Mit AT1-Anleihen lassen sich zweistellige Renditen erzielen. Sie seien aber mit spezifischen Risiken verbunden, die von den Anlegerinnen und Anlegern gut verstanden werden müssten, sagt Eléonore Bunel im Interview mit finews.ch. Die Expertin von Lazard Frère Gestion betont zudem, dass man die Bankenkrise im Auge behalten sollte. Sie sei zwar noch begrenzt, könnte aber noch enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Märkte zeitigen.


Frau Bunel, wie wirkt sich die anhaltende Bankenkrise auf die Anleihenmärkte aus?

Die Krise im vergangenen März war heftig. Aber seit der «Stress-Höhepunkt» vom 20. März 2023 vorbei ist, scheinen die Obligationenmärkte allmählich zur Situation vom Jahresanfang zurückzukehren. Mit anderen Worten: Seit dem 20. März sind die Zinssätze für Staatsanleihen tendenziell gestiegen und die Spreads gesunken.

Trotzdem, von einem Normalzustand sind wir nach wie vor weit entfernt.

Tatsächlich sind die Auswirkungen der Finanzkrise immer noch am deutlichsten an der Performance der nachrangigen AT1-Anleihen zu erkennen. Diese Obligationen zeichnen sich jedoch auch durch besonders hohe Renditen bis zur Fälligkeit aus, die zwischen 9 und 10 Prozent liegen und in der Lage wären, ein erneutes Marktereignis aufzufangen. Es sei denn, es handelt sich um eine systemische Krise. Die Bankenkrise ist vielleicht noch nicht vorbei.

Funktionieren traditionelle Ansätze bei festverzinslichen Anlagen überhaupt noch, oder ist ein Umschwung erforderlich?

Wenn wir davon ausgehen, dass sich ein «traditioneller» Ansatz auf festverzinsliche Fonds bezieht, die nicht für eine negative Duration ausgerichtet sind, und die dazu neigen, Wertpapiere bis zur Fälligkeit zu halten, dann sprechen wir über Fonds, die im vergangenen Jahr in einem Umfeld steigender Zinsen erhebliche Verluste erlitten haben.

«Nur ein signifikanter Anstieg der Zinssätze könnte zu einer negativen Performance führen»

Doch jetzt hat der Carry-Ansatz wieder an Attraktivität gewonnen: Die Wertpapiere, in die diese Fonds investiert sind, bieten Renditen bis zur Fälligkeit von mindestens 3 Prozent pro Jahr oder sogar 7-8 Prozent, etwa für High-Yield. Wenn die Zinssätze auf diesem Niveau bleiben, werden die Anleger von beträchtlichen Renditen profitieren. Und wenn die Zinsen fallen, wird die Neubewertung der ausstehenden Wertpapiere ein zusätzlicher Performance-Faktor sein.

Nur ein signifikanter Anstieg der Zinssätze könnte zu einer negativen Performance führen. Aber ich glaube, dass eine solche Bewegung bereits weitgehend erfolgt ist, was das Risiko einer negativen Performance verringert. Kurzum, «traditionelle» Management-Ansätze sollten nicht aufgegeben werden; im Gegenteil, sie haben nach einem schwierigen 2022 wieder an Attraktivität gewonnen.

Worauf sollten Anleger bei ihren Investitionen jetzt achten?

Sie sollten besonders auf die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Zentralbankpolitik achten, welche die wichtigsten Trends auf den Zinsmärkten bestimmt. Gleichzeitig gilt es, die Krise der US-Banken im Auge zu behalten. Es handelt sich um eine Krise, die noch relativ begrenzt ist, die aber dennoch Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Märkte haben könnte.

«Hochzinsanleihen bieten Renditen im Bereich von 7 bis 8 Prozent, allerdings mit einem höheren Risiko»

Bei Investitionen ist es jedoch wichtig, eine langfristige Perspektive einzunehmen. Kurzfristige Befürchtungen können ein Kapitalwachstum verhindern. Es ist wichtig, eine langfristige Vision zu haben und gleichzeitig flexibel genug zu sein, um die Chancen zu nutzen, welche die Märkte bieten.

Welche Märkte sind die vielversprechendsten und welche die kritischsten aus Sicht der Anlegerinnen und Anleger?

Derzeit können alle Segmente des Obligationenmarktes für Investorinnen und Investoren geeignet sein, je nach ihrem Profil und ihren Erwartungen. Investment-Grade-Anleihen und Staatsanleihen können Renditen bis zur Fälligkeit von 3 bis 4 Prozent bei moderatem Risiko erreichen. Hochzinsanleihen bieten Renditen im Bereich von 7 bis 8 Prozent, allerdings mit einem höheren Risiko.

«Die Performance der Obligationenmärkte war im Jahr 2022 aufgrund der steigenden Zinsen sehr negativ»

AT1-Anleihen schliesslich können zweistellige Renditen erzielen, sind aber mit spezifischen Risiken verbunden, die von den Anlegern gut verstanden werden müssen. Es hängt alles davon ab, welches Verhältnis zwischen Risiko und Rendite der Anleger anstrebt. Auf jeden Fall ist der Carry im Vergleich zu den niedrigen oder negativen Zinsen der letzten Jahre wieder attraktiv geworden.

Seit etwa einem Jahr befinden sich die Finanzmärkte in einem Abwärtstrend. Was ist für eine nachhaltige Trendwende erforderlich?

Die Performance der Obligationenmärkte war im Jahr 2022 aufgrund der steigenden Zinsen sehr negativ. Anfang 2023 scheint eine Wende eingeleitet worden zu sein, auch wenn der Markt in dieser Phase noch sehr volatil ist. Um eine dauerhafte Veränderung zu erreichen, müssen sich die Erwartungen an die Politik der Zentralbanken ändern.

Sobald der Zyklus steigender Leitzinsen zu Ende ist oder wenn die Zentralbanken sogar eine Zinssenkung in Erwägung ziehen (womit wir nicht sofort rechnen), wird sich die Entwicklung an den Anleihemärkten unserer Ansicht nach sehr günstig gestalten.


Eleonore Bunel stiess im April 2018 zu Lazard Frères Gestion. Ihre Karriere begann sie bei Axa Investment Managers als globale Kreditportfolio-Managerin und Analystin. Sie verwaltete mehrere Kreditfonds, sowohl im Investment-Grade- als auch im Total-Return-Bereich sowie institutionelle Mandate. Sie hat einen Master-Abschluss in Mathematik, angewandt auf Wirtschaft und Finanzen von der Universität Paris XIII.

 

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