Der ETF-Anbieter Vanguard will in der Schweiz Marktanteile gewinnen – und zwar mit einem Vorstoss ins Retailgeschäft, wie Schweiz-Chef Andreas Zingg gegenüber finews.ch verrät. Die Vanguard-Philosophie stellt allerdings ein Hindernis dar.

Die weltweit grössten Anbieter von ETF – Vanguard, State Street und Blackrock – gehören zu den Krisengewinnlern: In der laufenden Corona-Pandemie zogen Anleger Hunderte von Milliarden Dollar aus aktiv gemanagten Fonds ab und investierten einen guten Teil neu in ETF, börsengehandelte Index-Fonds.

«Die Coronakrise hat gezeigt, dass Anleger nun einfach verständliche und transparente Produkte wollen», bestätigt der Schweiz-Chef von Vanguard, Andreas Zingg (Bild unten), im Gespräch mit finews.ch. «Das trifft exakt die Vanguard-Philosophie.»

80 Milliarden Dollar Zuflüsse

In der Vanguard-Philosophie ist der durch die Corona-Pandemie bedingte Markteinbruch eigentlich irrelevant. Denn die Philosophie des genossenschaftlich organisierten Asset-Management-Riesen richtet sich an Anleger, die langfristig denken, eine einmal getroffene Anlagestrategie beibehalten und die Kosten als wichtigen Baustein des Erfolges betrachten.

Das funktioniert bei Vanguard: 80 Milliarden Dollar flossen dem in Malvern, im US-Bundesstaat Pennsylvania ansässigen Finanzriesen im ersten Quartal 2020 zu. Die verwalteten Vermögen belaufen sich auf atemberaubende 6,2 Billionen Dollar.

Andreas Zingg

In Europa lief es bedeutend weniger gut. Doch 5 Milliarden Dollar Neugelder bei rund 200 Milliarden Dollar verwalteten Vermögen lassen sich angesichts der heftigen Marktturbulenzen sehen – und gemäss Zingg kam davon ein beträchtlicher Teil aus der Schweiz.

 Je mehr Geld, desto günstiger

Während sich Zingg keine genauen Zahlen zum Schweizer Geschäft von Vanguard entlocken lässt, lässt er durchblicken, dass seit seinem Aufrücken zum Schweiz-Chef im vergangenen Herbst der Vanguard-Vertrieb weiter ausgebaut wurde.

Preissenkungen taten dabei das ihre. Und auch hier kommt die Vanguard-Philosophie zum Tragen: Je mehr Geld die Kunden in die ETF und Fonds legen, desto günstiger wird es für sie.

ETFs sind untervertreten

Mit dem Marktanteil in Europa und namentlich auch in der Schweiz ist Vanguard aber nicht zufrieden. Es habe noch viel Luft nach oben, so Zingg, «insbesondere im Bereich der ETF.»

In den USA und auch in Grossbritannien hat Vanguard ein ganz anderes Geschäftsmodell: Verkauft wird dort nämlich auch direkt an den Privatkunden.

In der Schweiz war der ETF seit seinem Markteintritt wegen seiner tiefen Kosten und des (in der Regel) unkomplizierten Aufbaus als das ideale Anlageprodukt für Retailkunden gepriesen worden. Allein: ETF sind in den Kundenportfolios von Banken immer noch stark untervertreten.

Banken haben ihren Kunden gegenüber zwar Treueverpflichtungen, jedoch meist auch eigene Anlageprodukte, an denen sie verdienen wollen. ETF haben darum ihren Weg in der Schweiz in den letzten Jahren vor allem bei Institutionellen Investoren gemacht, die mit kostengünstigen ETF-Bausteinen möglichst nahe am Benchmark investieren und mit teureren aktiv gemanagten Anlagelösungen die Outperformance suchen.

Kundennähe via Partner

Der frühere McKinsey-Berater Zingg, der auch schon im Asset Management der UBS sowie bei Vanguard-Konkurrent Blackrock tätig war, will das nun ändern. «Wir wollen nun verstärkt in das Retailgeschäft investieren», verrät er. Mit der genossenschaftlichen Organisation könne Vanguard gerade den Privatkunden sehr gut ansprechen.

Ein direktes Endkundengeschäft wie in den USA oder in Grossbritannien schwebt Vanguard dabei (noch) nicht vor. «Wir streben die Kundennähe über Partner an», sagt Zingg.

Das klingt nach einer schwierigen Partnersuche. Zingg räumt auch ein, dass solche Gespräche nicht einfach seien. Seine Mission: er muss Banken oder Vermögensverwalter finden und von der Idee Vanguards überzeugen, dass Gewinne nicht an Aktionäre und Management ausgeschüttet werden, sondern in Form von Gebührensenkungen an die Kunden.

Günstiger und weniger Risiken

Vanguard verfolgt diesen Ansatz zwar schon seit der Gründung durch den legendären John Bogle im Jahr 1975. Nach der Finanzkrise hat Vanguard den Vertrauensverlust in die «Bonus Banker» ausgenutzt und die Vermögensverwaltungs-Branche umgepflügt. Zur Veranschaulichung: Ein ETF-Portfolio kostet mit Vanguard-Produkten 0,1 Prozent auf dem verwalteten Vermögen, ein Fonds-Portfolio kostet im Schnitt 1,4 Prozent.

Diesen Kostenunterschied macht Vanguard zur Philosophie und unterstützt diese mit weiteren Fakten. Zum Beispiel den, dass fehlende Anlegerdisziplin im Schnitt 3 Prozent Rendite pro Jahr kostet. Oder mit dem Fakt, dass die hohen Gebühren im aktiven Asset Management auch automatisch dazu führen, dass viele Fondsmanager höhere Markt- oder Faktorrisiken nehmen. Solche Risiken, argumentiert Zingg, liessen sich auch durch ETF abdecken, aber zu einem deutlich geringeren Preis.

Zingg hält sich noch bedeckt, wie Vanguard nun den Schweizer Retailmarkt für ETF öffnen will. Die Partnersuche findet bei Banken und bei Vermögensverwaltern statt: bei solchen, «die unsere Philosophie teilen», sagt er nur.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.48%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.86%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.14%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    8.97%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel