Börsianer stellen sich wegen den Kriegshandlungen in der Ukraine auf einen neuen Bärenmarkt ein. Die Vermögen fliehen nun teils in überraschende Richtungen.

An den Börse drohen am heutigen Donnerstag tiefrote Tableaux. Schon vorbörslich standen die wichtigsten Indizes deutlich im Minus – der amerikanischen Leitindex S&P 500 mit 2 Prozent, der europäische Zähler Eurostoxx gar mit 4 Prozent. Dies, während Titel von in Russland kotierten Firmen so stark fielen wie noch nie. Laut der Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) lösten sich 180 Millarden Dollar an Buchwert in Rauch auf.

Der Schweizer Bluechip-Index SMI sackte gleich zu Handelsbeginn um mehr als 2 Prozent ab. Angesichts der russischen Kriegshandlungen auf ukrainischem Gebiet geht bereits das Schreckgespenst eines Bärenmarkts unter Börsianern um.

Chinesische Obligationen wie US-Schatzanleihen?

Entsprechend hat die Flucht in sichere Werte eingesetzt; das Geld findet dabei durchaus überraschende Destinationen. So bewegt sich die chinesischen Währung Yuan weiterhin recht solide auf ihrem höchsten Wert zum Dollar seit vier Jahren. Laut «Bloomberg» (Artikel bezahlpflchtig) hat dies einerseits mit den Stützungsmassnahmen zu tun, welche das Regime in Peking der Wirtschaft versprochen hat.

Anderseits zogen Staatsanleihen der Volksrepublik vergangenes Jahr fast 100 Milliarden Dollar an Geldern an und wurden zuweilen schon als Konkurrenz zu den amerikanischen «Treasuries» herumgereicht.

Ist ausgerechnet das autokratisch geführte China Gewinner der Kriegserklärung Russlands an die Ukraine? Wie sich zeigt, wäre ein Run auf den Yuan für das Land ein zweischneidiges Schwert. Eine relative Stärkung der Devise würde nämlich die Produktion verteuern und damit den Standort belasten. Staatliche Eingriffe bei der Landeswährungen wären in der Folge vorprogrammiert. Damit ist der Yuan nur ein vermeintlich sicherer Hafen.

Krypto korreliert

Überraschend unter die Räder gekommen sind auch wichtige Krypto-Währungen. Digitale Anlagen haben infolge der sich abzeichnenden Zinswende seit Ende Jahr bereits einen Drittel an Wert eingebüsst. Zum Dollar gab nun etwa die Digital-Devise Bitcoin am Donnerstag zeitweilig um mehr als 5 Prozent ab. Die Talfahrt könnte sich nun fortsetzen, zeigt sich doch mittlerweile eine recht enge Korrelation mit traditionellen Börsen, wie auch finews.ch berichtete. Dies, nachdem Krypto-Fans gerade mit der geringen Abhängigkeit der Assets warben und diese als sichere Häfen propagierten.

Einigen Pionieren der Szene, wie dem in Moskau geborenen Ethereum-Gründer Vitalik Buterin, ist dies nur recht. Er zeigte sich jüngst froh, dass sich die Spekulanten aus dem Segment verabschieden.

Weil der Krieg in der Ukraine auch die Energiepreise anheizt – Rohöl der Sorte Brent handelte zeitweilig über 100 Dollar je Fass – nährt die Entwicklung allerdings die Teuerung und damit die Furcht vor schnelleren Zinsschritten seitens der Notenbanken. Dies ist gewöhnlich Gift für risikoreiche Anlagen wie Aktien und erst recht für gehypte Investments wie Tech-Titel oder eben Krypto. Die Entwicklung hat demnach das Zeug dazu, das Entweichen von «heisser Luft» an den Finanzmärkten zu beschleunigen.

Russisches Palladium

Verlass ist in den aktuellen Turbulenzen allerdings auf bewährte «sichere Häfen» wie Gold, den Dollar und nicht zuletzt den Franken. Gold, das sich im vergangenen Jahr der Börsen-Superlative eher verhalten entwickelte, setzt nun augenscheinlich zu einem Comeback an. Bereits hat der Preis des Edelmetalls den höchsten Stand innert zwölf Monaten erklommen und könnten nun nochmals an Wert gewinnen. Auch weniger «glamouröse» Rohwaren sind inzwischen gesucht an den Märkten. Wie die Online-Bank Swissquote in einer Analyse bemerkte, haben sich auch Derivate auf Sojabohnen, Hafer, Weizen verteuert. In die gleiche Richtung zeigen die Preise für Silber, Platin und Palladium.

Letzteres Metall wird sinnigerweise vorallem in Russland gewonnen und ist als physische Grundlage von Indexfonds durchaus beliebt. Palladium-Barren in den Tresoren der Fondsanbieter weisen dabei oftmals das alte Kürzel der Sowjetunion auf, zu der einst auch die Ukraine gehörte – CCCP.