Abseits der klassischen Anlagemärkte vollzieht sich eine historische Wende, die viele Investorinnen und Investoren noch gar nicht bemerkt haben. Das liegt unter anderem auch an den Banken, die sich mit dieser Entwicklung schwertun.

Über gewisse Anlagethemen sprechen viele Banken nur ungerne. Dazu gehören Investitionen in Rüstungsunternehmen, in Firmen der Vergnügungsindustrie oder in die Alkohol- und Tabakbranche. Als weiteres Gebiet, das die klassischen Finanzinstitute gegenüber ihren Kundinnen und Kunden nur zurückhaltend bearbeiten, ist die Nuklearenergie.

Sie steht in einem gewissen Widerspruch zu den offenkundigen Bemühungen vieler Banken, nachhaltige Investitionen zu propagieren, die darauf hinwirken, den Klimawandel zu stoppen und eine Dekarbonisierung unserer Welt zu erreichen. Allerdings deutet einiges darauf hin, dass sich diese Haltung der Finanzbranche als Versäumnis entpuppen könnte. Nur wenige Vermögensverwalter sind der Zeit voraus und bereits tief mit dem Thema beschäftigt.

Schlicht unumgänglich

Denn erstens haben die geopolitischen Veränderungen den Westen dazu veranlasst, seine Energieabhängigkeit von Russland massiv zu verringern, und gleichzeitig werden alternative Bestrebungen immer zwingender, um die Stromerzeugung, die Wärmeversorgung sowie die Mobilität von den schädlichen CO2-Emissionen zu befreien. Pendo Löfgren von Arnova Capital, einer unabhängigen Investment-Boutique in der Schweiz, geht davon aus, dass die vermehrte Nutzung von Kernenergie für den bevorstehenden Elektrizitätsbedarf schlicht unumgänglich sein wird.

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Unter diesen Prämissen erklären sich die jüngsten politischen Kehrtwenden in vielen Ländern im Umgang mit Kernenergie, denn Atomkraftwerke (AKWs) spielen als zuverlässige und unabhängige Alternativen zu Wind- und Solarenergienetze sowie für die Substitution von Öl- und Gaslieferungen aus als unsicher eingestuften Ländern eine wichtige Rolle.

Höchster Preis seit 15 Jahren

Vor diesem Hintergrund erhält die Kernenergie eine neue Bedeutung, die für Anlegerinnen und Anleger ebenfalls von enormer Relevanz ist. Beispielhaft reflektiert dies der Preis für Uran. Das Pfund der Sorte «U308» kostet aktuell 92.35 Dollar. Das ist der höchste Preis seit 15 Jahren, nachdem die Nachfrage im Nachgang zum Atomkraftwerkunfall im japanischen Fukushima und der Abkehr einiger Staaten von der Kernenergie eingebrochen war.

Davon ist nicht mehr die Rede. Im Gegenteil. Parallel zum Konflikt zwischen den USA und Russland haben inzwischen auch Staaten wie Japan, Kanada, Grossbritannien oder Frankreich – zuletzt am Klimagipfel COP28 in Dubai – ihre Absicht bekräftigt, ihre Stromkapazitäten bis 2050 zu verdreifachen. Unter anderem will die US-Administration auch die Weltbank dazu bewegen, die Kernenergie in ihre Kreditvergabepolitik aufzunehmen. Das erreichte Preisniveau von Uran dürfte zudem stillgelegte Abbaugebiete wieder reanimieren und andererseits die Finanzierung neuer Projekte ermöglichen. «Aus all diesen Gründen ist es klar, wohin die Reise geht», so Löfgren von Arnova Capital.

Aus dem Gleichgewicht

Noch trägt die Kernenergie erst etwa 10 Prozent zur globalen Stromproduktion bei, wobei dieser Anteil in einigen Ländern bereits deutlich höher ist. Die Schweiz beispielsweise deckt 25 Prozent ihres Strombedarfs mit Kernkraftwerken ab. Gemäss verfügbaren Zahlen stehen in den USA am meisten Reaktoren im Einsatz, nämlich gut 90, gefolgt von China mit knapp 60, Frankreich mit 56 und Russland knapp 40. Weltweit sind allerdings nun etwa 60 Kernkraftwerke im Bau, weitere geplant.

Die ganze Entwicklung, sozusagen der Paradigmenwechseln, in dem sich viele Staaten inzwischen befinden, äussert sich auch sehr eindrücklich in den Aktienkursen jener Firmen, die einen Bezug zur Uranproduktion haben. Die Papiere von Cameco, NexGen Energy oder Uranium Energy notieren auf oder nahe ihrer Allzeithochs. Auch die Aktien von Denison Mines oder Energy Fuels und Kazatomprom legten in der jüngeren Vergangenheit deutlich zu.

John Ciampaglia, CEO von Sprott Asset Management, befürchtet, dass der Markt «aus dem Gleichgewicht geraten» könnte, weil über kurz oder lang die unaufhaltsam wachsende Nachfrage nicht mehr gedeckt werden könne. Experten gehen davon aus, dass es bereits im Jahr 2030 zu einem sehr grossen Angebotsdefizit kommen dürfte.

Eine Unterlassungssünde

Davon gehen mittlerweile auch diverse Hedgefonds-Manager und Asset Manager wie Anaconda Invest, Argonaut Capital Partners, Segra Capital oder Arnova Capital aus, die sich mit den erwähnten Aktien eindecken. Für Arnova sind Nukleartitel und physisches Uran in einer ihrer in der Schweiz emittierter AMCs gar in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Investmentpositionen geworden.

Für sie steht schon lange fest: Sich heute der Kernenergie zu verschliessen, ist eine Unterlassungssünde gegenüber den Anlegerinnen und Anlegern. Eher geht es auch darum, auf neue Technologien zu setzen, die es mittlerweile tatsächlich gibt, um die Sicherheit und die Effizienz zu erhöhen und gleichzeitig den radioaktiven Abfall zu verringern, wie die Finanzanalysten der Helvetischen Bank in Zürich schreiben.


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