für aktive Manager eröffnen, die mehr Informationen über eine Aktie besitzen als die breite Masse – weil sie mit dem Finanzchef eines Unternehmens gesprochen oder den Geschäftsbericht genau durchgelesen haben. Es ist sicherlich ratsam, diese Problematik im Auge zu behalten.

Sind passive Anlageprodukte bei grossen Marktverwerfungen nicht ein Multiplikator, der einen Crash noch beschleunigt?

Ja. Bei grossen Kursveränderungen verstärken Indexprodukte wie ETFs einen Trend durchaus. Die Korrelation nimmt zu. Umgekehrt haben Fondsmanager bessere Erfolgschancen, wenn die Volatilität an den Märkten grösser ist.

Institutionelle Anleger schätzen passive Anlageinstrumente vor allem wegen der Gebührenstruktur, die im Vergleich zu derjenigen von aktiven Strategien deutlich günstiger ist.

Ist das für einen vorwiegend aktiven Asset Manager wie Pictet nicht ein erheblicher Nachteil?

Tatsächlich versuchen Schweizer Pensionskassen über tiefere Kosten ihre Rendite aufzubessern. Es fragt sich, ob das auf Dauer Sinn macht. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass Vorsorgeeinrichtungen ohne Benchmark-Denken und mit grösseren Anlagefreiheiten mehr Erfolg mit aktiven Strategien haben können. Doch dafür müsste sich bei uns erst das Anlageverhalten ändern.

Was waren für Sie die grössten Veränderungen im Asset-Management-Geschäft der vergangenen dreissig Jahre?

Sicherlich die Professionalisierung beim Verwalten von Kundengeldern und die Internationalisierung. Heute kommen die Fondsmanager von überall her, und wir stehen in der Schweiz als Unternehmen in Konkurrenz zu amerikanischen, asiatischen und europäischen Asset-Management-Firmen.

«Das war ein Paradigmenwechsel»

In der Tendenz begann dies im Jahr 2000 als die Credit Suisse mit dem «Fundlab» die erste offene Architektur lancierte, so dass die Kunden auch Produkte von Drittanbietern beziehen konnten. Das war sozusagen ein Paradigmenwechsel, der allerdings auch dazu geführt hat, dass der Schweizer Asset-Management-Standort heute überdurchschnittlich gut ist.

Nun gab es aber in den vergangenen Jahren den Versuch, die Schweizer noch stärker als Asset-Management-Destination zu positionieren, was irgendwie misslungen ist. War dieses Ansinnen einfach zu ambitiös?

Wer glaubt, man könne Fondsleitungen und die ganze Administration von Luxemburg in die Schweiz zurückbringen, der irrt. Was wir aber versuchen können ist, die Expertise in der Schweiz zu konservieren und zu fördern. Das ist sicherlich nicht zu ambitiös.

«Unsere Teilhaber nehmen das sehr ernst»

Unsere Portfoliomanager sitzen in Genf und London sowie zu einem kleinen Teil in Zürich. Ich sage immer, was die Zuger Partners Group im Bereich Privatmarkt-Anlagen geschafft hat, können wir auch – nämlich unsere Expertise, etwa bei unseren Themenfonds – von der Schweiz aus einzusetzen. Alle Rahmenbedingungen hierzulande stimmen: kompetente Leute, stabile Währung, verlässliches Rechtssystem, grosse Wettbewerbsfähigkeit. Das sind unsere Stärken.

Natürlich wären wir noch besser aufgestellt , wenn wir in der EU wären. Dann könnten wir uns gegenüber London profilieren, vor allem seit dem Brexit. Aber ohne Rahmenabkommen mit der EU bleibt alles blockiert. Und die anderen Länder schlafen nicht – Singapur und Hongkong sind sehr aktiv.

Welchen Einfluss hat die Technologie auf das Asset Management von Pictet?

Big Data und Künstliche Intelligenz schauen wir uns natürlich an. Pictet hat vor eineinhalb Jahren ein «Innovationslabor» gegründet, wo man mit Daten und Algorithmen versucht, Marktstrukturen und -muster zu erkennen, die man in unsere Anlageprozesse integrieren könnte. Wir haben bereits solche Prototypen im Handel mit Obligationen im Einsatz.

Ein anderes Betätigungsfeld ist die Worterkennung, die man bei Geschäftsberichten oder Statements der Notenbanken systematisch einsetzen könnte. Natürlich ist das Ganze noch sehr ein Trial-and-Error-Verfahren. Aber Pictet investiert tatsächlich auf diesem Gebiet, und unsere Teilhaber nehmen das sehr ernst.

Wie sehen Ihre Ausbaupläne aus?

Primär sehen wir eine weitere Fokussierung auf unsere Stärken, die im Themenbereich liegen, zudem im Bereich festverzinslicher Anlagen sowie auf der Kreditseite. Geografisch liegt viel Potenzial in den Schwellenländern, wo wir Ende der 1980er-Jahre ebenfalls Pioniere waren, zuerst mit Aktien, dann in den 1990er-Jahren mit Obligationen.

Der chinesische Bondmarkt ist bereits der drittgrösste der Welt und dürfte, mit seinen sogenannten Renminbi-Bonds, bald der zweitgrösste sein. Doch die meisten Pensionskassen sind noch nicht in diesem Markt investiert. Wir haben seit drei Jahren ein kleines Team in Hongkong, das in diesem Geschäft nun einen Leistungsausweis aufbaut.

Und hierzulande?

In der Schweiz wächst der Markt bescheiden – zwei bis drei Prozent. Zudem sitzen den Schweizer Anbietern ausländische Asset Managers wie Blackrock im Nacken. Unsere Produktestrategie geht noch verstärkt in Richtung Regionalbanken, und im Versicherungsbereich möchten wir ausbauen.

Die Grösse und Reputation der Privatbank Pictet hat das Asset Management allerdings nicht.

«Die Privatbank profitiert von unserer Innovationskraft und Weltläufigkeit»

Es sind tatsächlich zwei Kulturen unter einem Dach, und wir sind sicherlich weniger traditionsbewusst als die Privatbank. Das liegt daran, dass wir viel jünger und internationaler sind. Wo wir uns nicht unterscheiden, ist im Anspruch auf Qualität, Kundenorientierung und Professionalität. Da ist die Symbiose stark.

Was bedeutet das?

Im Asset Management profitieren wir von der starken Marke, der Seriosität und Stabilität aus dem Private Banking. Besonders im Ausland ist das wie eine grosse Stützmauer. Sie gibt uns Rückhalt und Kredibilität.

Umgekehrt profitiert die Privatbank von unserer Innovationskraft und Weltläufigkeit. So ergänzen wir uns. Unser Business ist sehr zyklisch und entwickelt sich analog zum Finanzmarkt. Das Private Banking dagegen ist stabiler. In guten Jahren übertreffen wir das Private Banking, während 2007 und 2008 das Gegenteil der Fall war. Insofern sind wir wie ein Flugzeug mit zwei verschiedenen Motoren, die je nach Situation zum Einsatz kommen.


Markus Signer arbeitet seit 17 Jahren bei Pictet Asset Management, wo er als Equity Partner für das Vertriebsgeschäft in der Schweiz, Österreich und Osteuropa verantwortlich ist. Der Ökonom und Jurist arbeitete zuvor acht Jahre bei der Intrag, der einstigen Fondsgesellschaft der Schweizerischen Bankgesellschaft (heute UBS), für die er auch in Luxemburg und in Italien tätig war.

Das Asset Management von Pictet ist eine junge Geschäftssparte, die in den 1970er-Jahren erste Aktivitäten entwickelte. Ins Fondsbusiness stieg das Unternehmen spät ein, erst Ende der 1990er-Jahre, legte seither aber ein rasantes Wachstum hin. Betrugen die Kundenvermögen vor 20 Jahren erst 14 Milliarden Franken, so sind es heute 190 Milliarden Franken. Vom damaligen Platz 14 unter den Schweizer Anbietern ist Pictet Asset Management hinter den Grossbanken UBS, Credit Suisse und der Zürcher Kantonalbank/Swisscanto auf den vierten Rang vorgerückt – noch vor Blackrock, dem grössten Asset Manager der Welt. Das Unternehmen beschäftigt heute 836 Mitarbeiter und erzielt drei Viertel seiner Erträge im Ausland.

 

 

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